Landtag,
11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 90
Zeitlang in Salzburg lebt und dann
nach Wien zieht, nicht imstande ist, sich sehr rasch über die Wiener politische
Landschaft, die Parteien zu informieren und zu wissen, wie er oder sie abstimmt
bei Wahlen.
Darauf und auch auf diese Details
werden wir immer wieder und immer wieder zurückkommen hier in diesem Haus, und
ich bin sicher, dass in den nächsten Jahren auch Bewegung in die Sache kommen
wird. Doch heute geht es uns um die fünfjährige Aufenthaltsfrist und wir
hoffen, dass sie doch noch gestrichen wird.
Ich schließe, liebe Kolleginnen
und Kollegen, mit folgenden Beispielen ab. In Kopenhagen dürfen Zuwanderer nach
drei Jahren wählen, in Amsterdam, in Stockholm und in Oslo auch nach drei
Jahren, in Dublin nach sechs Monaten. Das ist übrigens meistens die Stelle, wo
mir die Wiener SPÖ den Vorwurf macht, populistisch und insistatorisch zu sein,
denn da steckt dahinter, man würde seitens der Opposition die Forderungen jedes
Mal immer ein bisschen hinaufschrauben, damit man sozusagen den Forderungen
nachkommt.
Und ich sage ja. Ja, man kann es
besser machen, man kann es immer besser machen, und auch die Wiener
Sozialdemokratie muss zur Kenntnis nehmen, dass man es zwar heute gut macht,
dass man es aber noch viel, viel besser machen kann. Und dafür sitzen wir Grüne hier drinnen in diesem Haus:
Damit es noch besser wird. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Lassen Sie mich daher meinen
Beitrag mit der Feststellung und dem Wusch in dieser Hinsicht abschließen: Ja,
Wien war Wien, ist Wien, bleibt Wien, aber wenn es um das Wahlrecht geht: Wien
soll Dublin werden! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsident Johann Römer: Als Nächster
ist Herr Abg Dr Ulm zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Auch wenn meine Vorrednerin jetzt in bekannt
angemessener, sympathischer Art und Weise auch grundsätzliche Überlegungen von
sich gegeben hat und damit auch ein bisschen einen positiven Eindruck auf
dieses Gesetzt hat bringen können, so ändert das überhaupt nichts daran, dass
es sich bei dieser Gesetzesänderung um einen sozialdemokratischen Willkürakt
sondergleichen handelt. (Beifall bei der ÖVP.)
Es handelt sich um einen sozialdemokratischen
Willkürakt, weil dieses Gesetz, das heute beschlossen werden soll, unsachlich
ist, widersprüchlich, verfassungswidrig, nur die eigenen Interessen der SPÖ im
Sinn hat und ohne ernsthafte Einbindung der Opposition erfolgt ist. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wieso ist dieses Gesetz unsachlich? - Es ist
unsachlich, weil es Bezirksräte erster und zweiter Klasse schafft. Es wirkt
damit desintegrierend, es wirkt polarisierend, es werden im Integrationsbereich
Probleme geschaffen, die wir ohne diese skurrile Regelung nicht hätten. Was
soll sich denn der gewählte ausländische Bezirksrat denken, der jetzt nicht
Bezirksvorsteher werden kann, der nicht Bezirksvorsteher-Stellvertreter werden
kann, der nicht in den Bauausschuss gewählt werden kann? - Er wird erstmals
eine Diskriminierung erfahren, er wird das als diskriminierend werten, und es
ist auch nachvollziehbar. (Abg Godwin Schuster: Das mit dem Bauausschuss war
ja Ihr Anliegen! - Weitere lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Bis jetzt hat
er diese Diskriminierung nicht erfahren, denn selbstverständlich ist das
Wahlrecht ein Staatsbürgerschaftsrecht. Er hat sich bis jetzt nicht
diskriminiert gefühlt (Abg Mag Christoph Chorherr: Das entscheiden Sie? -
Abg Günter Kenesei: Das ist ja unglaublich!), doch diese Regelung führt zu
einer Polarisierung, die Sie zu verantworten haben. (Beifall bei der ÖVP. -
Abg Dipl Ing Martin Margulies: Das ist ja unglaublich!)
Wo bleibt die Motivation, österreichischer
Staatsbürger zu werden und damit die 100-prozentige Integration des Fremden zu
erreichen, wenn er bereits zu seinem Wahlrecht kommt, bevor es noch zum
Endpunkt des Integrationsprozesses gekommen ist? (Abg Günter Kenesei: Das
stört Sie!) Wir wollen keine Parallelgesellschaften, wir wollen die Fremden
einladen, zu uns zu kommen, sich endgültig und 100-prozentig zu integrieren,
indem sie die österreichische Staatsbürgerschaft annehmen. Dann sind sie
Österreicher mit allen Pflichten und mit allen Rechten.
Sehr geehrte Damen und Herren von der Sozialdemokratie!
Was haben Sie sich eigentlich bei dieser Regelung im Ausländerwahlrecht
gedacht, wie das mit der Stadtverfassung zusammengeht? - Sie wissen genau, dass
die zweitstärkste Fraktion in der Bezirksvertretung das Recht hat, den
Bezirksvorsteher-Stellvertreter vorzuschlagen und den
Bezirksvorsteher-Stellvertreter zu wählen. Das steht so drinnen in der
Stadtverfassung. Und zwar dürfen die niemand von außen vorschlagen, sondern sie
dürfen nur jemanden vorschlagen, der bereits als Bezirksrat gewählt ist. Also
nur aus ihrem Kreise kann so ein Bezirksvorsteher-Stellvertreter vorgeschlagen
werden.
Jetzt handelt es sich da möglicherweise um eine
ethnische Liste, die sind zweitstärkste Fraktion und können nun aus ihrem Kreis
ihr Recht auf Grund der Stadtverfassung überhaupt nicht wahrnehmen. (Abg
Godwin Schuster: Das ist Ihre Sorge!) Das ist ein ungelöster Widerspruch,
mit dem Sie gerne leben, weil Sie willkürlich agieren und es Ihnen völlig egal
ist. (Beifall bei der ÖVP. - Abg Christian Oxonitsch: Ist das Ihr Bekenntnis
zur Verfassungsänderung? - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Sie sind nervös. (Abg Christian Oxonitsch:
Überhaupt nicht!) Dass die Damen und Herren von der Sozialdemokratie nervös
sind, glaube ich. Sie haben nur Ihre eigenen Interessen im Sinn. (Abg
Christian Oxonitsch: Ich möchte nur wissen, ob das jetzt Ihr Bekenntnis zur
Verfassungsänderung ist?) Denn dort, wo es darum geht, ein faires Wahlrecht
zu schaffen, dass man mit der Anzahl von Stimmen dann auch die Anzahl von
Mandaten hat, das interessiert Sie natürlich überhaupt nicht. (Abg David
Ellensohn: Wie in Niederösterreich!)
Bei der Fragestunde hatte ich schon die Gelegenheit,
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