Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 100
Kann ich jetzt noch umziehen, oder kann ich nicht umziehen? Sie lassen die Leute einfach allein. Selbst ihr eigener Bezirksvorsteher, der von der SPÖ ist, hat keine diesbezüglichen Informationen.
Dazu kommt in Hernals auch der Abriss eines Gründerzeithauses. Da sieht man, wie wenig Rücksicht man auf die Anliegen der Bevölkerung nimmt. Das Haus liegt in einer Schutzzone. Das ist völlig wurscht. Es wird einfach abgerissen. Das erfährt man dann zwischen Tür und Angel. Die Leute haben mich beim Standl angeredet: Habt ihr schon gehört? Der Mieter muss raus, weil das Haus enteignet ist und abgerissen wird. Erst auf x-maliges Nachfragen - dann kommen eh die Zeitungen - liest man in der Zeitung: Ja, das Gründerzeithaus wird abgerissen. Das ist so und muss so sein. Ein Wiederaufbau ist nicht möglich. Das ist etwas, was wir bekritteln. Es gibt keine Strategie, keine Kontrolle und keine Rücksicht auf die Bewohner, die hier leben. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Liste der Versäumnisse ist lang: Keine ordnungsgemäßen Gespräche mit Anrainern, Unternehmen und Mietern. Das fordern wir ganz klar ein. Wir werden dem Antrag natürlich auch zustimmen. Wir haben solche Anträge auf regelmäßige Abhaltung von Informationsveranstaltungen schon x Mal in der Bezirksvertretung gestellt. Es legt jeder die Ohren an. Wahrscheinlich legt jeder deshalb die Ohren an, weil man nicht weiß, wie es wirklich weitergeht, und jetzt - wahrscheinlich mit einem Sicherheitspolster - elendslange Zeiträume wie drei Jahre kundtut. Das bringt aber null Planungssicherheit für Anrainer und Anrainerinnen, die letztendlich mit der Belastung eines solchen U-Bahn-Baus leben müssen.
Es gibt auch kein wirtschaftliches Konzept, wie sich die Bauarbeiten auf die ansässigen Betriebe und den Wirtschaftsstandort auswirken. Was machen Sie mit den Unternehmen? Welche Hilfestellungen gibt es für diese Unternehmen, die unmittelbar von dem U-Bahn-Bau betroffen sind und in diesem Gründerzeithaus ihre Mietobjekte haben? Die haben unbefristete Mietverträge und müssten hinaus.
Von einem habe ich gehört, der jetzt am Elterleinplatz einen Shop hat. Man hat ihm in der Seestadt Aspern etwas angeboten. Na, ganz super. Der wohnt ums Eck, hat sein Geschäft am Elterleinplatz, und gnädigerweise bekommt er etwas in der Seestadt Aspern. Um vom 17. Bezirk in die Seestadt Aspern zu fahren, braucht man eine Ewigkeit, weil genau diese Rundumverbindungen in Wien gar nicht funktionieren. Wir haben zwar die sternförmigen U-Bahn-Ausbauten, aber wenn man rund um Wien fahren will, ist das ganz schwierig.
Das ist Ihre Hilfestellung. Aus unserer Sicht fehlt eine langfristige Strategie, um die Kosten im Griff zu behalten und die Belastung für die Bevölkerung zu minimieren. Wir stehen für eine Politik, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, und für einen verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichen Geldern und hoffen, dass Sie das auch so sehen und die Anrainer besser und stärker in diese Planung einbeziehen und nicht nur den Finanzausschuss, sondern auch die Bevölkerung und insbesondere die betroffenen Bezirke regelmäßig informieren. - Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Pipal-Leixner. Ich erteile es ihr. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Mag. Angelika Pipal-Leixner, MBA (NEOS): Frau Vorsitzende! Sehr geehrte ZuhörerInnen im Saal und via Livestream! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte zunächst einmal mit einem Dank und einer Anerkennung für die kompetente U-Bahn-Fahrerin gestern bei dem Vorfall an der U1 sowie generell für alle Mitarbeiterinnen und insbesondere für die FahrerInnen der Wiener Linien anfangen, die uns fast immer vorfallsfrei und sicher durch die Stadt chauffieren. - Danke schön. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Ja, auch ich bin ungeduldig. Auch ich hätte gern, dass die U2 und die U5 schon fertig wären und wir mit den neuen Linien schon nach Hernals und auf den Wienerberg fahren könnten und dass die an der Oberfläche oft als sehr mühsam wahrgenommenen Bauarbeiten schon abgeschlossen wären. Ich will auch, dass es in Zukunft gelingt, nicht so viele Linien gleichzeitig sanieren zu müssen wie diesen Sommer und Herbst.
Um das erweiterte Netz aber genießen zu können, muss man zunächst eben auch einmal bauen. Das geht nur Schritt für Schritt bei den Menschen am Bau, Meter für Meter bei der Tunnelbaumaschine und Tür für Tür bei den neuen Stationseinrichtungen.
Vielleicht war es in der Vergangenheit teilweise ein bisschen ungeschickt, Fertigstellungstermine frühzeitig und schon in sehr frühen Planungsphasen zu kommunizieren, die dann schließlich leider nicht zu halten waren. Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, von vornherein mit belastbaren Zeitplänen an die Öffentlichkeit zu gehen. Wie immer ist auch hier Transparenz gefragt, und die Wienerinnen und Wiener sind stets aktuell und umfassend zu informieren. Mittlerweile wird die Öffentlichkeit von den Wiener Linien sehr transparent über Bauzeitpläne sowie über eventuelle Verzögerungen und deren Gründe informiert. Ich ersuche, das auch so beizubehalten.
Bei Großbauvorhaben kommen Verzögerungen und Budgetüberschreitungen sehr oft vor. Insbesondere bei technisch komplexen Tiefbauvorhaben wie einem U-Bahn-Ausbau mit zwölf neuen Stationen und elf zusätzlichen Kilometern kann einiges Unvorhergesehenes passieren. Heuer kam dazu auch noch ein tausendjährliches Hochwasser. Die Baustelle Pilgramgasse wurde dadurch stark beeinträchtigt, die Sohle des Wienflusses beschädigt und Spezialbaufahrzeuge und -maschinen zerstört.
Was zu den stärksten Kostensteigerungen geführt hat - das hat der Herr Stadtrat schon ausgeführt -, ist die hohe Inflation der letzten Jahre und damit einhergehend die Baukostensteigerungen, die wir in Jahrzehnten nicht erlebt haben. Diesbezüglich sind die Verantwortlichen bei den Wiener Linien und der Stadt natürlich gefordert, sich rechtzeitig um die anteilige Kostentragung durch den Bund zu kümmern.
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