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Landtag, 11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 11 von 90

 

schnell gegangen. Das ist absurd, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben einen eigenen Unterausschuss in meinem Ausschuss eingesetzt und haben alle Punkte, die dort vorgebracht wurden, lang und ausführlich diskutiert. Dort haben wir auch darüber diskutiert, dass dieser Vergleich mit der Europäischen Union ein falsch gewählter ist. Es stimmt, es gibt Länder, die einen anderen Zugang zum Drittstaatsangehörigenwahlrecht haben, die sagen, auch dieses Wahlrecht machen sie nur auf Gegenseitigkeit. Das ist aber ein Konzept, das ich persönlich nicht für richtig halte, denn für die Demokratie in unserem Lande oder für die Demokratie in den Bezirken, also vor Ort, von wo wir sprechen, ist es irrelevant, ob ich in Ankara wählen darf. Sehr wohl ist es jedoch relevant, ob jemand, der hier lebt und hier seine neue Heimat gefunden hat, sich in die Demokratie einbringen kann.

 

Das Konzept der Europäischen Union ist aber genau ein solches, dass wir sagen, wir haben uns gegenseitig in einem Gesamtkonzept gewisse Mindestrechte garantiert. Das ist ein völlig anderes Konzept als das, was wir hier mit dem AusländerInnenwahlrecht verfolgen, wo wir sagen, diejenigen, die schon lange da sind, sollen diese Möglichkeit erhalten. Übrigens wird das interessanterweise auch von vielen Betroffenen sehr einfach und sehr klar erklärt. Ich habe in der letzten Zeit einige Interviews von Betroffenen gehört, denn viele Medien beschäftigen sich dankenswerterweise mit dem Thema, und die Betroffenen sagen, eine gewisse Zeit soll man da sein, dann kennt man sich aus, weiß, was los ist, hat man ein Interesse an der Sache und deswegen ist es gut, wenn man eine Zeit lang hier ist und dann auch die Möglichkeit hat, sich einzubringen. Das heißt, der Vergleich mit der EU ist ein falscher, weil das ein völlig anderes Konzept ist.

 

Der Gedanke der Einführung dieses AusländerInnenwahlrechts ist, dass man den Menschen, die schon lange hier leben und die hier ihre neue Heimat gefunden haben, die Möglichkeit gibt, sich einzubringen, und zwar in unser aller Interesse. Die Einführung des AusländerInnenwahlrechts ist nicht irgendein herablassender Gnadenakt gegenüber den Zuwanderern, ganz im Gegenteil, das ist in unser aller Interesse, denn wir alle leben in dieser Stadt nur gut, wenn alle, die hier leben, sich auch einbringen können. Es ist in unser aller Interesse, dass die Demokratie funktioniert. Dieser Vorschlag ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Wir kommen zur dritten Zusatzfrage. Herr Abg Dr Ulm, bitte.

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!

 

Es ist richtig, dass es einen Unterausschuss Wahlrecht gegeben hat. Dieser hat vor ungefähr einem Jahr mehrfach getagt. Die letzte Sitzung hat allerdings am 5. März dieses Jahres stattgefunden. Es ist daher in der Zwischenzeit mehr als ein Dreivierteljahr vergangen. In diesem Unterausschuss wurden nur sehr grundsätzliche Dinge debattiert, aber nicht die konkreten Bestimmungen, die jetzt Eingang in das Gesetz finden werden. Es ist nie davon die Rede gewesen, dass Bezirksräte erster und zweiter Klasse geschaffen werden. Es ist nie konkret darüber geredet worden, mit welcher Anzahl von Stimmen nun jemand mit Vorzugsstimmen direkt gewählt werden kann, über viele andere Dinge auch nicht.

 

Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend): Kommen Sie dann zur Frage?

 

Abg Dr Wolfgang Ulm (fortsetzend): Wir haben am 1. Juni 2002 ein Gutachten des renommierten Prof Limbacher eingeholt, haben Ihnen das übermittelt und haben von Ihnen keine Einladung zu einem weiteren Gespräch bekommen, durch ein Dreivierteljahr nicht, während innerhalb von vier Tagen diese Novelle durch Sie durchgepeitscht werden soll. (LhptmStin Grete Laska: Was ist die Frage?)

 

Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Herr Abgeordneter!

 

Ich habe selten in meinem Leben eine so absurde Darstellung von dem gehört, was in Wirklichkeit passiert ist. Offensichtlich leben wir in zwei unterschiedlichen Realitäten.

 

Wir haben lange in dem Unterausschuss diskutiert. Wir sind Punkt für Punkt durchgegangen und haben genau festgelegt, welche Fraktion wozu eine Meinung hat. Wir haben sogar bis ins letzte Detail über die Abstimmungsmodalitäten diskutiert, die gestern oder vorgestern in der Präsidiale auch so vereinbart wurden. Das heißt, wir haben auch ganz genau darüber diskutiert, wie wir was abstimmen, weil sich in dieser, im Gegensatz zu Ihrer Behauptung, sehr genauen Debatte gezeigt hat, dass es zu den unterschiedlichen Punkten unterschiedliche Meinungen gibt, dass manche zwar für die Senkung des Wahlalters, aber gegen die Einführung des AusländerInnenwahlrechts sind. Es gibt manche, die sind gegen alles, aber es gibt andere, die sind irgendwie grundsätzlich mehr bereit, ein Demokratiepaket mitzutragen. Das heißt, wir haben sogar bis in die letzte Frage der Abstimmungsmodalitäten diskutiert und sehr genau erarbeitet, was wir hier vorschlagen werden. Dann wurde ein Vorschlag erarbeitet.

 

Anschließend haben wir, weil das gewünscht wurde und weil wir uns einer externen entsprechenden kritischen Beäugung unseres Vorschlags nicht entziehen wollen, einen äußerst renommierten Verfassungsexperten, den sehr bekannten Univ Prof DDr Mayer, beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Wir haben das, was in diesem Gutachten war, noch eingearbeitet, dann - das ist in Ihrer Darstellung irgendwie in der Luft, hat sich aufgelöst - alle Fraktionen nochmals eingeladen, ihnen alles präsentiert und den Vorschlag übergeben. Schließlich haben wir, weil das entgegen dem Stil der Bundesregierung, die dicke, ausführliche, höchst komplexe und relevante Gesetzesvorhaben zuschickt und man dann drei Tage Zeit zur Stellungnahme hat - das ist ungefähr so, als ob man gleich einen Brief schreibt, dass egal ist, was wir sagen, weil man sowieso nicht darauf eingeht -, mein Stil ist, eine Begutachtung in die Wege geleitet. Wir haben nachher, vor dem Sommer, allen Fraktionen mitgeteilt, wie der endgültige Vorschlag ausschaut, auch Ihrer

 

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