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Landtag, 6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 41 von 64

 

Mitgliedsstaaten haben dafür Sorge zu tragen, dass die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet werden, dass sie auch wirklich ihrer Aufgabe nachkommen können.

 

Ebenfalls seit Beginn der Neunziger wurden seitens der Europäischen Union bedeutende Liberalisierungsschritte in Infrastrukturbereichen gesetzt. In den Mitgliedsstaaten sind diese sehr unterschiedlich umgesetzt worden und haben auch ebenso unterschiedliche Ergebnisse gezeitigt.

 

Nun wäre es meiner Meinung nach einmal an der Zeit, nach dieser Einleitung der strukturellen Veränderungsprozesse eine Phase der empirischen Evaluierung in den bereits liberalisierten Wirtschaftsbereichen durchzuführen, statt weiterhin Sektor für Sektor für Sektor einer Liberalisierung zu unterwerfen. Denn eine umgehende und umfassende Herangehensweise bei der "Daseinsvorsorge" ist notwendig, damit Leistungserbringer ihren spezifischen Aufgaben entsprechend nachkommen können, auch, wie schon erwähnt, für den sozialen und territorialen Zusammenhang, der von großer Bedeutung ist.

 

Nicht erfolgreiche Privatisierungen zum Beispiel im Telekommunikationsbereich in Österreich - wir haben es erlebt - und auch der Druck auf Aktienkurse von anderen europäischen Telekom-Betreibern, der darauf lastet, spiegeln eine gewisse Unsicherheit auch für die Zukunft dieses Bereichs wider. Ich denke mir, da überschneiden sich zwei Dinge: Einerseits die viel zu hoch gegriffenen Erwartungen in die Wirtschaftssektoren der New economy und andererseits eine generelle Tendenz, durch übertriebenen Liberalisierungseifer öffentliche Leistungen und die Universaldienstleiter politisch und wirtschaftlich in der Öffentlichkeit abzuwerten.

 

Aus der Sicht der ArbeitnehmerInnen sind die Entwicklungen im Bereich der "Daseinsvorsorge" aus zwei Gründen doch höchst problematisch:

 

Einerseits sind diese Leistungen von grundlegender Bedeutung für die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger und die Erfahrungen zeigen, dass Privatisierung und Liberalisierung nicht immer zu den auch von der Europäischen Kommission erwarteten Effekten bezüglich Versorgungssicherheit, Zugang, Qualität, Kosten-Preis-Relation und für die Entwicklung eines sinnvollen Wettbewerbs geführt haben.

 

Andererseits hat sich aber auch gezeigt, dass die Bedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Sektor durch Privatisierung und Liberalisierung verschlechtert wurden. Beides werden wir in Wien nicht hinnehmen. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten spielen die Dienste der "Daseinsvorsorge" eine höchst bedeutsame Rolle für die Sicherung der Lebensqualität, für die Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung, für die wirtschaftliche Entwicklung, die Beschäftigung, die Arbeitsqualität und den gesellschaftlichen und räumlichen Zusammenhalt in unserer Region. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Johann Römer: Zu einer zweiten Wortmeldung hat sich Herr Abg Dipl Ing Margulies gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Die Restredezeit sind 5 Minuten.

 

Abg Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte am Schluss von Kollegin Bayr anschließen, wie wichtig es ist, dass es die kommunale "Daseinsvorsorge" gibt und wie wichtig die Beschäftigten der kommunalen "Daseinsvorsorge" sind. Was allerdings die Stadt Wien in letzter Zeit vermissen lässt, ist, gerade in diesem Bereich die Innovation für die Beschäftigten voranzutreiben, nämlich auch als Innovation für die Privatwirtschaft. In Wien arbeiten rund - erweitert gesehen - 70 000 Personen im Rahmen des Magistrats inklusive KAV, et cetera.

 

Warum wird hier nicht versucht, ArbeitnehmerInnenpolitik in dem Sinne zu machen, dass man Vorreiter bei Arbeitszeitverkürzung wird? Warum wird nicht versucht, dass man in diesem Bereich Vorreiter bei Lohnabschlüssen wird?

 

Wir werden diesen Punkt beim nächsten Tagesordnungspunkt noch ausführlich besprechen, aber vielleicht ein Satz vorweg, weil Kollege Hundstorfer mich gerade anschaut: In einer Presseaussendung vor ungefähr zwei Wochen haben Sie auf den Kollegen Görg, der selbst 2 Prozent Lohnerhöhung für zu viel erachtet hat, noch geschrieben: "Wien kann stolz darauf sein, 2 Prozent herausverhandelt zu haben, weil die Inflationsrate bei 1,9 Prozent liegt."

 

Herr Kollege Hundstofer, ich habe es Ihnen schon vorhin gesagt, dass sie darüber liegt und jetzt ist amtlich festgestellt: 2,7 Prozent Inflation im letzten Jahr. Und die Stadt Wien ist nicht einmal bereit, einen Inflationsausgleich den Bediensteten der Stadt Wien zu bezahlen! Das ist wirklich traurig und ich denke mir, wenn man sich am Vormittag hinstellt und sagt, man steht zu den kommunalen Betrieben und man lobt die Beschäftigten, dann sollte man sich dazu bekennen und sagen: Wir wollen, wenn es schon budgetär nicht machbar ist, dann a) zumindest einen Sockelbetrag oder b) zumindest bis zum Medianeinkommen eine endgültige Abgeltung der Inflation und erst darüber, bei den Spitzengehältern, denken wir nach, ob es im Sinne gemeinsamer Sparmaßnahmen möglich wäre, auch unterhalb der Inflationsrate abzuschließen.

 

Herr Kollege Hundstorfer, das hätte ich mir von der Gemeinde Wien erwartet und nicht Abschlüsse unterhalb der Inflationsrate! - Danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Präsident Johann Römer: Als Nächster ist Abg Hundstorfer zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.)

 

Abg Rudolf Hundstorfer (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Es erfüllt mich irgendwie mit Humor, dass Kollege Margulies auf einmal die Gewerkschaft entdeckt. Es erfüllt mich ... (Abg Dipl Ing Martin Margulies: Ich bin schon seit 20 Jahren Gewerkschaftsmitglied!) Ja, Entschuldigung, zwischen Gewerkschaftsmitglied seit ... (Abg Dipl Ing Martin Margulies: Mein Vater auch!) Lieber

 

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