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Landtag, 11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 90

 

darauf hinzuweisen, in welcher Art und Weise man versucht hat, hier die Opposition einzubinden. Mit einem Placebounterausschuss Wahlrecht, der tatsächlich mehrfach getagt hat vor ungefähr einem Jahr. Am 5. März war dann alles aus, am 5. März hat es die letzte Sitzung dieses Unterausschusses gegeben. Bis dahin ist alles Mögliche debattiert worden, man hat über sehr viele Dinge gesprochen, sehr grundsätzlich gesprochen, nur über die Ergebnisse, die Sie uns jetzt präsentieren, ist überhaupt nicht gesprochen worden. (Abg Christian Oxonitsch: Da haben Sie aber geschlafen!)

 

Frau Stadträtin! Wenn Sie sagen, meine Argumentation ist absurd, weil ich vor dem Sommer sowieso von Ihnen Ihren Entwurf in die Hand gedrückt bekommen habe, über den ich nur staunen konnte, weil darauf nie und nimmer eine Einigung im Unterausschuss erfolgt ist (Abg Christian Oxonitsch: Irgendwann ist es aus mit der Diskussion, wenn man keinen Kompromiss findet!), dann kann ich nur sagen, Ihr Verständnis von einer Zusammenarbeit ist absurd. Denn in der Aushändigung eines Entwurfs, von Ihnen eine Kommunikation zu sehen, das ist schon etwas überraschend und das hat mit Ihrem Motto von Miteinander, Frau Stadträtin, sehr wenig zu tun. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Es war nicht nur keine Rede davon, dass wir Bezirksräte erster und zweiter Klasse schaffen ... (Abg Josefa Tomsik: Herr Kollege Ulm! Sie wollten einen Vorschlag haben, wo alle Ihre Vorschläge hineinkommen und sonst nichts!) Frau Kollegin! Ich bin völlig überrascht, wie Sie beispielsweise zu der Zahl kommen, wie man über Vorzugsstimmen direkt gewählt werden kann. Wir haben gesagt, wir sind für eine stärkere Personalisierung des Wahlrechts, wir sind für eine Stärkung der Direktwahl, wir sind dafür, dass man mit Vorzugsstimmen mehr machen kann. Niemals ist das Wort oder ist die Zahl gefallen, dass man jetzt auf das 1,25-fache der Wahlzahl kommen muss, um direkt gewählt zu werden. Ich meine, das ist auch eine völlig absurde Zahl. Bis jetzt war es das Doppelte. Man hätte sagen können, okay, gehen wir auf das Einfache oder von mir aus als Kompromiss auf das Eineinhalbfache, wenn man den Kompromiss mit der Opposition gesucht hätte. Aber Sie haben ihn nicht gesucht. Ich bin dann auf diese skurrile Zahl von 1,25 gestoßen - eine periodische Zahl wäre noch skurriler gewesen -, offensichtlich ein Kompromiss, der innerhalb Ihrer Fraktion erst mühsam gefunden werden musste.

 

Alle relevanten Dinge sind nach diesem 5. März 2002 passiert: Ihr Prof-Mayer-Gutachten ist am 16.5.2002 gekommen, der Verfassungsdienst hat sein Gutachten am 12.7.2002 abgegeben, unser Gutachten von Prof Lienbacher stammt vom 1.6.2002. Wir haben von Seiten unseres Klubs Ihnen dieses Gutachten offiziell zur Verfügung gestellt und haben Sie eingeladen, darüber zu debattieren. Nichts! Sehr geehrte Damen und Herren von der Regierungsfraktion, über ein drei viertel Jahr Funkstille! Keine Diskussion mit der Opposition in so einer heiklen Materie wie dem Wahlrecht.

 

Es bleibt uns daher nichts anderes übrig, als unsere demokratischen Rechte hier wahrzunehmen innerhalb von vier Tagen, an denen dieses Wahlrecht durchgepeitscht werden soll. Am Dienstag hat es begonnen in der Landesregierung, dann ist ein außerordentlicher Ausschuss anberaumt worden (Abg Godwin Schuster: Dort haben Sie zugestimmt! - Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Sie haben dieser Vorgangsweise zugestimmt!) und heute im Landtag werden Sie das sicherlich durchziehen.

 

Wir werden daher jetzt von den Rechten Gebrauch machen, die uns zur Verfügung stehen, und werden drei Beschluss- und Resolutionsanträge einbringen, die uns besonders wichtig erscheinen.

 

Der Erste behandelt ein faires Wahlrecht, damit es in Hinkunft nicht mehr möglich ist, dass Sie mit 46 Prozent der Stimmen 52 von 100 Mandaten erhalten.

 

Der Beschluss- und Resolutionsantrag lautet:

 

"Der Wiener Landtag spricht sich für eine Novellierung dahin gehend aus, dass zwecks Implementierung eines fairen Mandatszuteilungsverfahrens es künftig gewährleistet sein wird, dass die Anzahl der gewonnenen Mandate einer Partei der prozentuellen Stimmverteilung im Wiener Gemeinderat möglichst genau entspricht."

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.

 

Ein zweiter Antrag, den ich jetzt einbringen werde, beschäftigt sich mit der Möglichkeit des Wählens außerhalb von Wien. Auch hier waren Sie säumig, auch hier war die Debatte im Unterausschuss, mit der Sie offensichtlich kalmieren wollten, eine ganz andere. Sie haben den Anschein erweckt, dass Sie bereit sind, diese Möglichkeit, auch außerhalb von Wien wählen zu können, schaffen zu wollen. Jetzt reden Sie sich auf den Bundesverfassungsgesetzgeber aus und meinen, Sie hätten gar nichts machen können. (Abg Christian Oxonitsch: Wir haben einen gemeinsamen Brief entworfen!) Tatsächlich gibt es die Möglichkeit, innerhalb des Bundesgebiets Vereinbarungen mit Bundesländern treffen zu können, damit es Wahllokale in den Landeshauptstädten oder in den Bezirkshauptstädten gibt. Ich kann mich genau erinnern, dass Sie es sogar als möglich erachtet hatten, dass man es einrichtet, in Bezirkshauptstädten außerhalb von Österreich wählen zu können. Aber da ist Ihnen überhaupt nicht daran gelegen, zu einer höheren Wahlbeteiligung zu kommen. (Abg Josefa Tomsik: Haben Sie den Brief jetzt gelesen und geschrieben oder nicht?)

 

Ich bringe daher folgenden Beschlussantrag ein:

 

"Der Landeshauptmann wird aufgefordert, zielführende Gespräche mit den Landeshauptleuten der anderen Bundesländer im Hinblick auf die Möglichkeit der Einrichtung von Wahllokalen für die Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen außerhalb Wiens zu führen."

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und noch in einem weiteren Punkt wäre es ein Leichtes, wäre der gute Wille da, wäre der politische Wille dieser Mehrheitsfraktion vorhanden, mehr Wähler zu den Urnen zu bringen. Man müsste nur das machen, was sogar der Herr Bürgermeister als politische Absichtserklärung verkündet hat, wo ihm aber jetzt offensichtlich

 

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