Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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der sozialen Bedürfnisse in allen Bereichen dienen, die zur
Lebensqualität und zur nachhaltigen Entwicklung beitragen, insbesondere im
Bereich Transport, Umwelt, Kommunikation, Information, Energie, Wasser, Ver-
und Entsorgung, Gesundheit, Kultur, Bildung, Ernährungssicherheit und
Wohnungswesen. Diese Dienstleistungen sind für das Gemeinwohl von derartiger
Wichtigkeit, dass Wettbewerb ganz eindeutig ein nachrangiges Kriterium
darstellt. Vielmehr müssen sie ganz anderen Anforderungen genügen, wie
einerseits einem gleichberechtigten Zugang, das heißt Verbot der
Diskriminierung auf Grund sozialer, persönlicher oder geografischer
Zuordnungen. Zweitens einer verlässlichen Qualität und Kontinuität der Dienstleistung.
Und zum dritten der Universalität. Das heißt, sie müssen auch dann klar sein
und einsetzbar sein, wenn es Probleme mit der Rentabilität gäbe.
Bestehende Dienstleistungen der Daseinsvorsorge sind
durch ungesteuerte Entwicklung einer neoliberalen Politik durchaus gefährdet
und eine daraus abgeleitete Liberalisierung, die nur noch zum Selbstzweck wird
und weder reguliert noch kontrolliert oder in ihren Folgen beurteilt wird, kann
dazu führen, dass diese Dienste durch neue Monopole und/oder Oligopole ersetzt
werden. Privatisierung kann darüber hinaus auch dazu führen, dass die
politische Kontrolle unmöglich wird. Und eine Schwächung der politischen
Verantwortung der staatlichen Behörden für die im Dienste der Bürgerinnen und
Bürger geschaffenen Leistungen der Daseinsvorsorge, ist für uns inakzeptabel. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Verantwortung für die Daseinsvorsorge muss
weiterhin ganz klar einer demokratischen und politischen Ebene zugeordnet
bleiben.
Die Politik der derzeitigen
Bundesregierung, es kommt immer wieder , weil es einfach kommen muss. Weil es
uns einfach alle betrifft. Die sich unter anderem im Bericht der
Aufgabenreformkommission niederschlägt, und die in weiten Bereichen der
"Daseinsvorsorge" - wie zum Beispiel Wasser, Abfall und Nahverkehr,
was ja zur zwangsweisen Privatisierung empfohlen wird - ohne jeglichen Nachweis
unterstellt, dass kommunale Dienstleistungen entsprechende quantitative oder
qualitative Nachteile aufweisen und noch dazu zu teuer seien. Diese Politik ist
ausschließlich von einer neoliberalen Perspektive geprägt. Die bitter
gesammelten internationalen Erfahrungen zeigen durchaus auch, dass es eine
ganze Menge negativer Erfahrungen im Bereich der "Daseinsvorsorge"
gibt, die dem ansatzweise nicht Rechnung tragen.
Gerade die Liberalisierung
im öffentlichen Verkehr führt regelmäßig zu massiven Verschlechterungen in der
Qualität der Leistungen, aber auch ganz besonders bei den Lohn- und bei den
Arbeitsbedingungen des Personals. Darunter leidet auch die Verkehrssicherheit.
Ich denke mir, Beispiele wie in Großbritannien oder in Schweden sind uns allen
bekannt und brauchen hier nicht explizit aufgeführt zu werden.
Auf Ebene der Europäischen Union wurden jetzt schon
sehr weite Teile der "Daseinsvorsorge" als wirtschaftliche Tätigkeit
qualifiziert und vom Wettbewerbsrecht des EG-Vertrags erfasst. Insbesondere
durch eine bisweilen wirklich exzessive Auslegung und Anwendung des
Beihilfenverbots wurden langfristige Entscheidungen der öffentlichen Hand zur
Sicherstellung der Dienstleistungen der "Daseinsvorsorge"
unterwandert. Ferner gibt es auch nach wie vor heftige Bestrebungen, weitere
Bereiche der "Daseinsvorsorge" einer dringenden Liberalisierung zu
unterwerfen. So wurde zum Beispiel im Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments ein
Berichtsentwurf beschlossen, der nicht nur die Wasserversorgung und den
Nahverkehr völlig liberalisieren will, sondern der sogar öffentliche Betriebe
aus dem Bereich der "Daseinsvorsorge" explizit und generell
ausschließen will. Grundsätze der marktbezogenen Liberalisierung stehen
eindeutig im Vordergrund, während Qualifikationskriterien eher nur
deklaratorischen Charakter haben.
Dass dieser Verordnungsvorschlag in den
EU-Mitgliedsstaaten kontroversiell diskutiert wurde und letztlich auf Ablehnung
gestoßen ist, dokumentiert nicht zuletzt auch der Diskussionsverlauf im
EU-Parlament. Dem ursprünglichen Berichtsentwurf - wir haben es ja heute schon
gehört - sind sage und schreibe 486 Abänderungsanträge zugegangen. Mit der
Ablehnung dieses Verordnungsentwurfs betonen die Abgeordneten das
Subsidiaritätsprinzip und eine große Mehrheit der ParlamentarierInnen ist der
Ansicht, dass die Zuständigkeit für den Nahverkehr bei den lokalen Behörden auf
kommunaler Ebene verbleiben soll. Das Recht der zuständigen Behörden,
Nahverkehr ohne Ausschreibung vorzunehmen, sollte unter den neuen Vorschriften
auch weiterhin bestehen.
Die Auseinandersetzung um die
"Daseinsvorsorge" als Kernaufgabe der öffentlichen Hand, insbesondere
der Kommunen, muss aus österreichischer und aus Wiener Sicht einfach
weitergeführt werden und ist für uns existenziell notwendig und wichtig. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Bedeutung der öffentlichen Wirtschaft vor allem
im Bereich der "Daseinsvorsorge" ist seit Beginn der Neunzigerjahre
ein Thema der Europäischen Gemeinschaft. So wurde insbesondere vom Europäischen
Parlament hervorgehoben, dass sich die Gemeinschaft nicht nur auf die
Einrichtung eines Wettbewerbssystems konzentrieren soll, sondern dass die
wirtschaftliche und die soziale Kohärenz und der Verbraucherschutz beachtet
werden müssen.
Im Jahre 1996 veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung
mit dem Titel "Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa", wobei
betont wird, dass Solidarität und Gleichbehandlung in einer offenen und dynamischen
Marktwirtschaft grundlegende Ziele der Europäischen Gemeinschaft seien, dabei
jedoch auch den Leistungen der "Daseinsvorsorge" eine wichtige,
bedeutende Rolle zukommt. Die Diskussion hat dann schließlich 1997 in der
Aufnahme des Artikels 16 bei den EG-Verträgen von Amsterdam gemündet, mit
dem konstatiert wird, dass es Bereiche der nicht hoheitlichen
Leistungserstellung jenseits der marktwirtschaftlichen Steuerungssysteme gibt,
und dass diese Dienste für den sozialen und territorialen Zusammenhang von
großer Bedeutung sind. Die
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