«  1  »

 

Landtag, 14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 83

 

dem Antrag "Wiener Ehe": Wir SozialdemokratInnen werden diesem Antrag nicht zustimmen - wir haben das auch schon einige Male hier in diesem Gremium diskutiert -, weil es uns nicht darum geht, Symbole zu setzen, sondern weil es uns vielmehr darum geht, tatsächlich etwas für diese Formen der PartnerInnenschaften zu tun. Auch in diesem Poststück ist es uns wieder gelungen, einige Regelungen vorzusehen.

 

Nun aber zum eigentlichen Teil meiner Wortmeldung. Zwar hätte ich an dieser Stelle auch ein Taferl mitnehmen können, aber ich habe mir gedacht, jetzt wird es vielleicht schon ein bisschen extrem. Ich kann es auch so ankündigen: Ich werde hauptsächlich zu den frauenspezifischen Auswirkungen dieser Pensionsreform - soweit man das Reform nennen kann - sprechen.

 

In Wien - und das zu Beginn auch in Bezug auf dieses Poststück, um das es hier geht - wird soziale Politik gestaltet, sozial gerechte Politik für Frauen und für Männer gestaltet, eine Politik für die Menschen und nicht gegen die Menschen. Aktuelles Beispiel dafür sind diese jetzt zur Beschlussfassung vorliegenden Gesetze, und ein sehr prominentes Negativbeispiel auf der Bundesebene ist eben die Pensionsreform.

 

Jetzt einmal zu einer sehr globalen frauenspezifischen Aussage: Offensichtlich ein Markenzeichen dieser Bundesregierung ist diese Frauenfeindlichkeit. Auch in diesem Fall - das haben wir auch schon beim Internationalen Frauentag diskutiert - nützt die Besetzung des Frauenministeriums durch eine Frau leider nicht, diese Hoffnung ist sehr rasch enttäuscht worden. Denn die Frauenministerin nimmt ihre Aufgabe als Frauenministerin eigentlich nicht wahr, ganz speziell auch in der Pensionsreform nicht. Gestern ist im "Falter" ein Interview mit ihr erschienen, und ich werde sie heute auch zweimal mit etwas zitieren, worüber ich mir als Frau denke: Das ist schon viel, was da an Zynismus geboten wird!

 

Darüber hinaus - und das war ja eines der Programme der ÖVP - ist von einem Gender-Mainstreaming-Ansatz in diesem Entwurf nichts zu finden. Wenn man von Gender Mainstreaming sprechen würde, dann wäre das eigentlich der pure Zynismus, denn da können die unterschiedlichen Interessen von Frauen und Männern einfach nicht berücksichtigt worden sein. Der Vorschlag der Pensionsreform - ich habe ja schon gesagt, dieser darf sich eigentlich nicht Reform nennen - ist immer noch basierend auf einem sehr alten Modell, nämlich auf dem Modell der Alterssicherung von Frauen durch die Ehe.

 

Dieser Reformvorschlag honoriert nur durchgängige Berufstätigkeit, lange Versicherungszeiten und hohe Einkommen. Der typische weibliche Lebensverlauf sieht aber ganz anders aus. Wir haben sehr häufige Berufsunterbrechungen. Oft wählen wir die Teilzeit, um Kinder und Beruf vereinbaren zu können, und dann gibt es noch längere Karenzzeiten, um Kinderbetreuung oft zu Hause selbst organisieren zu können. Aber genau diese Verläufe, diese Frauenbiografien in einer Erwerbstätigkeit werden mit dieser Reform aufs Allerhärteste bestraft. Frauen haben erst im Alter wirklich ihr böses Erwachen, indem sie dann draufkommen, dass der Lebensstandard massiv sinkt.

 

Eine Information dazu ist, dass die Frauenpensionen im Durchschnitt nur halb so hoch wie die der Männer sind und dass sie keinen eigenständigen Pensionsanspruch haben. Die Hälfte aller Frauen haben nur so einen eigenständigen Pensionsanspruch, dass sie finanziell von ihrem Lebenspartner massiv abhängig sind. (Abg Günther Barnet: Ist das neu?) Jetzt ist in dieser Pensionsreform auch noch damit zu rechnen, dass es in diese geringen Absicherungen von Frauen tatsächlich Einschnitte geben wird, bevor sie diese Pensionen antreten können. (Abg Kurth-Bodo Blind: Warum haben Sie jahrzehntelang nichts gemacht? Warum habt ihr da nichts gemacht, ihr Schwachmatiker?)

 

Die Pensionsreform der Bundesregierung bedeutet für alle - auch für diejenigen, die kurz vor der Pension stehen -, länger zu arbeiten und weniger Geld zu bekommen. (Abg Kurth-Bodo Blind: Warum habt ihr nichts gemacht? Da müssen erst wir kommen!) Ein materiell gesicherter Lebensstandard und finanzielle Unabhängigkeit vom Ehepartner sind das Ziel der SozialdemokratInnen, und das ist offensichtlich für Sie keinesfalls selbstverständlich. Ab 2004 werden Frauen 13,5 Prozent verlieren, genauso wie die Männer, und zusätzlich 2 Prozent durch das Aussetzen der Valorisierung. Wenn man sich die frauenspezifischen Erwerbsverläufe ansieht, dann bringt diese Reform ein zusätzliches Minus für Frauen von bis zu 50 Prozent. Die Verantwortung dafür trägt ganz konkret die Bundesregierung. Es gibt einen dramatischen Eingriff in die Lebensplanung von Frauen, und ich nenne diese Reform hier bewusst sozial- und frauenfeindlich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der GRÜNEN.)

 

Weil ich soeben von Zynismus gesprochen habe: Zynisch ist es für mich, wenn man den Frauen in einem Mogelpaket Folgendes verkauft: "Wir machen für euch ein super Modell, wir rechnen euch die Kindererziehungszeiten nicht mehr mit 18 Monaten, sondern mit 24 Monaten an." Niemand sagt aber den Frauen, dass das erst für Frauen gilt, die jetzt Kinderbetreuungsgeld beziehen, sprich dass diese Maßnahme frühestens in 20 Jahren tatsächlich wirken wird. Das ist ein ganz böses Täuschungsmanöver! (Abg Kurth-Bodo Blind: Warum habt ihr bisher nichts gemacht?)

 

Zynisch ist auch, dass Präsenz- und Zivildienstzeiten für die Pension dreimal so hoch wie die Kindererziehungszeiten angerechnet werden. Zynisch ist aus meiner Sicht allemal diese Familienmaßnahme des Kinderbetreuungsgeldes, das mittlerweile sogar von der Wirtschaftskammer kritisiert wird, weil eben die Wiedereinstiegsmaßnahmen fehlen und weil Frauen es extrem schwer haben, in das Erwerbsleben zurückzukommen, um jene Biografie hinzukriegen, die sie brauchen, damit sie eine eigenständige Altersvorsorge haben können.

 

Warum Frauen die großen Verliererinnen sind, kann man insgesamt an zehn Kritikpunkten festmachen. Ich habe mich hier für drei dieser Kritikpunkte entschieden und möchte diese beispielhaft anbringen.

 

Der erste Punkt ist der längere

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular