Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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Zuschläge wieder zunichte macht.
Da gibt es natürlich Bereiche, wo auch wir der Auffassung
sind, dass sie an die öffentliche Verwaltung gebunden bleiben sollen. Ich kann
mir persönlich nicht vorstellen - Kollege GÜNTHER hat das auch schon gesagt -,
dass die Müllabfuhr privatisiert wird und jeder seine eigene Müllabfuhr hat.
Wenn man sich vorstellt, wohin das führt: höchstens zu einer erhöhten Umweltverschmutzung.
Ich bin auch nicht für eine Privatisierung von U-Bahnen,
was aber gleichzeitig auch wieder nicht heißen soll, dass die Wiener U-Bahn die
höchsten Baukosten in ganz Europa haben soll. Man muss trotzdem im Interesse
der Bürger sparsam wirtschaften.
Meine Damen und Herren! Es ist ein schwieriges Thema.
Aber man kann auch nicht einfach das hinnehmen, was Herr Landesrat Rieder in
seiner Aussendung am 10. Dezember gesagt hat, dass praktisch das Postulat,
dass die vollkommene Freiheit des Wettbewerbs bei Leistungen der
Daseinsvorsorge zu Nachteilen für den Konsumenten führen kann. Und er sagt:
Liberalisierung und Wettbewerb sind keine Garantien für Vorsorgesicherheit -
Ja. Es macht keinen Sinn, öffentliche Monopole durch private Monopole zu
ersetzen - Ja. Kein Zwang zur Zerschlagung funktionierender Einheiten - Ja. Das
sind alles No-na-Sachen. Aber ich glaube nicht, dass man deswegen die
Schlussfolgerung ziehen kann, dass am besten alles so bleibt, wie es ist, dass
möglichst alles verstaatlicht bleibt, möglichst alles - Herr Kollege Hufnagl
hat das j dankenswerterweise sehr offen gesagt - in den Händen der SPÖ. Ich
sehe schon ein: Keiner gibt gern Machtpositionen auf. Aber natürlich, die
vorhandenen negativen Beispiele, die gibt es. Die können kein Freibrief sein,
dass sich nichts ändert, was vielleicht veränderungswürdig ist. Dass erst gar
nicht diskutiert wird, nicht evaluiert oder gar verbessert. Schon gar nicht
sollte man daraus aber den Schluss ziehen, dass es, weil es eh so gut
funktioniert, vielleicht auch etwas teurer werden kann.
Ich habe mich bei der Rede des Herrn Landeshauptmanns,
bei der Mitteilung gefragt: Was will er uns damit konkret sagen und warum
gerade jetzt? - Es war eine ein bisschen unverbindliche, sehr staatstragende
Rede. Kollege Hufnagl hat es dann auf den Punkt gebracht durch seine
Huldigungsworte an den Herrn Landeshauptmann. Er hat ja gesagt - da kommt
wieder die alte Diktion heraus -: Bedrohungsszenarien, Liberalisierungslobbyisten
und in den Händen der SPÖ muss es Gott sei Dank bleiben. Da denke ich doch
daran, dass wir seinerzeit in die EU gegangen sind, ohne Wenn und Aber unter
Führung eines sozialistischen Bundeskanzlers. Und wenn ich jetzt von den
Bedrohungsszenarien in der EU höre, dann frage ich mich - aber nicht die FPÖ,
sondern jetzt geht es um eine Mitteilung des Herrn Landeshauptmanns -, was ich
mir darunter vorstellen soll. Ist vielleicht doch diese Mitteilung des Herrn
Landeshauptmanns sozusagen die Vorbereitung und Rechtfertigung für umfangreiche
Gebührenerhöhungen? - Wir haben schon gehört: Müll, WIENER LINIEN, Bäder,
vielleicht auch bald Wasser und Abfall.
Vor einem Jahr noch haben Sie die Bundesregierung
beschimpft - und auch heute noch beschimpfen Sie die Bundesregierung -:
Sozialabbau, das Volk muss bluten, hat man vollmundig gesagt, auf Kosten der
Ärmsten der Armen, Sozialdarwinismus. Aus dem Amt jagen wollte der Herr
Landeshauptmann die Regierung.
Und jetzt? - Jetzt kommen sozusagen die im europäischen
Kontext stehenden, die mit Daseinsvorsorge zu verbindenden, die guten, die
sachlich gerechtfertigten Gebührenerhöhungen der Wiener SPÖ. So kann es nicht
gehen, meine Damen und Herren! Dazu sagen wir ein klares Nein! (Beifall bei der FPÖ.)
Unklar ist mir persönlich der Spagat, den er jetzt
macht, der Herr Landeshauptmann, zwischen den einsetzenden Teuerungen in Wien
und dem von ihm erst jüngst postulierten USA-Weg. Ich halte den US-Weg für den
richtigen, hat er da gesagt. Meint er vielleicht die Steuersenkungen? - Ja,
Flat-Tax, da sind wir bei ihm. Aber der Weg der Teuerungswelle in Wien ist
sicher nicht der richtige dorthin. Meint er vielleicht das Sozialsystem?
Sozusagen als Einleitung für das Volksbegehren "Sozialstaat
Österreich"? - Das wird man auch noch im Detail diskutieren müssen, was
denn da die großen Vorbilder der USA sind bei den Obdachlosen, Pensionisten,
Armen, Kranken und so weiter. Wahrscheinlich meint er einen völlig neuen
wirtschaftspolitischen Weg, so eine Art planwirtschaftlichen Kapitalismus. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Das werden wir
dann noch in Ruhe und länger diskutieren können.
Zurück zur Daseinsvorsorge. Meine Damen und Herren!
Eine Liberalisierung der Dienstleistungen in vielen Bereichen - Ja. In manchen
sicher nicht. Aber bitte benützen Sie das nicht als Freibrief für
Fortschrittsverweigerung, für die Beibehaltung des Status quo ohne Wenn und
Aber. Oder gar für geplante Gebührenerhöhungen. Das wäre nicht der richtige
Weg. (Beifall bei der FPÖ.)
Der Applaus steht sich kaum mehr dafür für die zwei
Zeilen. Das ist nicht EU-konform. Das ist auch nicht das von der Europäischen
Kommission angestrebte: Hochwertige Leistung zu erschwinglichen Preisen. (Neuerlicher Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Römer:
Als Nächste ist Frau Abg Bayr zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Abg Petra Bayr
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Ich freue mich sehr, gerade jetzt auf der Galerie Leute
begrüßen zu können, die für die Daseinsvorsorge in Wien tagtäglich wirken, und
mag mich auch gleich dafür bedanken, dass sie im Sinne des Nahverkehrs von den
WIENER LINIEN eine sehr wichtige und sehr tolle Aufgabe für uns erledigen und
wir uns auf die WIENER LINIEN in Wien wirklich verlassen können. Danke sehr! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Daseinsvorsorge bildet eine sehr wichtige Säule im
europäischen Gesellschaftsmodell, in der europäischen Sozial-, Wirtschafts- und
Territorialpolitik. Dazu gehören vor allem Dienstleistungen, die der
Befriedigung
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