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Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 100

 

diesem Zusammenhang möchte ich auf einen Antrag seitens der Volkspartei, der ebenfalls heute hier vorliegt, zu sprechen kommen. Wir hatten das letzte Woche schon zum Thema, und wir haben auch im Gemeinderatsausschuss darüber gesprochen. Es geht um die Denkmalpolitik in dieser Stadt. Konkret spreche ich den schriftlichen Antrag an, den ich im letzten Gemeinderat im Oktober zum sogenannten Sobieski-Denkmal eingebracht habe, das, wie von der Stadt Wien vor mittlerweile gut zehn Jahren geplant, auf dem Kahlenberg hätte errichtet werden sollen.

 

In der Vergangenheit gab es immer wieder die eine oder andere Stellungnahme, es gab schon Begutachtungen, man hat sich das angeschaut, es haben namhafte SPÖ-Politiker gesagt, ja, das setzen wir um. Es hat auch bilaterale Gespräche mit Polen gegeben, wo es eben um dieses Gedenken angesichts der Befreiung durch die Schlacht am Kahlenberg 1683 gegangen ist. Und ja, wir wollten tatsächlich einmal wissen, wie das die Frau Stadträtin sieht. In der Zwischenzeit war Corona, alles Mögliche hat hier als Ausrede gedient. Und ja, wir haben eine Antwort erhalten, die auch entsprechend umfassend und erläuternd war, nichtsdestotrotz durchaus für Unverständnis gesorgt hat, nicht nur unsererseits für Unverständnis gesorgt hat, sondern durchaus bei Historikern in Wien, in Österreich, generell im deutschsprachigen Raum. Darauf werde ich aber dann noch später zu sprechen kommen.

 

Ich darf vielleicht drei Aspekte aus der Antwort zu unserem schriftlichen Antrag seitens der Frau Stadträtin herausgreifen. Die Frau Stadträtin sagt einerseits, da gibt es bereits ausreichend Gedenken dafür. Da werden Kirchen erwähnt, wo es sozusagen Erinnerungstafeln gibt, die sogenannten Türkenkugeln, die damals Kanonenkugeln waren und vorwiegend auf Kirchen zu finden sind. Und ja, die werden jetzt dafür genannt, dass es bereits ausreichend Gedenken geben soll. Dann wird auch das sogenannte Schwechater Kugelkreuz angeführt. Das finde ich besonders interessant, weil das nicht einmal auf Gemeindegebiet der Stadt Wien ist.

 

Dann führt die Frau Stadträtin aus, dass man kein heroisierendes Denkmal in Wien haben möchte, weil man dann mit Aufmärschen aus der sogenannten rechtsextremen Szene rechnen muss - was auch immer die Frau Stadträtin damit meint. Ich habe mir dann erlaubt, nachzufragen, wie viele Aufmärsche, Sammelpunkte, Pilgerorte, wenn man so will, seitens dieser Szene, die befürchtet wird, es in Wien bis dato gibt oder dokumentiert sind. Rückmeldung habe ich zu dieser Frage keine erhalten und gewissermaßen ist es auch nur ein Scheinargument. Denn, wenn dem tatsächlich so wäre, das Prinz-Eugen-Denkmal steht mitten am Heldenplatz und wäre, wenn man einen Kontext zu dieser Zeit herstellen möchte, eigentlich das prädestinierte für solche Aufmärsche, wie Sie es bezeichnen. Mir sind keine bekannt, meine sehr geehrten Damen und Herren, insofern halte ich das auch nur für ein Scheinargument.

 

Und ja, offensichtlich hat diesen Antrag - genau, die Frau Berner freut sich - die Frau Stadträtin selbst oder das Büro der Frau Stadträtin von einem Antrag der GRÜNEN abgeschrieben, weil man vielleicht etwas zum Füllen der Antwort gebraucht hat. Und dann wird auch noch angeführt, dass man auf entsprechende Bevölkerungsgruppen in Wien Rücksicht nehmen muss und keine ausländerfeindliche Hetze in dieser Stadt haben möchte. Ich habe Ihnen das auch im Ausschuss erläutert, wie viele von Ihnen wissen, bin ich Favoritner Mandatar: Im 10. Bezirk trifft man nicht wenige Menschen mit türkischen Wurzeln, viele davon schon österreichische Staatsbürger, manche nicht, aber ich kann Ihnen ganz offen sagen, die sehen das ziemlich neutral, objektiv und sachlich als ein Ereignis im Jahr 1683, also vor mittlerweile bald 350 Jahren. Ich kann Sie beruhigen, das lässt die Wogen nicht mehr hochgehen, das ist ein historisches Faktum, und da ist Ihre Furcht, meine sehr geehrten Damen und Herren, und insbesondere Frau Stadträtin, mit Sicherheit vollkommen unbegründet.

 

Ja, dann kommt als Argument, wieso es noch nicht errichtet werden kann, irgendwelche Meinungswechsel in der Denkmalpolitik, und so weiter, und so fort, Corona hatten wir schon. Tatsache ist, wir sind in unserem Bestreben, dieses Denkmal umzusetzen, nicht alleine. Und all die Vorwände, die Sie so geliefert haben … Sie haben ja dann offensichtlich Ihre schriftliche Antwort auch dem „Standard“ weitergeleitet, denn von uns ist es nicht gekommen - also so viel zur Befürchtung, man muss immer alles ganz geheim halten, denn sonst spielt es die Opposition raus -, alles, was irgendwie aus dem Kulturbereich rauskommt, ist in der Regel aus dem Stadtratsbüro. Und ja, der „Standard“ hat das natürlich so hingenommen und, Gott sei Dank, jetzt ist dieses Thema endlich beendet. Ich kann Sie aber insofern beruhigen, das sehen insbesondere viele Historiker nicht so. Da gibt es dann diverse Gastkommentare, auch von Historikern, wo geschrieben wird, dass bei dieser Argumentation wenig Ahnung, aber viel mehr Meinung mitgespielt hat. Und ich darf Ihnen da auch einen Gastkommentar aus dem „Kurier“ vom durchaus anerkannten Historiker Johannes Schönner mitgeben. Der steht nicht in Verdacht, ein Freiheitlicher zu sein, das möchte ich an dieser Stelle auch ganz offen sagen, und der schreibt ein paar sehr interessante Dinge: „Offensichtlich waren bei der Entscheidungsfindung von Kulturstadträtin Kaup-Hasler zu viele Politstrategen im Raum und zu wenig wirkliche Historiker.“ Weiters schreibt er ein paar interessante Punkte, auch was ich insbesondere in der letzten Sitzung hier zum Besten gegeben habe: „Wobei die historische Unkenntnis ja nahezu als gering anzusehen ist im Vergleich zur Selbstverleugnung gegenüber der eigenen Herkunft. Ohne Sobieski und den Sieg der Alliierten am Kahlenberg gäbe es keine demokratischen Parteien und somit auch keine SPÖ, höchstens dem gegenwärtigen Sultan hörige Vasallenparteien. Ist der Stadträtin bewusst, dass nicht nur die österreichische Geschichte anders verlaufen wäre, sondern jene von ganz Europa?“ Und der durchaus aussagekräftigste Satz findet sich dann zum Schluss des Kommentars: „Der ganze Entscheidungsprozess und erst recht die beigelieferte Argumentation erinnert an die DDR-Erinnerungskultur, als das

 

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