Gemeinderat, 58. Sitzung vom 25.09.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 132 von 135
Sie haben im Juni einen Antrag eingebracht, jetzt sind Sie wieder dagegen, aber das haben wir letztes Mal schon besprochen und wurde mir nicht aufgeklärt, wenn Sie sich dann aber immer wieder auf diesen „catchy“ Sager beziehen mit dem Gewand weitergeben - schauen wir uns an, wovon wir sprechen, wenn wir von Kinderarmut sprechen und wenn es um das Gewandweitergeben geht. Da reden wir nicht davon, dass wir das Gewand meiner Tochter, das sie zwei Mal angehabt hat und das ihr jetzt nicht mehr passt, weitergeben an jemand anderen. Es geht darum, dass es Menschen gibt, die darauf angewiesen sind und die darauf hoffen müssen, dass vielleicht irgendwer im Umfeld etwas weitergibt oder irgendwo in irgendeinem Secondhandshop, jetzt, wo der Winter kommt, eine Jacke zu finden ist, die die richtige Größe hat. Das ist Armut, und das ist Kinderarmut. Da reden wir nicht von einem Fahrrad oder von einem Tennisschläger, was Sie, Herr Nepp, als Beispiel gebracht haben. Uns werfen Sie immer vor, realitätsfern zu sein. Da kann ich Ihnen nur einmal einen Spiegel vorhalten. (Beifall bei der SPÖ.)
Der Herr Mahrer hat uns vorher gefragt: Wofür wollen Sie Verantwortung tragen als Sozialdemokratie? Ich sage Ihnen, wofür wir ganz sicher nicht Verantwortung tragen wollen, nämlich dafür, was Ihre Vorschläge sind. Wir werden nicht Verantwortung dafür tragen, dass man auch nur irgendeinem Kind in unserer Stadt Geld wegnimmt, wenn man Ihre Vorschläge umsetzt und gerade bei den Kindern kürzt. Dafür tragen wir sicherlich keine Verantwortung. Sozialabbau gibt es nicht mit der Sozialdemokratie. (Beifall bei der SPÖ.)
Zwei letzte Punkte noch: Ich habe das beim letzten Mal schon gesagt. Wir verhandeln die Mindestsicherung immer, wie wenn die in einem komplett luftleeren Raum wäre und wir überhaupt nicht darüber sprechen müssten, was sich sonst politisch so tut. Ich habe diesmal ein paar andere Beispiel mitgebracht aus der Performance der Wirtschaftspartei ÖVP. Sie haben es nämlich in den letzten Jahren geschafft, dass die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Bilanz verheerend ist. Der Wohlstand ist gesunken. Wir haben das schlechteste Wirtschaftswachstum, der Standort Österreich ist geschwächt. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Armutsbetroffenheit steigt, Inflation und Teuerung steigen. Sie bezeichnen sich als die Wirtschaftspartei. Was wir erlebt haben - meine Kollegin Julia Herr aus dem Nationalrat hat das einmal herausgearbeitet -, ist, dass Sie einen wirtschaftsbezogenen Gipfel nach dem anderen gemacht haben: den Energiegipfel, den Energiepreisgipfel, den Jobgipfel, den Gasinfrastrukturgipfel, den Autogipfel, den Wasserstoffgipfel, Lebensmittelgipfel, Mikrochipgipfel, Digitalisierungsgipfel, Standortgipfel und noch einen Autogipfel. Wahre Gipfelstürmer sind Sie, aber trotzdem ist es bergab gegangen mit diesem Land! (Beifall bei der SPÖ.)
Eine Randbemerkung noch, an die FPÖ adressiert, aber auch an die ÖVP. Ich finde es mutig, wenn Sie sich hier hinstellen und das Gesundheitssystem kritisieren. Das verlangt schon sehr viel Mut ab, wenn man eine Patientenmilliarde versprochen hat - ein Marketing-Gag, der im Endeffekt nichts gebracht hat außer höhere Kosten. Mutig, kann man machen, wenn Sie das wollen, sollen Sie das machen.
Wir werden natürlich diesem Misstrauensantrag nicht zustimmen, und ich möchte mit einem weiteren Zitat von unserem Herrn Stadtrat enden: „Eine moderne Sozialpolitik bedeutet zwei Dinge: Menschen rasch und unkompliziert zu helfen, wenn sie in Not geraten und Menschen schnellstmöglich ins Erwerbsleben zu bringen.“ Herr Kollege Wölbitsch, Sie haben gesagt, Solidarität ist keine Einbahnstraße, alle sollen ihren Beitrag leisten. Vielleicht treffen wir uns dann doch auch noch bei den Vermögens- und Erbschaftssteuern. Wir werden sehen. Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Hungerländer, und ich erteile es ihr. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): (Zwischenruf) Es gab einen Zwischenruf. Ich habe noch kein einziges Wort gesagt. Ich habe es leider nicht gehört, es war aber sicher ein wertvoller Beitrag.
Geschätzte Damen und Herren, ich gehe jetzt auf einige Punkte der Vorredner ein. Kollegin Hanke, Sie haben leider die Aussage des Herrn Stadtrat mit dem Mittelalter nicht ganz korrekt wiedergegeben. Ich habe sie wortwörtlich da: „Ich halte es für einen unerträglichen Zynismus, dass die spätgeborenen das abgetragene Gewand von den älteren Geschwistern tragen sollen, das ist Mittelalter.“ Das war keine Armutsdefinition, da war nicht die Frage, wer nach einer Winterjacke sucht. Da geht es darum, dass Gewand weitergegeben wird, und es zeigt das Selbstverständnis des Herrn Stadtrat, nämlich dass er völlig abgehoben ist, völlig fern der Realität. (Beifall bei der ÖVP.)
Unser Klubobmann, Frau Kollegin Hanke, hat eine sehr interessante Frage gestellt, und ich habe bis jetzt keine Antwort gehört. Er hat nämlich gefragt, welche Arbeitsanreize man setzt, wenn jemand ein Haushaltseinkommen von 4.000 EUR netto hat auf Grund von Transferleistungen. Wie viel müsste der brutto verdienen, damit er netto auf das Gleiche kommt, wenn er arbeiten geht? Haben Sie nicht beantwortet. Das ist aber eine äußerst relevante Frage, weil wir genau da ansetzen müssen. Sie sagen, Sie wollen Arbeitsanreize setzen. Welchen Arbeitsanreiz setzen Sie für jemanden, der 4.000 EUR netto als Haushaltseinkommen aus Transferleistungen bekommt? Sie sind leider eine Antwort schuldig geblieben. (Beifall bei der ÖVP.)
Sie loben Kürzungen der Mindestsicherung und Sanktionen. Ich sage Ihnen, die gesetzliche Grundlage dafür hat die Volkspartei geschaffen, nämlich mit dem Integrationsgesetz 2017. Da haben wir zum ersten Mal festgelegt, dass Integrationsleistungen verpflichtend erbracht werden müssen. Das war ja für Wien lange Zeit völlig ausgeschlossen, dass jemand zur Integration verpflichtet werden muss! Aber wir haben die gesetzliche Grundlage dafür gemacht, auf deren Basis Sie jetzt hier stehen und sagen: Wir führen Kürzungen durch. Bitte vergessen Sie das nicht, Frau Kollegin. (Beifall bei der ÖVP.)
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