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Landtag, 17. Sitzung vom 27.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 59 von 66

 

Ich bitte die Berichterstatterin, Frau amtsf StRin Dipl Ing Kossina, die Verhandlung einzuleiten.

 

Amtsf StR Dipl Ing Isabella Kossina: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hoher Landtag!

 

Ich ersuche um Debatte und Zustimmung zum Landwirtschaftsbericht, dem ersten Landwirtschaftsbericht für die Jahre 2001 und 2002.

 

Präsidentin Prof Erika Stubenvoll: Zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Herr Abg Mag Maresch zum Wort gemeldet, ich erteile es ihm.

 

GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Es ist ganz erfreulich, dass es einen Wiener Landwirtschaftsbericht gibt für das Jahr 2001 und das Jahr 2002. Ich habe mir den angeschaut und war eigentlich ganz froh darüber, dass es ihn gibt. Inhaltlich bin ich nicht damit zufrieden, wir haben das auch in der Wiener Landesregierung kundgetan. Und dann habe ich eine eigentlich relativ böse Überraschung erlebt, und zwar behauptet in der Landwirtschaftskammerzeitung  der Herr Präsident: "Nun haben die Wiener Grünen diesen Bericht in der Landesregierung abgelehnt, die Grünen verweigern damit, die Situation der Wiener Landwirtschaft zur Kenntnis zu nehmen. Das ist Realitätsverweigerung." Und dann führt er weiter aus: "Wenn die Grünen den Bericht gelesen hätten, dann müssten ihnen die Bemühungen um eine Ökologisierung der Wiener Landwirtschaft aufgefallen sein. Allein die letzten zwei Jahre zeigen hier deutliche Steigerungen ..." und so weiter und so weiter.

 

So, der Herr Jezik, denke ich mir, ist ein Hellseher, oder eigentlich ein Schwarzseher, um die Parteizugehörigkeit ein bisschen zu sehen, denn gelesen haben wir ihn schon, und wir haben auch einen Grund, warum wir ihn ablehnen.

 

Er hat sich bei mir nicht irgendwie, sozusagen telefonisch, erkundigt warum wir ihn ablehnen, aber er weiß, warum wir was machen. Das Interessante war, was uns sehr aufgefallen und mir sehr aufgefallen ist bei der Durchsicht, und zwar zunächst einmal auf der Homepage der Wiener Landwirtschaftskammer, und die ist gar nicht so leicht zu finden, denn wenn man zum Beispiel über die Bundes-Landwirtschaftskammer versucht Wien zu finden, heißt es not found, aber bitte, es macht nichts. Ich habe sie trotzdem gefunden und zwar in einem Text, der mich sehr, sehr interessiert hat. Er ist von Kammeramtsdirektor Ing Robert Fizthum verfasst, der zum Beispiel schreibt: "besonderes Augenmerk wurde auf die ökologischen Leistungen der Wiener Landwirtschaft gelegt." Gut, denke ich mir, super, endlich es ist so weit. Beim Grünen Bericht war die Ökologie nicht wirklich so stark vertreten und die Gentechnik noch viel weniger, die war dem Bundesbericht nur eine viertel Seite Wert, aber in Wien ist das eben anders, dachte ich mir.

 

Also, schauen wir uns den Bericht einmal an. Das erste, was in der Wiener Landwirtschaft besonders wichtig ist, sind die Betriebsgrößen und die Zahl der Betriebe. In Wien nehmen die landwirtschaftlichen Betriebe ab und zwar jährlich um 3,5 Prozent. Das heißt, jedes Jahr sperren 40 Betriebe zu.

 

Das ist der Landwirtschaftskammer eigentlich nur eine einzige Zeile Wert. Warum das so ist, erfährt man in dem Bericht nicht, das ist offensichtlich uninteressant. Stellen Sie sich einmal vor, 3,5 Prozent der Betriebe, jedes Jahr, seit den letzten 5 Jahren. Ein Satz steht dort, 2001 und 2002 geht es so weiter und in Zukunft ebenso. Also, wenn das so ist in einer Landwirtschaftskammer, in einer Berufssituation, dass 40 Betriebe jedes Jahr zusperren, dann denke ich mir, das ist eigentlich eine große Aufgabe für die Landwirtschaftskammer, herauszufinden worum es da geht. Gut.

 

Zweiter Punkt, der uns sehr stört, ist ohnedies immer der alte: Die MA 49 bekommt keine Förderungen des Ö-Pool, wovon sehr, sehr viele Landwirte leben. Das ist eine völlige Verzerrung der Situation. Wir haben einfach eine absurde Situation, dass der größte biologisch wirtschaftende Betrieb Österreichs, die MA 49, keine Förderungen bekommt, aber alle anderen schon. Okay, gut. Da würde ich mir von der schwarz-blauen Bundesregierung, aber auch von den zwei Fraktionen endlich einmal eine Erklärung dazu wünschen.

 

Das dritte, was uns besonders abgeht ist, dass es überhaupt kein Grünflächenmanagement, geschweige denn überhaupt ein Flächenmanagement in diesem Bericht gibt. Das einzige was es gibt, ist das: Am Anfang gibt es zwei Seiten vom Herrn Bürgermeister und der Frau Stadträtin, die sich freuen, dass es den Bericht gibt. Ich bin nicht einmal ganz sicher, ob sie mit dem Bericht so zufrieden sind, weil weiter hinten steht: der KWK-Zuschlag zerstört die Betriebsstruktur, der Strompreis ist ganz, ganz schlimm und der Gaspreis ruiniert uns. Das heißt, sowohl der Herr Bürgermeister als auch die Frau Stadträtin finden gut, dass da drinnen gegen die Stadt Wien polemisiert wird. Oder haben Sie es nicht gelesen, könnte auch sein. Okay.

 

Nächster Punkt, darf ich ja nicht vorlesen: "Versiegelung und Entsiegelung“, ein Thema in jeder Stadt, ist zum Beispiel für die Landwirtschaftskammer überhaupt kein Thema. Dass da zum Beispiel immer wieder Flächen und die Grundwassersituation schlechter wird und Flächen verloren gehen, Wurscht. So.

 

Dann, was mir auch auffällt: Unter dem Begriff "Soziale Situation der Betriebe" finde ich zum Beispiel den Titel "Leistungen der Krankenversicherung", ganz wichtig, "Pensionsversicherung", ganz wichtig, "Kindergeld", ganz wichtig. Aber über die soziale Situation der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft keine Zeile, nichts! Es werden ja die Bauern in Wien und die Bäuerinnen und ihre Kinder nicht nur alleine arbeiten, sondern es gibt ja auch Landarbeiter und Landarbeiterinnen, die kommen aber da drinnen nicht vor. So.

 

Ökologische Situation: unter diesem Titel, das gibt es da drinnen, findet man zwei Seiten. Und da heißt es unter dem Titel "Ökologische Analyse der Wiener Landwirtschaft", Untertitel "Teilnahme am Umweltprogramm Ö-Pool" und weiter hinten geht es dann noch weiter unter "Vertragsnaturschutz", also "Teilnahme an Naturschutzprojekten", gut.

 

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