«  1  »

 

Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 99 von 100

 

nämlich dem Wirtschaftsplan 2025 der Wiener Unternehmung Wiener Gesundheitsverbund. Das ist ein Thema, das natürlich nicht nur für uns hier im Gemeinderat, sondern auch für die Wienerinnen und Wiener von besonderer Bedeutung ist. Denn es geht ja um nicht weniger als um die Gesundheitsversorgung in den städtischen Spitälern. Gesundheit ist für viele das Wichtigste, also das Wohl und Fundament für unsere Bürgerinnen und Bürger.

 

Ich darf erinnern: Vor fast einem Jahr, am 29. November vorigen Jahres, haben wir GRÜNEN einen Sondergemeinderat mit folgendem Titel verlangt: „SOS Wiener Gesundheitssystem: Fehlendes Personal, dauernde Überlastung, miese Arbeitsbedingungen in Wiens Spitälern. Totalversagen der Wiener Stadtregierung gefährdet die Gesundheit der Wienerinnen und Wiener.“ Diesen Sondergemeinderat haben wir natürlich nicht rein aus symbolischer Geste hier gesetzt, sondern weil es natürlich einen ganz dringenden Hilferuf gibt und gab, der die Missstände und Herausforderungen im Wiener Gesundheitssystem in den städtischen Spitälern aufgezeigt hat. Es ging uns damals und heute um die Menschenwürde der PatientInnen. Es ging uns damals und es geht uns auch heute darum, dass es eine garantierte, rasche und so gut wie mögliche - am besten natürlich die beste, aber das ist vielleicht nicht immer möglich - medizinische Versorgung und - ganz besonders wichtig - motivierende Arbeitsbedingungen gibt.

 

Wir alle wissen: Um unser Gesundheitssystem steht es nicht zum Allerbesten. Viele Reformen - notwendig in den vergangenen Jahrzehnten, muss man sagen - wurden eigentlich nicht getätigt. Die Pandemie hat hier noch einmal etwas draufgelegt. Die Initiativen des Gesundheitsministers Johannes Rauch für Reformen greifen natürlich noch nicht. Die sind noch viel zu jung. Trotzdem muss man immer schauen, was die Stadt Wien in ihrem eigenen Handlungsbereich, sprich, im Wiener Gesundheitsverbund, tatsächlich auch selber tun kann.

 

Mein Befund ist, dass sich an der Grundproblematik zumindest im letzten Jahr noch nicht sehr viel geändert hat. Wir haben im Gesundheitswesen nach wie vor Personalnot. Wir haben nach wie vor Pflegekräfte und ÄrztInnen - und die sind, wenn es um Gesundheit geht, einfach unsere SystemerhalterInnen -, die unter schwierigen Bedingungen arbeiten müssen, sodass Stress und Überlastung ein großes Thema sind. Wir erleben nach wie vor eine besorgniserregende Abwanderung vom öffentlichen System in die Privatmedizin. All das verschärft die Situation eigentlich. Ich sehe auch keine Erleichterung. Ich darf auch erinnern: Die Konsequenzen dieser ganzen Probleme sind einfach lange Wartezeiten auf Therapien, Untersuchungen und Operationen. Wir haben das schon öfter diskutiert: Das kann lebensbedrohlich werden beziehungsweise vielleicht sogar tödliche Folgen haben. Es ist also eine extrem schwierige Situation.

 

Die Zweiklassenmedizin habe ich schon angesprochen. Immer mehr ist die Kreditkarte und nicht die E-Card die Zahlungswährung bei der Ärztin und beim Arzt. Womit wir es auch zu tun haben, ist eigentlich der große Vertrauensverlust der Bevölkerung in eine starke öffentliche Gesundheitsleistung. Ich darf erinnern: Vor einem Jahr haben 37 Prozent gesagt, dass sie nur ein Genügend oder Nicht genügend für die Spitalsversorgung vergeben. Das ist ein wirklich katastrophaler Wert. Ich würde mir wünschen, dass er jetzt besser ist. Ich glaube es aber nicht. Wir haben da also Alarmzeichen, die wir vor einem Jahr ganz ernst genommen haben und die ich heute wieder in Erinnerung rufen möchte und muss.

 

Die große Frage ist also: Gab es oder gibt es strukturellere Formen, und wurde dieser Weckruf, dieser Hilferuf, ernst genommen? Wurde er gehört? Kollege Meidlinger hat das Personalpaket 1 ja verhandelt und sicher gewisse Spitzen oder Schmerzpunkte entlastet und Schmerzen genommen: die Verbesserung bei Wochenend- und Nachtdiensten. Ich sage heute nicht, dass das nur ein Placebo ist. Du (in Richtung GR Ing. Christian Meidlinger) hast dich letztens sehr darüber aufgeregt. (Heiterkeit bei der Rednerin.) Es nimmt sicher irgendwie einen gewissen Druck. Man muss aber trotzdem sagen: Es ist nach wie vor nur die Symptom- und nicht die Ursachenbekämpfung.

 

Das Personalpaket 2 wurde auch vor einem Jahr angekündigt. Noch ist es nicht da. Ich hoffe, es wird verhandelt. Bislang musste ich die Bilanz aber nach dem ziehen, was vorliegt, und es liegt noch nicht vor. Insofern hat sich die Schraube da also noch nicht wirklich weitergedreht. Das wäre dringend notwendig. (GR Ing. Christian Meidlinger: Erzähl die ganze Geschichte!)

 

Wir haben also nach wie vor große strukturelle Probleme. Ich glaube, das Personal leidet extrem unter dieser mangelnden Planbarkeit der Arbeitszeiten. Es leidet extrem unter dem schlechten Arbeitsklima, wenn Druck und Angst sozusagen die dominanten Steuerungsinstrumente in der Führung sind und Fehlerkultur so verstanden wird, dass man etwas unter den Teppich kehrt und es nicht wirklich aufarbeitet und verbessert.

 

In die Zukunft blickend sind die fehlenden Ausbildungsplätze einfach nach wie vor auch da. Was mir der Wirtschaftsbericht 2025 auch zeigt, ist, dass es nach wie vor - ich kann es jedenfalls nicht herauslesen - diesen politischen Willen zu echten Reformen gibt. Ich weiß nicht, ob das zwingend so notwendig ist - aber wir haben es mit extrem großen Ausgaben und Ausgabensteigerungen zu tun. Wir haben schon vorher bei der U-Bahn über Milliarden geredet. Um Ihnen eine Dimension zu geben: 5,9 Milliarden sind die Mittel, die im WIGEV umgewälzt werden. Das ist nicht das Geld, das die Stadt Wien da ausgeben muss, aber das nur, um Ihnen einfach zu zeigen, wie finanziell mächtig das Gesundheitssystem dasteht.

 

Ich traue mich schon zu sagen: Diese Mittel, die da drinstehen, werden nicht ausreichen. Es werden wieder nur 2,8 Prozent für Gehaltsanpassungskosten verrechnet. Die werden nicht halten. Wir haben das in diesem Jahr schon gesehen, es hat eine Nachdotation gebraucht, und es wird auch nächstes Jahr wieder eine Nachdotation geben. Die Kosten steigen, steigen, steigen, und es fehlen wirklich Ideen, wo und wie man strukturell sinnvoll einspa

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular