«  1  »

 

Landtag, 15. Sitzung vom 26.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 51

 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

 

Grenzenloses Vertrauen statt Kontrolle, das ist was Schönes. Vertrauen - im Geschäftsleben ist es nicht immer angebracht und wie viel Verantwortung hier der Herr Faymann für den Skandal zu übernehmen hat, kann sich jeder selbst überlegen. Tatsache ist, nicht der Herr Faymann hat das Geld unterschlagen, aber es wurde unterschlagen. Und wenn ich jemanden nie kontrolliere - und genau das ist der Vorwurf -, dann kommt jemand eben schneller auf die Idee zu sagen: Naja, das wird eh nicht auffallen, wenn ich das mache.

 

Diese Unterschlagung bei der GSD ist nicht innerhalb eines Monats passiert, sondern über Jahre hinweg. Es sind mindestens 4 Millionen EUR an Schaden für die Stadt Wien entstanden und dafür trägt der WBSF und in der Funktion des Präsidenten des WBSF der Herr StR Faymann die politische Verantwortung.

 

Uns wurde in den vergangenen zwei Tagen, dieses Geschäftsstück ist ja schon länger behandelt worden, ständig erklärt: Das ist ein Einzelfall, das kommt ja sonst nicht vor und jetzt müssen wir leider eine gut funktionierende Praxis ändern. Naja, vor einem halben Jahr hätten wir gesagt, es gibt keinen Einzelfall, also lassen wir diese Praxis. Was wir in einem Jahr sagen werden, das wissen wir heute noch nicht.

 

Bis jetzt hat es keine Kontrolle gegeben. Zum Glück wird diese Praxis geändert, der Schaden für die Wienerinnen und Wiener hätte bald statt 4 Mio EUR auch das Zehnfache betragen können.

 

Zurück zum Einzelfall. Was passiert eigentlich überhaupt mit Förderungen im Wohnbau und wie gut funktioniert die Kontrolle? Wir wissen von sehr, sehr vielen Baumängeln bei großen Bauwerken in der Stadt. Ich sage jetzt nur Pilotenweg im 22., Wienerberg im 10., die Gesiba- Bauten oder im 21. Bezirk in der Leopoldauerstraße. Ich weiß nicht, wer aller die Siedlung kennt, die Jean Nouvel-Siedlung, eine sehr schöne, äußerlich sehr schöne Siedlung, die mit sehr viel öffentlichen Geldern gebaut wurde, ein Star Architekt. Das ist diese weinrote Siedlung in Floridsdorf, 75 Wohnungen. Seit Jahren protestieren dort die Mieter und Mieterinnen, weil sehr viele Versprechungen nicht eingehalten wurden. Gefördert wurde dieser Bau, damit verschiedene Punkte eingehalten werden, so wie es ja sonst auch der Fall ist. Und wann treffen wir dort die verantwortlichen Politiker dieser Stadt und wann ist dort der Wohnbaustadtrat anzutreffen? Na wie bei allen großen Veranstaltungen: Beim Spatenstich ist man dabei, da bekommt man ein schönes Foto in der Zeitung und da muss man auch keine Verantwortung für irgend etwas übernehmen. Bei der Gleichenfeier ist man dabei und bekommt ein schönes Foto in der Zeitung und muss auch keine Verantwortung dafür übernehmen. Und falls es dann bis zur Fertigstellung geklappt hat, ist man bei der Eröffnung oder Übergabe als StR Faymann wieder dabei und bekommt wieder ein schönes Foto. Wenn nachher die Probleme auftauchen, dann ist die Stadt Wien nicht zuständig und dann ist der Stadtrat nicht zuständig, dann ist der Bauträger Schuld. Da müssen sich die Mieter und Mieterinnen mit dem Bauträger herumschlagen. Genau das passiert dort, denn es ist praktisch nichts eingehalten worden.

 

Die sind unter anderem gefördert worden, weil es eine energietechnisch wesentlich bessere Anlage sein soll als viele andere. Es scheint nicht der Fall zu sein. Alle Gutachten dort sagen was anderes. Und jetzt ist der Bauträger Schuld und sonst niemand. Na wenn das immer so funktioniert, dann könnte der Bauträger ständig die Millionen Euros von der Stadt Wien nehmen und sagen: Es ist eh egal, ob ich mich an die Vorgaben halte, weil ich werde nachher ja eh nicht kontrolliert! Es kommt ja niemand und sagt: Du hast diese Punkte nicht eingehalten. Dort fehlt schon wieder die Kontrolle und das ist zwar keine Unterschlagung, aber auch dort werden Steuermittel der Stadt Wien vollkommen falsch eingesetzt. Wieder grenzenloses Vertrauen, wieder keine Kontrolle, wieder keine Verantwortung der Stadtregierung, wieder keine Verantwortung durch den zuständigen Stadtrat übernommen!

 

Die GSD ist nur ein Symptom für das Ganze, für das Problem, wo die Kontrolle nicht funktioniert beziehungsweise nicht existiert. Der Vorwurf war ja, dass bei den Treuhandkonten, die da herumschwirren, überhaupt keine Kontrolle stattfindet. Und draufgekommen ist man ja nicht, weil man riesige Kontrollmechanismen eingesetzt hat, sondern durch einen Zufall, weil man die Anzahl der Konten verringern wollte.

 

Die GRÜNEN haben kein Interesse daran, dass man zufällig draufkommt, wo Geld unterschlagen wird und dass man zufällig draufkommt, wo Geld der Stadt Wien sinnlos vergraben wird, sondern wir hätten gerne die entsprechenden Kontrollmechanismen und wir fordern den Stadtrat auf, nicht nur im Falle der GSD die politische Verantwortung zu übernehmen, sondern Kontrollmechanismen bei allen Bauwerken in der Stadt einzuführen und nicht sich abfotografieren zu lassen und sich ein letztes Mal sehen zu lassen, wenn ein Wohnbau übergeben wird,

 

Präsident Johann Hatzl(unterbrechend): Sie haben noch eine halbe Minute.

 

Abg David Ellensohn (fortsetzend): sondern auch anschließend, wenn die Mieter und Mieterinnen mit Problemen eben nicht zur SPÖ gehen können, eben nicht zum Herrn Faymann gehen können, sondern zu den GRÜNEN kommen.

 

Die Menschen in der Leopoldauerstraße im 21. Bezirk müssen sich den Anwalt selber finanzieren und die Antworten, die Sie von der Stadt und vom Büro des zuständigen StR Faymann bekommen, sind sehr dürftig. Da heißt es laufend, man kann in bestehende Verfahren nicht eingreifen.

 

Ich halte diese Politik der mangelnden Kontrolle oder besser der Nullkontrolle für verantwortungslos. Ich hoffe, dass diese Praxis umgehend geändert wird. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Hatzl: Abgeordneter Fuchs ist der Nächste.

 

Abg Georg Fuchs (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular