Gemeinderat, 60. Sitzung vom 20.11.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 100
ben und wo diese vielgerühmte gläserne Decke verhindert, dass Frauen vorankommen! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dann das Thema Arbeitszeitverkürzung, ein Urthema der Sozialdemokratie: In Wien haben wir den Standard der 40-Stunden-Woche. Den gibt es ja sonst eigentlich fast kaum mehr. Wir haben es schon oft gefordert: Gerade im Pflegebereich wäre es so wichtig und so dringend notwendig, dass man endlich mit einem Pilotprojekt zur Arbeitszeitverkürzung ansetzen würde. Eine Arbeitszeitverkürzung auf dieser strukturellen Ebene bedeutet natürlich, dass es einen finanziell gesicherten Ausgleich gibt, dass die finanzielle Situation verbessert wird und sich natürlich das ganze Thema der Frauenarmut in der Pension reduziert, und so weiter. Das wäre so ein wichtiger Schritt.
Er ist nämlich auch deswegen so wichtig, weil die Teilzeit ja im Grund oft keine freiwillige ist. Es heißt zwar immer, Work-Life-Balance und dass die Jungen nicht wollen, aber letztendlich hängt es wirklich an strukturellen Problematiken, warum das so schlecht geht. Teilzeit ist eine individuelle Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich, sondern durch Lohnverzicht. Da könnte die Stadt Wien tatsächlich voranschreiten. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Der dritte Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der Bereich der Einkommenstransparenz. Die Stadt Wien legt einen eigenen Einkommenstransparenzbericht vor. Der weist einen Einkommens-Gap aus, der kontinuierlich und seit vielen Jahren unverändert bei rund 10 Prozent liegt. Eigentlich dürfte es diesen Gap gar nicht geben, aber er ist da. Ich frage mich, warum nicht mehr getan wird, damit dieser Gap kleiner wird. Denn wir sehen auch, dass er insgesamt kleiner wird. Nur im Magistrat ist er scheinbar einzementiert.
Jetzt gibt es ein wunderbares Instrument, nämlich die EU-Transparenzrichtlinie. Die wird zwar erst 2023 wirklich schlagend, aber was hindert die Stadt Wien, da schon voranzugehen und tatsächlich zu schauen, was wir aus dieser Vorgabe für uns herausnehmen können? Ich nenne einmal einige Punkte.
Die Beweislastumkehr wird kommen, also könnte man da schon etwas tun, auch die Einbindung der Personalvertretung, wenn der Gendergap größer als 5 Prozent ist. Das ist so in Wien, also könnte man auch da schon ganz konkrete Maßnahmen setzen und wirklich mehr Transparenz schaffen, wenn es darum geht, was wirklich das Kriterium ist, um eine Laufbahn zu fördern. Das dürfte ziemlich intransparent sein, denn es sind genau solche Punkte, die ja im Bericht zu lesen sind, warum es offenbar zur Diskriminierung kommt. Denn es ist völlig unklar, wer wie aufsteigt und welche Arbeit dann doch einen Zuschlag bekommt und welche nicht. Das sind also drei Beispiele, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch die Wien noch ganz viel tun kann.
Noch einmal zurück zum Thema Gewalt: Gewalt macht krank, das wissen Sie - psychisch krank, körperlich krank. Gewaltprävention ist wirklich Gesundheitsprävention. Wir haben vor Kurzem eine 25-Jahr-Feier des Wiener Programms für Frauengesundheit gehabt. Das war auch ein ganz tolles und originelles Fest.
Beate Wimmer-Puchinger, die Gründerin des Programms, hat vielleicht ein bisschen im Scherz, aber doch etwas sehr Anregendes gesagt. Sie hat gemeint, es wäre doch toll, wenn sich das Budget für das Frauenprogramm verzehnfachen würde. Ich denke mir, wenn man einmal ein bisschen groß denkt: Was wäre alles möglich mit einem größeren Budget? Wir haben so viel zu tun: Gendermedizin, Menstruationsgesundheit, die psychische Gesundheit von Frauen, auch der Opferschutz in den Spitälern braucht mehr Unterstützung. Also einmal ein bisschen größer und nicht nur im Kleinprojektetopf zu denken, wäre, glaube ich, wirklich, wirklich wichtig.
Der gesellschaftliche Kontext, in dem wir das diskutieren, und die zeitgenössischen Beobachtungen, die von meinen Vorrederinnen hier an dieser Stelle auch schon getroffen worden sind, sind wirklich alarmierend. Die Frauenrechte werden weltweit attackiert. Die toxische Männlichkeit und diese antifeministische Menosphere-Bewegung breiten sich im Netz aus. Das ist einfach unpackbar. Wir erleben auch den Wiederaufstieg des Nationalismus. Ich glaube, das muss man wirklich alles zusammenzählen und zusammendenken.
Jedenfalls scheinen die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte für uns Frauen wirklich massiv bedroht. Gewalt gegen Frauen wird salonfähig gemacht. Mit Trump, Putin und wie sie alle heißen wird Frauenfeindlichkeit institutionalisiert. Das macht es dann noch einmal schwieriger, dagegen anzukämpfen. Wie Martina Ludwig gesagt hat - es ist ja eigentlich unpackbar: Diese Menschen wurden ja gewählt. Das ist ja kein Einzelphänomen, sondern es ist gesellschaftlich schon sehr verankert. Es sind diese Ressentiments, es ist diese alte Männlichkeit, die hier wieder antritt und glaubt, sich über Frauen und Frauenrechte stellen zu dürfen.
Das werden wir nicht zulassen, aber es wird hart werden. Das sehen wir nämlich jetzt schon. Jedenfalls lassen wir uns die Frauenrechte, die Selbstbestimmungsrechte über den Körper und das Recht auf Gleichstellung sicher nicht nehmen. (Beifall bei den GRÜNEN und von GRin Martina Ludwig-Faymann.)
Ich möchte noch ein paar Worte zum Equal Pay Day sagen. Der ist in Wien - auch das wurde schon gesagt - am 22. November, also schon ganz bald. Damit ist Wien das letzte Bundesland in Österreich, wo die Einkommensschere ... Ich fange noch einmal an. (Heiterkeit bei der Rednerin und GRin Martina Ludwig-Faymann.) Damit ist Wien in dieser Reihe das letzte Bundesland. Das ist in dem Fall gut, weil das sozusagen am nächsten zu Silvester ist.
Trotzdem arbeiten Frauen in Wien statistisch gesehen 40 Tage lang umsonst, also gratis. Das ist immer noch viel, viel zu lang. Das heißt, all diese Maßnahmen, die wir hier schon aufgezählt haben, könnten wirklich genützt werden. Ich glaube und hoffe auch, dass da noch mehr passiert. Denn die ökonomische Eigenständigkeit und die ökonomische Existenzsicherung auf einem guten Level zu haben, ist einfach für viele, viele andere Aspekte so wichtig, dass wir dem gar nicht genug Aufmerksamkeit schenken können. Wie gesagt, vermisse ich in der Frauenpolitik
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