Landtag,
11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 90
Frage sozusagen schon mit der Wiederholung dessen,
was das Thema unserer Debatte ist. Es ist natürlich in der Gesetzesvorlage
vorgesehen, dass diejenigen, die fünf Jahre lang ununterbrochen in Wien mit
Hauptwohnsitz gemeldet sind, entsprechend das Wahlrecht bekommen. Die Frage,
nach der Art des Aufenthaltstitels, die Sie stellen, ob der befristet oder
unbefristet ist, ist für das Wahlrecht nicht relevant. Es ist aber sehr wohl,
wie in den von Ihnen zitierten Erläuterungen, anzunehmen, dass nach einem
fünfjährigen legalen Aufenthalt mit entsprechender Meldung ein unbefristeter
Aufenthaltstitel mit einer Aufenthaltsverfestigung vorliegt. Das ist aber an
und für sich für die Frage des Wahlrechts irrrelevant.
Ich kenne auch international keine Beispiele, wo das
Wahlrecht an die Frage, ob es sich um einen befristeten oder einen
unbefristeten Aufenthalt handelt, gebunden ist, sondern es geht darum, dass,
wie es im Fremdenrecht vorgesehen ist, nach fünf Jahren eine Aufenthaltsverfestigung
eintritt.
In unserem Gesetzesvorschlag ist ein fünfjähriger legaler
Aufenthalt, eine fünfjährige ununterbrochene Meldung in Wien vorgesehen.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Wir
kommen zur ersten Zusatzfrage. Herr Abg Dr GÜNTHER, bitte.
Abg Dr Helmut GÜNTHER (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Frau Stadträtin!
Wenn ein Drittstaatenangehöriger nach Wien kommt,
sich hier in Wien anmeldet und innerhalb eines Monats in ein weiteres EU-Land
weiterzieht, ohne sich abzumelden und die Meldung hier im Lande aufrechterhält,
ist er an sich objektiv, formal und richtig in Österreich gemeldet, befindet
sich aber nicht im Lande. Sie kennen die Qualität der Melderegister, die es
derzeit gibt.
Jetzt stellt sich die Frage: Wie kann man nachprüfen,
dass sich der Drittstaatsangehörige innerhalb der fünf Jahre auch im Inland
befunden hat? (Abg Mag Christoph Chorherr: Deine Sorgen möchte ich haben!)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau
Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Herr
Abgeordneter!
Ich kann Ihnen nicht versichern, dass wir mit der Einführung
des AusländerInnenwahlrechts Probleme oder Verstöße gegen das Melderecht in den
Griff bekommen werden. Das sind aber - das wissen Sie selber ganz genau - zwei
völlig verschiedene Dinge. Man kann nicht mit einem Gesetz, das mit dem
überhaupt nichts zu tun hat, Verstöße gegen ein anderes ahnden oder in den
Griff bekommen.
Ich bin aber Ihrer Meinung, dass die Qualität der
Meldedaten grundsätzlich, und zwar egal, ob Aus- oder Inländer, besser werden
muss. Niemand hat mehr darunter gelitten, als ich als die zuständige
Stadträtin, wie die Qualität der Meldedaten war, die wir von der Bundespolizeidirektion
übermittelt bekamen. Ich kann Ihnen nur versichern, dass meine Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen schon aus Eigeninteresse - das sage ich ganz offen - sehr
bemüht sind, die Qualität der Meldedaten zu verbessern und dass wir alles daran
setzen, um auf der einen Seite korrekte, der Wahrheit entsprechende Daten zu
haben und auf der anderen Seite - da waren wir, glaube ich, schon recht
erfolgreich - auch sehr kundInnenorientiert sowie bürger- und bürgerinnenfreundlich
im Meldewesen zu agieren.
Mit der Frage des Wahlrechts können und sollten wir
dieses Thema nicht verknüpfen. Beim Wahlrecht müssen wir, wie bei allem anderen
auch, auf die uns gesetzlich zustehenden Möglichkeiten und auf die
Informationen, die uns das Meldewesen zur Verfügung stellt, zurückgreifen,
genauso wie bei den Inländern. Da gibt es sozusagen keinen qualitativen
Unterschied.
Präsidentin Erika Stubenvoll: Die
zweite Zusatzfrage hat Herr Abg Mag Chorherr. - Bitte.
Abg Mag Christoph Chorherr (Grüner
Klub im Rathaus): Frau Stadträtin!
Vielleicht um ein bisschen auf den relevanten Kernpunkt,
den wir ohnehin dann in der Debatte auch diskutieren werden, noch einmal
zurückzukommen, weil ich in der Tat gerne diese Position verstehen würde, die
unser Hauptkritikpunkt an dem vorliegenden Entwurf ist: Wieso gehen Sie bei
diesem richtigen, notwendigen, längst überfälligen Schritt, Ausländern, die in
Wien leben, arbeiten und auch Steuern zahlen, das Wahlrecht zu geben, diesen
nur halb? Und warum schaffen Sie zwei Klassen von Ausländern, indem nach diesem
Beschluss Engländer, Italiener, SpanierInnen, PortugiesInnen nach EU-Recht
selbstverständlich sofort wählen dürfen, aber Menschen, die schon jahrelang
hier arbeiten, leben, ihre Heimat hier haben, fünf Jahre lang warten müssen, insbesondere
deswegen, weil in einigen Jahren dank der EU-Erweiterung auch Tschechen,
Slowaken und Polen, die in Wien leben, sofort wahlberechtigt sind, aber andere,
zum Beispiel aus Ex-Jugoslawien das nicht sind? Was ist
der politische Grund, warum Sie diesen Schritt nur halbherzig gehen wollen? (Abg
Gerhard Pfeiffer: Oder Wähler aus Niederösterreich!)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Frau Stadträtin,
bitte.
Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Herr
Abgeordneter!
Das ist kein halbherziger Schritt, sondern ich
glaube, dass die Einführung des Wahlrechts für Menschen, die aus anderen
Ländern zu uns gekommen sind, hier leben, hier arbeiten, hier ihre Steuern
zahlen und hier ihre neue Heimat gefunden haben, ein absolut qualitativer
Sprung nach vorne ist. Ich halte das für unglaublich wichtig, weil damit zum
ersten Mal Ausländer in der politischen Auseinandersetzung nicht mehr nur ein
Objekt, über deren Köpfe hinweg die Politiker - manche leider sehr negativ -
diskutieren, sondern ein politisches Subjekt sind. Sie können selber aktiv
werden und eingreifen. Ich glaube, dass das ein sehr wichtiger Schritt für die
Demokratie insgesamt und auch für die Integration ist. (Abg Mag Christoph
Chorherr: Da sind wir uns schon einig!) Das ist der qualitative Sprung.
Deswegen glaube ich, dass der Begriff "Halbherzigkeit" hier falsch
gewählt ist.
Entgegen anderer Behauptungen haben wir über dieses
Wahlrecht und über das Demokratiepaket sehr lange und sehr ausführlich
diskutiert. Ich höre, es gibt jetzt welche, die sagen, das ist überfallsartig
und zu
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