Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 100
fertig ist. Ich bin überzeugt, nicht so oft wie Sie als Finanzstadtrat - manchmal ist es ein Glück, manchmal ein Unglück, wenn man nicht ganz so bekannt ist -, aber wir werden gefragt. Es ist im Interesse der Wiener Bevölkerung, dass wir darauf auch eine Antwort geben können. In diesem Sinne wird auch später der Antrag auf regelmäßige Information des Finanzausschusses eingebracht werden. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich möchte auch auf die finanzielle Entwicklung im Gesamtbereich zurückkommen. Die Wiener Linien sind inklusive U-Bahn-Bau eigentlich der drittgrößte Einzelposten des Wiener Budgets, mit einem explodierenden Betriebskostenzuschuss. Ich kann mich noch an die Diskussion erinnern, als es hieß, jetzt haben wir unter Rot-Grün das 365-EUR-Ticket eingeführt, die Wiener Linien brauchen viel mehr Geld. Dem war nicht so. 2011 betrug der Betriebskostenzuschuss 290 Millionen EUR, 2012 wurde dann die 365-EUR-Jahreskarte eingeführt und 2020 betrug der Betriebskostenzuschuss 342 Millionen EUR. In Summe, und dabei darf man nicht vergessen, wie stark Wien in dieser Zeit gewachsen ist, war das in 10 Jahren ein Anstieg um 31 Prozent. In den letzten 5 Jahren, glaubt man dem für 2025 budgetierten Betriebskostenzuschuss, steigt dieser alleine um 136 Prozent, von 342 Millionen EUR auf plötzlich 806 Millionen EUR.
Ohne irgendeine offene Erklärung, was das sein könnte und gleichzeitig noch für das heurige Jahr, wo 697 Millionen EUR budgetiert wurden, werden mir nichts, dir nichts 131 Millionen EUR für irgendetwas ganz anderes genommen. Was heißt das? Ist da bewusst falsch budgetiert worden? Das wäre wirklich empörend, denn Corona war vorbei, auch 2024 und auch die Stromerhöhungen, die Strompreisgeschichten waren vorbei. Selbst zum Zeitpunkt der Budgetierung hat man das schon gewusst. Da ist Aufklärung notwendig. Oder ist es, wie auch in der Anfrage nachgefragt, weil die beiden Bereiche gegenseitig deckungsfähig sind, letztendlich etwas, das Sie jetzt schon wissen, was Sie vielleicht für den U-Bahn-Bau als Investitionskostenzuschuss brauchen? - Ich bin auf die Antwort gespannt, wir werden es diesbezüglich relativ bald erfahren.
Vielleicht auch noch ein Punkt, der nicht in der Anfrage steht, den Sie aber vielleicht mitnehmen können: Es gab eine Ausschreibung für den U-Bahn-Bau, die seitens der Wiener Linien ganz bewusst aufgehoben wurde, weil die Kosten dafür als exorbitant hoch bezeichnet wurden, und man hat eine zweite Ausschreibung gemacht. War die zweite eigentlich günstiger, oder war es dann am Ende des Tages lediglich eine zeitliche Verzögerung?
Ich weiß, das steht jetzt nicht in der Anfrage, Sie müssen es nicht beantworten, aber vielleicht können Sie es einfach mitnehmen. Denn es ist doch interessant, auch für uns alle, ob eine weitere Ausschreibung etwas bringen könnte oder ob man sich für die Zukunft eher überlegen sollte, wie viele zentrale Tiefbauprojekte man gleichzeitig in einer Zeit macht, wo Höchstkonjunktur herrscht, als alle Menschen gesagt haben: Bitte macht nicht alles gleichzeitig, es treibt uns die Preise nur in die Höhe und wir wissen nicht mehr, ob wir überhaupt Leute bekommen und zu welchem Zeitpunkt.
Ich glaube, das ist überhaupt etwas, was wir als öffentliche Hand lernen sollten: Nicht in der Höchstkonjunktur alles gleichzeitig zu machen, weil uns das den Spielraum genau dann nimmt, wenn es wichtig wäre, die Wirtschaft wieder neu anzukurbeln, sondern das zeitlich ein bisschen zu dehnen, damit man insbesondere dann, wenn die Konjunktur nachlässt, als öffentliche Hand noch Bauaufträge vergeben kann.
Jetzt wird es schwieriger, das ist ja die Tragik. Wir alle reden davon, wie es ausschaut. Ich hoffe, es gibt dann im Laufe der Diskussion noch Zeit, darüber zu reden, auch auf Grund der Antworten. Ich gehe aber davon aus, dass wir Ende 2025 wahrscheinlich bei knapp 15 Milliarden EUR Schulden im Kernbereich der Stadt Wien stehen werden, und das bei einem Jahresbudget mit Einnahmen, wenn man alle Durchlaufposten herausrechnet, in der Größenordnung von knapp 13 Milliarden EUR.
Wir haben ja nicht, wie im Budget ausgewiesen, 18 Milliarden EUR Einnahmen. Wenn der Bund eine Milliarde für Lehrer zahlt und wir eine Milliarde ausgeben, dann kann man dort nicht sparen. Wir könnten weniger für Lehrer ausgeben, dann würden wir weniger kriegen. Und so gibt es auch ein paar andere Punkte, die Durchläufer sind. Das heißt, wir haben echt ungefähr 13 Milliarden EUR an Einnahmen und ein Budgetdefizit von 15 Milliarden EUR. Das ist schon die Größenordnung des Bundes, wie es momentan ausschaut. Das ist nicht etwas zum Freuen, das ist auf beiden Ebenen tragisch.
In Wirklichkeit ist die Situation jetzt, dass wir auf Bundesebene damit rechnen müssen, dass Belastungspakete, Einsparbudgets, et cetera kommen und nicht das passiert, was Wien eigentlich bräuchte, nämlich eine Neuverhandlung des Finanzausgleiches, wo für Wien mindestens 2 Milliarden EUR mehr herausschauen, das heißt, für Länder und Gemeinden insgesamt 10 Milliarden EUR. Das ist im Übrigen die Summe, die das KDZ und der Städtebund und viele andere seit vielen, vielen Jahren fordern.
Das ist jetzt keine neue Idee, die ich jetzt da gerade geboren habe. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Du musst auch sagen, wo man einsparen muss! - GR Mag. Dietbert Kowarik: Da seid ihr ein wenig spät dran!) Nein, das stimmt ja überhaupt nicht. Ich bin ja leider nicht Finanzausgleichsverhandlungspartner für die Städte. Wir haben für die Städte immer gefordert, dass es mehr Geld gibt.
Nichtsdestotrotz bleibt uns das nicht erspart, denn man muss schon dazusagen, wer die größten Kostentreiber in Wien sind. Wenn Sie über Einsparungen reden - das ist jetzt nur ein kleiner Exkurs -, niemand von Ihnen will in diesem Bereich sparen: Die größten Kosten sind im Bereich Gesundheit. Wir haben heute den WIGEV-Plan noch da und wir haben die schon beschlossenen zusätzlichen, ich glaube, knapp 700 Millionen EUR im Vergleich zum ursprünglichen Budget. Bei unseren eigenen Spitälern werden wir schwer einsparen können, und niemand von uns will in der Gesundheitsversorgung einsparen. Also brauchen wir für manche Bereiche tatsächlich mehr Geld.
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