Landtag,
11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 90
Abstimmungsverhalten eingehen.
Ich möchte jetzt auch mit dem großen und wichtigen
Schritt beginnen, das Wahlalter auf 16 zu senken. Ich möchte vielleicht nur
eine Größenordnung herausheben, damit Sie ein weiteres Argument hören, warum wir
so vehement dafür sind.
Die nächste Nationalratwahl und auch die nächste
Gemeinderatswahl wird eine sein, wo die Gruppe der über 50-jährigen Wählerinnen
und Wähler bereits größer ist als die Gruppe der unter 50-jährigen Wählerinnen
und Wähler. Das ist so, und ich sehe auch im Älterwerden der Gesellschaft kein
Problem. Es kann zu einem Problem kommen, und es sollten bei aller Wichtigkeit
von Pensionsfragen nicht ausschließlich Pensionsfragen, die Fragen der
Sicherung derer, die bereits in Pension sind, sein, die eine Wahl dominieren,
sondern es sollten auch die Aspekte Jüngerer eine Rolle spielen. Und gerade
weil man überall dort, wo das Wahlrecht gesenkt wurde, positive Erfahrungen
gemacht hat, ist es ein längst notwendiger Schritt, das Wahlalter auf 16 zu
senken.
Achtung! Das heißt nicht, dass alle 16-Jährigen
wählen dürfen. Das heißt, dass das Durchschnittswahlalter von derzeit über 20
eben auf 18 reduziert wird, weil ja nicht alle gleichzeitig mit dem Wahljahr
ihren Geburtstag haben. Bei dieser Nationalratswahl haben viele 18-Jährige
nicht wählen dürfen, wenn Sie sich richtig erinnern können, und darum ist das
ein richtiger und notwendiger Schritt.
In einer Sache appelliere ich jetzt an alle Parteien,
auch an die Sozialdemokratie, lange vor einer nächsten Nationalrats- und
Gemeinderatswahl: Ich finde es gut und richtig, dass auch an Schulen diskutiert
wird, dass an Schulen politische Auseinandersetzungen stattfinden. Wir sollten
uns nur rechtzeitig über den Modus einigen - das geht an die SPÖ, das geht auch
an die ÖVP -, damit nicht einseitig manipulativ vorgegangen wird. Ich sage
einmal nur, diese Gefahr könnte drohen, und nichts wäre schlimmer, als wenn man
in einer Wahlauseinandersetzung diskutieren müsste, wieso ein Spitzenkandidat,
eine Spitzenkandidatin mit Wahlmaterial durch die Schulen zieht und
möglicherweise Druck auf Direktoren ausgeübt wird.
Ich glaube, dass der Modus vor der letzten Wahl, dass
Schulen Viererrunden bestellen konnten, damit alle wahlwerbenden Parteien
gleichwertig mit den Jugendlichen diskutieren konnten, ein guter, richtiger Weg
war, und ich appelliere jetzt vor allem hier an die Mehrheitsfraktion, dass wir
lange vor den Wahlen vielleicht auch mit dem Stadtschulrat zu einem Modus
kommen, zu einem How-to-do, weil ich - im Unterschied zu vielen anderen, die
sagen, pfui, man darf Wahlkampf nicht in die Schulen tragen - durchaus der
Meinung bin, dass das möglich sein sollte. Warum auch nicht? Die Frage ist nur,
wie.
Wenn wir uns hier zwischen allen Parteien einigen
könnten, wäre das gut und notwendig. Ich finde es gescheit, dass man in Schulen
auch über Politik diskutiert - aber fair. Ich glaube, dass das kein Problem
sein sollte. Ich sage das lange und rechtzeitig vorher und vielleicht werden
wir uns eineinhalb Jahre vor den nächsten Wahlen darüber unterhalten.
Zweiter Bereich: Vorzugsstimmenregelung. Ich glaube,
Kollege Ulm war es, der das kritisiert hat. Also, ich halte das für einen
großen Fortschritt, was hier passiert. Zur Erinnerung: Bisher konnte man eine
Vorzugsstimme geben, doch die astronomische doppelte Wahlzahl hat es faktisch
verunmöchtlicht, dass Wählerinnen und Wähler Einfluss nehmen können auf diese
unsere Zusammensetzung hier.
Was bedeutet diese Wahlzahl von 1,25 in Zukunft? -
Das heißt, dass man ungefähr 12 000 Stimmen braucht, um vorgereiht zu
werden. Und angesichts der Tatsache, dass man das nächste Mal zwei
Vorzugsstimmen vergeben kann, gibt es eine durchaus realistische Chance, dass
Wählerinnen und Wähler die Zusammensetzung dieses Hauses mitbestimmen. Ich
halte es für einen Fortschritt, dass man nicht nur ein analphabetisches
Kreuzerl macht, sondern sehr wohl auch über Vorzugsstimme Einfluss auf die
Parteienliste nimmt. Das ist gut so, das ist ein eindeutiger Fortschritt, dem
wir vorbehaltlos zustimmen.
Jetzt möchte ich auch noch kurz - es ist schon viel
darüber gesagt worden - auf die Frage der Ausweitung des Wahlrechts auf
Bezirksebene für Zuwanderer eingehen. Herr Kollege Ulm, allein die
Begrifflichkeit zeigt, worum es Ihnen geht. Sie haben immer von den
"Fremden" gesprochen. (Abg Dr Wolfgang Ulm: Das ist ein Terminus
technicus!) Nein, das ist kein Terminus technicus, das ist das, worum es
Ihnen geht. Man kann von Zuwanderern sprechen, man kann von Wienerinnen und
Wienern sprechen, die nicht in Wien geboren sind, oder man kann von Fremden
sprechen. Allein dadurch zeigt sich Ihre Grundhaltung. Mit "Fremden"
insinuieren Sie: Damit wollen wir nichts zu tun haben! Die sollen besser wieder
weggehen, die Fremden. (StR Dr Peter Marboe: Das ist Ihre Ansicht!) Das
ist der Kernpunkt einer Haltung, die ich überhaupt nicht verstehen kann. (StR
Dr Peter Marboe: Wie der Schelm denkt, so ist er! Darum geht es überhaupt
nicht!) Nein? Jetzt wundere ich mich aber über den Herrn Marboe, mit
Verlaub. Man kann über Zuwanderer sprechen, aber nicht allein dieses in der
Öffentlichkeit eindeutig besetzte Wort verwenden und jemandem, der jahrelang
hier lebt, sagen: Du bist ein Fremder! Genau um das zu ändern, wird dieses
Wahlrecht eingeführt. Und das ist gut so. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der Kern ist, dass eine Gesellschaft davon lebt. Ich
finde, das ist eine der europäischen Errungenschaften, und es wäre unglaublich
wichtig, auch in anderen Bereichen der Welt, in einer Zeit, die globalisierter
ist, in der Wanderungsbewegungen zunehmen, nicht zu sagen: Hier sind wir und
die anderen sind die Fremden. Die einen und die anderen. (StR Dr Peter
Marboe: Das hat er nicht gesagt! Das sagt niemand!)
Fragt doch einmal semantisch, was Fremder heißt! Das muss
ich Herrn StR Marboe nicht erklären. (Zwischenruf von StR Dr Peter Marboe.)
Danke für die Vorlesung in Altgriechisch! Ich verbeuge mich demütig vor den
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