Gemeinderat, 58. Sitzung vom 25.09.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 98 von 135
Weil sie ob der unterschiedlichen Kulturen, ob des unterschiedlichen Anspruchs, immer weitere Gebiete zu erobern, oft genug nicht halten.
Ich will mich da aber gar nicht so ewig lang verbreitern, weil das eine ganz spannende historische Auseinandersetzung wäre, und da gibt es viele Leute, die kennen sich viel besser aus als ich. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Das glaube ich auch!) Ich glaube nur, dass es in einer heutigen Zeit nicht darum geht, eine Schlacht vor - sagen wir, 1683, also knappe, jetzt muss ich nachrechnen - grob 350 Jahren (GR Mag. Manfred Juraczka: Schon lang her!) zu instrumentalisieren, um heute Christentum gegen Islam in einer Art und Weise aufzuzeigen, wo ich glaube, wenn wir ein Miteinander suchen, dann kann das so nicht funktionieren.
Wir haben ohnehin genug Probleme. Wir haben genug Probleme, oder ich sage einmal dazu, der Islam hat genug Probleme, den Islam vom politischen Islam zu unterscheiden. Irgendwann einmal würde ich mir von all jenen Vertretern des Islams viel, viel stärker erwarten, ganz massiv gegen den politischen Islam Stellung zu nehmen. (Beifall bei GRÜNEN und ÖVP.) Denn überall dort, wo der Islam nicht mehr Religion, sondern Ideologie wird, müssen wir tatsächlich gegen diese Ideologie ganz massiv auftreten.
Als Religionsgemeinschaft habe ich weniger Probleme, denn da bin ich auch als Atheist bereit, jeder soll seine Religion leben. Das ist nicht mein Problem. Wenn man aber glaubt, einen Anspruch zu haben, ideologisch und auch politisch die Vorherrschaft übernehmen zu wollen, ist das etwas, was wir in einer aufgeklärten Gesellschaft alle miteinander bekämpfen müssen. Dabei hilft aber ein Denkmal nicht, das immer nur die Gegensätze in den Vordergrund stellt und nicht das Gemeinsame. Ich glaube, wir werden es schaffen. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Mag. Manfred Juraczka: Wie wollen Sie das bekämpfen?) Manfred, ganz kurz, ich würde jetzt gerne darauf antworten, ich glaube nur, dass das eine ganz andere Diskussion ist. Ich verspreche, ich setze mich gerne mit dir auseinander. (GR Mag. Manfred Juraczka: Wir müssen diese Diskussion aber führen …) Ja, aber es ist nicht die Diskussion bei Sobieski und es ist nicht die Diskussion bei Kultur, sondern es ist eine Diskussion, die wir alle miteinander führen müssen, da gebe ich dir recht.
Es ist eine Diskussion, wo auch wir als GRÜNE momentan dabei sind, alle möglichen Ansätze, die wir bisher gehabt haben, immer wieder zu hinterfragen, wo es nicht darum geht, Menschenrechte in Frage zu stellen, wo es nicht darum geht, Menschen abzukanzeln, aber wo es tatsächlich darum geht, dass wir unsere Form der freien Demokratie weiterleben können. Das ist etwas, wo es keine einfachen Antworten gibt, denn gäbe es einfache Antworten, dann wüssten wir sie und hätten wir sie schon längst gefunden und würden uns auch nicht antreiben lassen, um irgendwie wirklich intelligente Lösungen zu finden. Wir werden sie finden, denn es bleibt uns nichts anderes übrig. Das glaube ich tatsächlich, und das führt mich zum zweiten Antrag, zum ausgewogenen Umgang mit dem historischen Erbe Wiens.
Ich unterstelle diesem Antrag überhaupt nichts Böses. Ich glaube, dass wir tatsächlich gemeinsam danach suchen müssen, aber ich erlaube mir eine Anmerkung: Der ausgewogene Umgang mit dem historischen Erbe findet nur in Demokratien statt. In jeder Diktatur ist das Erste, was passiert, Denkmäler zu stürzen, Plätze umzubenennen, und da ist es ganz egal, ob es russische, kommunistische Diktatur, Stalinismus oder Hitlerdeutschland ist.
Das führt mich zum zweiten Punkt. Ich glaube, dass es Grenzen geben muss in der Diskussion der Außerfragestellung. Dort, wo vollkommen klar ist, dass es sich um Diktatoren, um Menschenrechtsverbrechen im welchen Sinne auch immer handelt, will ich nicht darüber diskutieren, ob wir ein Hitlerdenkmal entfernen müssen. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Che Guevara!) Nein, noch einmal, das ist die Frage der Außerfragestellung. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Das ist die linke Eingeschränktheit …) Was, es ist die linke Eingeschränktheit, wenn man sagt, man will über die Entfernung von Hitlerdenkmälern nicht diskutieren? Das ist es, was Sie jetzt gesagt haben. (Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und ÖVP.) Ich habe Stalin genauso genannt, ich nenne Pol Pot (GRin Mag. Caroline Hungerländer: Karl Marx war auch …) Okay, dann reden wir über Karl Marx. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP. - GRin Martina Ludwig-Faymann: Nein!)
Nein, passt, liebe Caro, danke für das Stichwort. (Zwischenrufe bei ÖVP, FPÖ und SPÖ. - GRin Mag. Heidemarie Sequenz: Das nächste Mal! - StR Peter Kraus, BSc: Martin!) Ich mache es kurz. Ich erlaube mir vorher noch eine Anmerkung - nein, bleiben wir kurz bei Karl Marx. (Weitere Zwischenrufe bei ÖVP, SPÖ und FPÖ.) Sie fordern die Diskussion im Kontext, im historischen Kontext: Politisches Manifest, 1848, bleiben wir um diese Zeit herum. Da war noch die große Kommunistische Partei, wo Menschen umgebracht wurden. (GRin Mag. Heidemarie Sequenz: Eine Geschichtsvorlesung!)
Was es 1848 nach der Industriellen Revolution gab, war ein Proletariat, das den Großteil der Bevölkerung gestellt hat, das unter Lebensumständen gelebt hat, wo es egal war, ob ein Kind stirbt, weil tatsächlich jeden Tag hunderte Kinder gestorben sind, wo die Menschen keine Wohnungen gehabt haben, nichts zum Essen gehabt haben und es gleichzeitig ein aufkommendes Bürgertum und wirklich einige wenige echt gut bestallte, reiche Menschen, Fabrikbesitzer, et cetera gab.
Das war der historische Kontext, in dem das Kommunistische Manifest geschrieben wurde. Das war nicht der Kontext von Krieg, nicht der Kontext von Auseinandersetzung (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: … die christliche Soziallehre, aber das ist ja wurscht, die wollen Sie ja nicht …) Das ist auch okay, das hat es auch gegeben. (Zwischenruf von GRin Mag. Caroline Hungerländer.) Noch einmal, ich habe kein Problem, Lueger im historischen Kontext zu sehen, überhaupt nicht. Was ich mir aber wünschen würde, ist, dass der historische Kontext für all jene gilt, die sich nicht Kriegsverbrechen und Massenmord schuldig gemacht haben. Das gilt dann auch in der Auseinandersetzung mit Karl Marx. Da gilt in der Auseinandersetzung zu sagen: Zu der Zeit, als Karl Marx das politische Manifest geschrieben hat, hat er ein Manifest
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