Landtag,
17. Sitzung vom 27.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 66
besiegelt, dass es zu dieser Situation kommt. (Abg Heinz Hufnagl: Frühpensionen waren
niemals ein Thema des Landeshauptmanns!)
Und ich will
Ihnen kurz ein Beispiel bringen von einer Schule, aus einer einzigen Schule, in
der Herzgasse im 10. Bezirk. Hören Sie mir zu, was dort passiert gerade
dieser Tage, es ist aktuell.
Also, da gab es vor ein paar Tagen eine
Dienstbesprechung, eine Dienstbesprechung, im Übrigen deswegen für diejenigen,
die sich auskennen, damit der Personalvertreter nicht mitgehen kann, weil das
ja dann keine Personalangelegenheit ist, und dort wurde den Lehrerinnen und
Lehrern Folgendes mitgeteilt: Zwei gehen demnächst in Pension, sechs weitere
werden abgezogen, um Löcher in anderen Schulen zu stopfen. Was bedeutet das
jetzt konkret für die Schule? Dort gab es vor ein paar Jahren Team-Teaching,
das ist vor ein paar Jahren eingeführt worden. Danach ist zunächst einmal der
Schlüssel für nichtdeutschsprachige, muttersprachliche Schülerinnen und Schüler
angehoben worden, das heißt, es dürfen mehr von ihnen in der Klasse drinnen
sitzen.
Dann, vor einem Jahr, hat man die Zweitlehrer
abgezogen und die hat man nur mehr für Hauptgegenstände und EDV zur Verfügung
gehabt. Dann ist die Klassenzahl von 25 auf 30 angehoben worden und jetzt, mit
dem, was jetzt gerade passieren soll bis Ende des Jahres, gibt es in dieser
Schule überhaupt keine Zweitlehrerinnen und Zweitlehrer mehr. (Abg Heinz Christian Strache: Das ist das
Integrationsmodell!) Was bedeutet das jetzt für eine Lehrerin in dieser
Schule, und ich hoffe, Herr Kollege Strobl hört mir jetzt zu. Eine Klasse, 30
Schülerinnen und Schüler, davon ein Drittel mit nicht deutscher Muttersprache,
also nicht deutsch muttersprachig, ja und ein Teil davon, klarerweise gerade im
10. Bezirk, QuereinsteigerInnen, das heißt also, sehr wohl auch mit
gravierenden Deutschdefiziten.
Also bitte, wenn ich als Lehrerin in einer solchen
Klasse unterrichten muss, da weiß ich nicht, was ich tue, da ist man ja
aufgeschmissen. Und Sie stellen sich hier her und reden davon, dass
irgendwelche Lehrerinnen und Lehrer Kaffee trinken würden und Zeitung lesen
würden, aber Sie leben in einer ganz anderen Welt. (Abg Walter Strobl: Nun,
Sie wissen das ja besser!) Sie leben in einer ganz anderen Welt, Herr
Landtagsabgeordneter Strobl! (Beifall bei den GRÜNEN.)
So! Lassen Sie mich zusammenfassen, meine Damen und
Herren, was Sie damit ... (Abg Schuster:
Der Bund ist schuld!) Ja, der Bund ist Schuld, der Bund hat das alles
verursacht. Aber Sie haben es mitunterschrieben, Sie haben es mitverantwortet
und Sie handeln jetzt nicht. Daher haben Sie dieses Chaos, dieses Desaster
mitzuverantworten.
Und was Sie damit mit verursachen und mit
verantworten, ist Folgendes:
1. überforderte LehrerInnen
2. aufgebrachte Eltern und
3. ganz besonders arme Kinder.
Zu den überforderten LehrerInnen, glaube ich, brauche
ich nichts auszuführen, zu den aufgebrachten Eltern möchte ich Ihnen schon
etwas sagen. Es war ja bisher recht schwierig, in bestimmten Standorten in
Wien, die Eltern zu beruhigen und zu sagen, es ist gut, dass die Stadt Wien
diesen Weg der Integration und des gemeinsamen Unterrichts im Klassenverband
geht und habt keine Sorgen, wenn eure Kinder in so einer Klasse sitzen und es
gibt eben Kinder, die auch vielleicht die eine oder andere Schwierigkeit in
Deutsch haben, gerade beim Schulanfang, es ist nicht schlimm, es ist nicht
weiter schlimm, weil es da eben BegleitlehrerInnen gibt, da gibt es
Team-Teaching, da gibt es alles Mögliche und es ist gut, dass die Kinder
zusammenbleiben.
Was Sie damit bewirken ist, dass die Eltern, freilich
mehr diejenigen, die sich das leisten können, ihre Kinder abziehen werden und
eher versuchen werden, sie in Privatschulen zu geben, das heißt, der Weg der
Integration wird damit sozusagen regelrecht gesprengt und die anderen Kinder,
die natürlich einen erhöhten Förderbedarf haben, bleiben allein und wirklich
auf sich gestellt. (Abg Dr Matthias
Tschirf: Das ist doch ein Blödsinn!)
Und jetzt bin ich auch schon bei den Kindern. Die
Studien, die Sie selbst in Auftrag geben, die wir alle hier in Auftrag geben
und die, wie Sie selbst lesen sollten, zeigen, dass jetzt schon die soziale
Mobilität der zweiten Generation schlecht ist, ja besorgniserregend schlecht
ist, lassen erkennen, dass es ganz ganz sicher nicht besser werden wird.
In diesem Sinne habe ich Sie nur mehr aufzufordern,
handeln Sie, handeln Sie jetzt! Und ich muss, vielleicht zum Abschluss, auch
meinem Fraktionskollegen David Ellensohn zuliebe, Tony Blair zitieren, der weiß
Gott, mit seiner Politik nicht unser Liebling ist, wahrscheinlich Ihrer auch
nicht, aber selbst er und seine Leute haben erkannt, was wichtig ist in einem
Land und er hat nicht umsonst seinen ganzen Wahlkampf mit dem Motto bestritten
"Schools And Hospitals First". Inzwischen sind Sie dazu übergegangen
zu sagen, "No Nurses, No Teachers".
Also, sage ich Ihnen auch "No Teachers,
None". (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Prof Erika Stubenvoll: Als
nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Gerstl. Ich erteile ihm das
Wort.
Abg Mag Wolfgang Gerstl (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Herr Kollege Schuster schmunzelt, obwohl es hier überhaupt
nichts zum Schmunzeln gibt, denn es handelt sich hier um den Punkt, wo wir in
diesen Tagen das größte Fiasko in dieser Stadt erleben, mit den meisten
betroffenen Personen, (Abg Godwin Schuster: Ihr habt ja nie Verantwortung
getragen!) wie wir es noch nie gehabt haben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg
Godwin Schuster: Ihr wart ja nie verantwortlich!) Herr Kollege Schuster, meine Damen und Herren von der SPÖ, es
reiht sich in eine Reihe von Unzulänglichkeiten, von Versäumnissen in der SPÖ,
die wir in diesem Herbst bereits diskutiert haben: Mit Frau StRin Pittermann,
mit Herrn StR Mailath-Pokorny, mit Frau StRin Laska eins und nunmehr
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