Gemeinderat, 58. Sitzung vom 25.09.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 121 von 135
wir vier Tage vor einer sehr entscheidenden Nationalratswahl stehen. Ich denke, das ist auch der wahre Grund, warum ÖVP und FPÖ heute diesen Misstrauensantrag gegen den Wiener Sozialstadtrat eingebracht haben. (Zwischenruf.) Natürlich ist das Ihr demokratisches Recht. Das ist überhaupt keine Frage. Klar ist jedoch auch, dass ein Misstrauensvotum das schärfste Mittel der politischen Kontrolle ist. Ich finde daher, dass man damit auch sehr verantwortungsvoll umgehen sollte.
Ich weiß, für einen Misstrauensantrag bedarf es keiner besonderen Begründung oder einer rechtlichen Verfehlung eines entsprechenden Regierungsmitglieds. Wenn man aber vier Tage vor einer Nationalratswahl diesen Misstrauensantrag einbringt, weil einem schlichtweg die Politik und eventuell der Umgangsstil des Stadtrates nicht gefällt - das ist nämlich im Wesentlichen das, was ich Ihrer Begründung entnehme -, dann dürfen Sie sich natürlich auch nicht wundern, sehr geehrte Damen und Herren, wenn das viele als Wahlkampfgetöse einordnen werden. Selbstverständlich werden wir den Misstrauensantrag deshalb auch ablehnen. (Beifall bei den NEOS.)
Kommen wir aber auch noch ganz kurz zu dem Thema, das in Ihrer Begründung am prominentesten ausgeführt wurde und das ich als Sozialsprecher meiner Fraktion natürlich auch ganz kurz aufgreifen möchte. Das ist der Fall dieser 9-köpfigen Familie aus Syrien, die 4.600 EUR an Mindestsicherung bezieht. Ich gebe zu: Als ich diese Zahl das erste Mal gelesen habe, war ich durchaus auch mehr als überrascht. Ich kann daher absolut nachvollziehen, wenn Menschen sich darüber ärgern, wenn der Eindruck entsteht, dass in Österreich zwischen dem, was viele an Erwerbseinkommen erzielen können, und dem, was man an Sozialleistungen erhalten kann, eine Schieflage besteht. Daher braucht es in Österreich natürlich auch in diesem Bereich ganz dringend Reformen, die diese Schieflage wieder ins Lot bringen.
Einerseits ist es dazu ganz dringend notwendig, dass wir eine Steuerreform in Österreich hinbekommen, sodass den arbeitenden Menschen auch wieder mehr netto vom Brutto bleibt. Denn das macht klar, dass sich Arbeit auszahlt und man sich mit seiner Leistung hier in diesem Land wieder etwas aufbauen kann. Wir haben hier einen klaren Plan vorgelegt, wie man arbeitenden Menschen am Ende des Monats 10 Prozent mehr netto ausbezahlen könnte. Wer das gut findet, kann am Sonntag auch NEOS wählen. (Beifall bei den NEOS.)
Auf der anderen Seite ist aber auch klar, dass wir eine Reform des österreichischen Sozialsystems brauchen, um die Treffsicherheit der Unterstützungsleistungen sicherzustellen. Dazu braucht es zuallererst ein Österreich-weit einheitliches System der Sozialhilfe. Das ist Aufgabe der Bundesebene. Dass uns Türkis-Blau mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz einen sozialpolitischen Fleckerlteppich hinterlassen hat, habe ich im letzten Sonderlandtag bereits festgestellt. Auch welcher Reformen es jetzt bedarf, um endlich ein Österreich-weit einheitliches, transparentes und treffsicheres Sozialsystem zu schaffen, habe ich dargelegt. Ich werde das daher heute auch angesichts der fortgeschrittenen Stunde nicht noch einmal im Detail ausführen.
Klar ist, wir brauchen diese Reformen. Es wird Aufgabe der nächsten Bundesregierung sein, dies anzupacken. Wir NEOS haben unsere Vorschläge dazu seit vielen Jahren auf den Tisch gelegt. Ich denke daher, es wird nach dem 29. September auch uns als Reformkraft benötigen, um diese Reformen in Österreich endlich anzugehen und unser Land wieder nach vorn zu bringen. - Herzlichen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Ellensohn. Ich erteile es ihm. Bitte.
GR David Ellensohn (GRÜNE): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Was uns jetzt zuerst aufgefallen ist: Der Antragsteller oder Begründer kommt heraus. Das Erste ist nicht die Kritik am Stadtrat, sondern zuerst wird einmal denen eine aufgelegt, die gemeinsam den Antrag einbringen. (Beifall bei den GRÜNEN. - Zwischenruf.) Das ist jetzt nicht als Verhöhnung der ÖVP gedacht, sondern bei der Untersuchungskommission hat die Zusammenarbeit ja exzellent geklappt. Das heute ist ja ein Ding. Wenn ich mir dann vorstelle, dass es Leute gibt, die freiwillig mit Ihnen im Bund eine Regierung zusammenstellen wollen, ist das unvorstellbar. (Heiterkeit beim Redner.) Die papierln die ÖVP Länge mal Breite. Das wird auch nie anders sein. Es hat ja auch noch nie eine Regierung gehalten. Nur ganz kurz hat eine gehalten, von 1983 bis 1986. Das waren andere Gründe: Haider/Vranitzky. 2000 bis 2002: fertig, zerlegt, zwei Parteien. Letztes Mal war es Ibiza. Dann gibt es immer noch Leute, die Interviews geben und sagen: Ich würde gern mit denen zusammenarbeiten. Also, das ist ein Masochismus, das verstehe ich nicht, aber jedem Tierchen sein Pläsierchen. (Beifall und Heiterkeit.)
Zum Misstrauensantrag: Den Antrag gäbe es nicht, wenn am Sonntag keine Wahlen wären. Ich glaube, da sind sich alle einig, aber sei es, wie es sei. Man darf entsprechende Anträge auch stellen, wenn Wahlen sind. Jetzt werde ich nicht alles schönreden, was da drinnensteht, weil auch wir - meine Kollegin Barbara Huemer und ich - zwischendurch kritisieren, was, wie wir glauben, in den Spitälern nicht gut läuft und wo man mehr machen sollte: Dass Fachärztemangel besteht, wenn Leute Termine suchen und merken, dass es über die Jahre halt ein bisschen schlechter geworden ist.
Ich greife auch noch den Punkt mit den Verzögerungen bei den Antworten auf. Da will ich wirklich darum bitten, das ernst zu nehmen. Herr StR Hacker ist nun einmal der, der am längsten braucht, bis die Antworten fertig sind, nämlich im Durchschnitt wesentlich länger. Bei der Länge der Beantwortungen hat Peter Hacker, glaube ich, die Rekorde auf den Plätzen - ich weiß nicht - eins, zwei, drei, vier und fünf. Es wäre schon günstig, wenn man einhalten könnte, dass man das schneller macht, denn das ist ein Angriff, den man, glaube ich, nicht braucht. Inhaltliche Auseinandersetzungen wird es immer geben, aber das wäre, glaube ich, besser zu machen. Was haben wir da? Im Durchschnitt wurden in 67 Prozent der Fälle die 2-Monats-Fristen nicht eingehalten. Ich glaube, das Vorzeigeressort in dem Fall ist, glaube ich, bei Herrn Wiederkehr, der am schnellsten oder fast immer innerhalb der Zeit antwortet.
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