Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 83
Durchrechnungszeitraum. Dieser trifft gerade Frauen besonders
hart, weil die Verlängerung von 15 Jahren auf 40 Jahren drastische
Kürzungen in den Frauenpensionen nach sich zieht. Es werden eben nicht mehr die
besten 15 Jahre hergenommen, sondern alle Jahre, und gerade Frauen haben
aufgrund von - wie schon erwähnt - Teilzeit, Unterbrechungen, Arbeitslosigkeit
oft schlechtere Zeiten. Diese werden mit eingerechnet, und das bewirkt den
Verlust von 30 bis 50 Prozent.
Ich habe versucht, das am Beispiel einer Kollegin,
die Verkäuferin im Einzelhandel ist, festzumachen. Diese Frau, Karin S., hat
mit 19 Jahren als Verkäuferin begonnen, sie hat mit 29 und 31 ihre Kinder
bekommen, vier Jahre nach der Geburt ihres zweiten Kindes ist sie wieder
berufstätig und geht in eine Teilzeitarbeit, das macht sie acht Jahre lang,
dann sind die Kinder in der Schule und aus dem Gröbsten heraußen, daraufhin
geht sie wieder in die Vollzeitarbeit. Sie ist Alleinerzieherin. Dieses neue
Pensionsreformmodell bringt ihr einen Abschlag von 38 Prozent und ein
zusätzliches Minus von 2 Prozent aufgrund des Aussetzens der
Pensionsanpassung. So hat diese Frau einen Gesamt-Pensionsverlust von
40 Prozent.
Hier bin ich bei meinem ersten Zitat der
Frauenministerin Rauch-Kallat. Denn auf die Frage an sie nach Erleichterungen
für Alleinerzieherinnen meinte sie: "Der Staat kann aber nicht für alle
persönlichen Lebensentscheidungen einen Ausgleich schaffen." Das ist aus
meiner Sicht als reflektierte Frau - und das kann sie nicht sein - Spott und
Hohn an alle Frauen, die erwerbstätig sind, und das nenne ich elitäre Härte!
Ein derart unauthentisches Agieren zeigt die soziale Kälte in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)
Das zweite Beispiel sind die fehlenden
Aufwertungsfaktoren. Viele Frauen wissen gar nicht, was damit gemeint ist. Das
ist ja eine der großen Tücken an dieser Pensionsreform, dass man es wirklich so
weit herunterbrechen muss, dass die persönliche Betroffenheit tatsächlich
hervorgehoben werden kann. Tatsache ist, dieser Durchrechnungszeitraum von
40 Jahren bedeutet sowieso schon einmal eine große Einbuße. Aber wenn dann
länger zurückliegende Zeiten von Frauen schlecht bewertet werden oder durch
fehlende Aufwertungsfaktoren nicht aufgewertet werden, dann ist das ein
massiver Einbruch in Frauenpensionen. Warum? Weil die besten Jahre von Frauen
meistens nicht am Ende einer Berufstätigkeit liegen, wenn die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie geregelt werden muss, sondern sehr oft vor der Unterbrechung
wegen Babypause und Kindererziehungszeiten. Diese Teilzeitphasen, die nachher
kommen, werden nicht aufgewertet, und die Phasen, die durchlaufen worden sind,
bevor die Kinder zur Welt gekommen sind, werden auch nicht aufgewertet.
Was das an einem Beispiel heißt, möchte ich hier
ebenfalls darstellen. Ich habe das Beispiel der Ingrid M. gewählt, einer
Bankangestellten. Wir haben heute 3 000 Menschen auf der Freyung
gehabt, speziell auch aus Banken - 50 Prozent beträgt dort der
Frauenanteil -, und wir haben versucht, auch anhand von solchen Beispielen
klarzumachen, was das für die einzelne Frau heißt. Diese Frau ist Absolventin
einer berufsbildenden höheren Schule, wie gesagt Bankangestellte, hat zehn
Vollzeitjahre; zwei Kinder, sie war acht Jahre bei den Kindern zu Hause; zwölf
Jahre Teilzeit, und dann arbeitet sie nach all den Regelungen, die hier
anstehen, angenommen bis zu ihrem 65. Lebensjahr in Vollzeit. Durch die
Erhöhung des Durchrechnungszeitraums ohne Aufwertungsfaktoren und die
geringeren Steigerungsbeträge kommt diese Frau auf eine Pensionskürzung von
39,4 Prozent, dazu wiederum diese 2 Prozent weniger aufgrund der
Aussetzung der Pensionsanpassung. Das bedeutet für eine ganz normale
Bankangestellte mit einem normalen Erwerbsverlauf, wie er sich für Frauen eben
darstellt, einen Gesamt-Pensionsverlust von 41,4 Prozent - trotz
Pensionsantritt im Regelantrittsalter und trotz durchgehendem
Versicherungsverlauf, diese Frau hat nicht einen Monat ohne
Versicherungszeiten!
So schnell geht das also bei solchen
Pensionsreformen, und damit bin ich bei meinem zweiten Zitat von der Frau
Frauenministerin. Sie gibt nämlich zu solchen Situationen folgenden Kommentar
ab: "Man muss den Frauen offen sagen, wenn ihr Teilzeit arbeitet, werdet
ihr letztendlich weniger Pension haben". Aber, bitte, wo sind hier die
Alternativen für Frauen? Wo sind die Angebote für Kinderbetreuungsplätze? Wo
sind die Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
Ich bin beim letzten Beispiel, bei der Abschaffung
der vorzeitigen Alterspension wegen Arbeitslosigkeit. Zu 90 Prozent sind
von dieser Maßnahme, von dieser Pensionsform Frauen betroffen. Es gibt zwar die
Idee, diese Maßnahme mit einem Altersübergangsgeld abzufedern, doch wenn man
den Text genau liest - und Hans Driemer hat heute schon darauf hingewiesen,
dass man das ganz genau lesen soll -, dann kommt man drauf, dass diese
Abfederungsmaßnahme eigentlich nur für drei Jahrgänge gilt und alle anderen
durch die Finger schauen. Sprich: Ich bin vielleicht nur einen Monat zu spät
geboren, und schon habe ich de facto dreieinhalb Jahre Arbeitslosigkeit ohne
Überbrückungsmaßnahme in Kauf zu nehmen, und dann noch einen zusätzlichen
25-prozentigen Einkommensverlust als Frau. Bin ich dann vielleicht auch noch in
der Situation, dass ich die Arbeitslose ausgeschöpft habe und einen Mann habe,
der zu gut verdient, bekomme ich nicht einmal Notstand. (StRin Karin Landauer: Sagen Sie einmal, wie ist denn das jetzt?) Daher
hat eine Frau, die von solchen Maßnahmen betroffen ist, keine vorzeitige
Möglichkeit einer Alterspension aufgrund langer Versicherungszeiten, die
"Hackler"-Regelung in dem Sinn gibt es nicht mehr, und wenn ihr der
Ehemann einen Notstandshilfebezug verübelt, weil er zu viel verdient, dann hat
sie dafür nicht einmal Ersatzzeiten. In diesem Beispiel kommen wir auf einen
Verlust von 13 Prozent, außerdem 3,5 Jahre kein Einkommen, das sind
noch einmal 34 000 EUR weniger. (StRin
Karin Landauer: Und jetzt sagen Sie diesen Leuten, sie sollen sich streichen
lassen, damit sie zu einer Sozialhilfe kommen! Das ist ja völlig verrückt!)
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