Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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Insofern ist es gut, wenn die Ärzte hier künftig eine
vernünftige Einkommenssituation haben, denn es gibt Fächer, und dazu gehören
die Psychiatrie, die Pädiatrie, die Geriatrie, wo man eben nicht Sonderhonorare
lukrieren kann und durch Privatpatienten nicht gut dazuverdienen kann.
Warum wir trotz dieses unbestreitbaren Vorteils des
neuen Gehaltsschemas mit dem vorliegenden Entwurf nicht zufrieden sind, bezieht
sich auf eine Regelung, die auch der casus belli in der Auseinandersetzung war,
denn diese neue Vereinbarung zur Dienstordnung schlägt auch eine Neuregelung
der so genannten Konkurrenzklausel vor. Diese Konkurrenzklausel war in der Tat
der casus belli in den Verhandlungen, also die Frage, um die sehr, sehr lange
zwischen Ärzteschaft, Gewerkschaft und Gemeinde gestritten wurde. In dieser
Regelung ist nämlich im Artikel 1 Abs. 4 vorgesehen, dass die Ärzte
und Ärztinnen der Gemeindespitäler keine Nebenbeschäftigung ausüben sollen. Das
ist an sich vernünftig, denn wir gehen davon aus, dass ein Arzt, eine Ärztin in
einem Spital - die Frau Stadträtin wird mir das sicher bestätigen (Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann geht zu
ihrem Platz.), sie kommt gerade, es ist ihr Tagesordnungspunkt, weil hier
auch die Ärzte, wie gesagt, in erster Linie betroffen sind - keine
Nebenbeschäftigung ausüben soll. Sie sind ja ausgelastet und künftig
hoffentlich für ihre Tätigkeit auch gut bezahlt.
Diese Regelung hat allerdings ihre Ausnahmen. Manche
Ausnahmen halten wir auch für sinnvoll, denn es soll zur Abwehr von drohender
Gefahr gegen Leib und Leben schon die Möglichkeit geben, dass Ärzte und
Ärztinnen außerhalb in anderen Häusern, die nicht zum Krankenanstaltenverbund
gehören, Hilfestellung leisten können und Menschen vor Gesundheitsschäden
bewahren. Das ist in Bezug auf die Nebentätigkeit eine Regelung, die in jeder
Hinsicht eine Ausnahme verdient.
Wir sind auch der Meinung, dass es Sinn macht, dass
in manchen Bereichen, was die Pflegeheime und Genesungsheime betrifft, die
nicht wirklich eine Konkurrenz zur Unternehmung Krankenanstaltenverbund
darstellen, Ausnahmen sein können.
Die wirklich wichtige Frage, um die gestritten wurde,
war allerdings Abs. 2. Am 11. Dezember 2001 wurde da ein Vorschlag erstellt,
wo eine sehr, sehr harte Regelung vorgesehen war, und zwar, dass die
Nebenbeschäftigungen in anderen Häusern außerhalb des Krankenanstaltenverbunds
eine wirtschaftliche Konkurrenz darstellen würden, daher seitens des
Krankenanstaltenverbunds genehmigungspflichtig wären und der
Krankenanstaltenverbund eine entsprechende Bestätigung, dass diese
Nebenbeschäftigung gewünscht und ermöglicht wird, ausstellen muss.
Dieser Vorschlag einer Regelung hat seitens der
Wiener Ärztekammer eine Antwort erfahren. Sie hat nämlich am 11.1. geantwortet
und der Gemeinde Wien mitgeteilt, dass sie leider, leider mit dieser Regelung,
die eine wirtschaftliche Konkurrenz ausschalten würde, nicht einverstanden ist
und hat sich ablehnend geäußert. Dass die Ärztekammer die Interessen ihres
Standes vertritt, ist einzusehen, ist verständlich, das ist ihre Aufgabe.
Eine völlig andere Frage ist, ob die Gemeinde Wien
dem so schlankweg zustimmen muss, was sich die Ärzte in diesem Punkt wünschen.
Die Ärztekammer hat nämlich in ihrem Schreiben der Einfachheit halber gleich
einen Textvorschlag mitgeliefert. Diesen Paragraphen, wo die Nebenbeschäftigung
genehmigungspflichtig und von wirtschaftlichen Gründen abhängig zu machen wäre,
wollte sie nicht, und stattdessen hat sie einen anderen vorgeschlagen, und hier
ist auf den Patientenwunsch abgewogen, der unterstellt, vermutet oder
emphatisch herangezogen wird. In dem Textvorschlag der Ärztekammer heißt es:
"Ein Patient oder dessen Vertreter erklären nach Information über das
Leistungsangebot des Unternehmens Krankenanstaltenverbund ausdrücklich und
nachweislich, dass eine Behandlung in einer Krankenanstalt des Unternehmens
Krankenanstaltenverbund abgelehnt wird." - Das muss man einmal sitzen
lassen. Stellen Sie sich vor, Sie sind Patient oder Patientin, gehen zu einem
Arzt und wollen zweierlei: Sie wollen möglicherweise eine Operation vornehmen
lassen und Sie wollen das von einem Arzt Ihrer Wahl und möglichst in einem
Haus, in dem Sie gut untergebracht sind, in einem vernünftigen Zimmer zu ordentlichen
sanitären Bedingungen. Sie gehen also zu Ihrem Arzt und er macht Ihnen sehr
seltsame Vorschläge. Ich stelle es mir jetzt nämlich praktisch vor. Er hält
Ihnen zuerst einen langen Vortrag über die Schönheiten des Unternehmens
Krankenanstaltenverbund. Dazu ist er nämlich verpflichtet, und zwar nicht nur
in Bezug auf das Spital, in dem er selber beschäftigt ist, sondern in seiner
Breite. Das ist durch diese Regelung sein Auftrag. Oder er entledigt sich
dieser Pflicht, indem er einfach eine Broschüre austeilt und sagt:
"Schauen Sie sich an. Das sind die Leistungen des
Krankenanstaltenverbunds. Erklären Sie sich für nachweislich informiert."
- Ich weiß nicht, ob sich nicht der Patient oder die Patientin schon zu diesem
Zeitpunkt wundert, was das hier soll. Ich nehme es einmal an.
Dann kommt der zweite Teil dieser seltsamen Interaktion
zwischen Arzt und Patient/Patientin. Dann wird wahrscheinlich ein vorbereitetes
Formular hervorgezogen, auf dem der Patient/die Patientin etwas unterschreiben
muss, etwas Kleingedrucktes, was er oder sie sich gar nicht so vorgestellt hat,
nämlich die Ablehnung der Behandlung in einem Haus des
Krankenanstaltenverbunds. Na, das ist aber eine ernste Aussage. Wenn ich heute
Patientin wäre und vor dieser Frage stehen würde, dann würde ich mir jetzt als
Erstes überlegen: Unterschreibe ich da, dass ich nie wieder in einem Haus der
Gemeinde Wien behandelt werden will oder unterschreibe ich es für den
speziellen Fall? - Gut. Was geschieht aber dann, wenn ich es nur für den speziellen
Fall unterschreibe und mir meine Hammerzehe in einem Privatspital operieren
lasse und während der Operation passiert irgendetwas Unvorhergesehenes? Was
wäre bei einem Narkosezwischenfall, der in einem Privatspital nicht
beherrschbar wäre, wo die unbestritten hervorragenden Leistungen, Frau StRin
Pittermann, des
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