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Gemeinderat, 58. Sitzung vom 25.09.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 97 von 135

 

Es gab im Juni 2020 auch den Sturm auf das Edward-Colston-Denkmal in Bristol. Man hat da auch wirklich gesehen, was für ein Denkmalsturz mit diesem heroisierenden Denkmal passiert. Wir hatten im Juli 2020 auch am Lueger-Denkmal erstmals auch Beschmierungen und Vandalismus gehabt. Man kam einfach zu dem Entschluss, eine grundlegende Debatte zum Umgang mit problematischen Denkmälern anzugehen. (GRin Mag. Laura Sachslehner, BA: In welcher Welt sollte das ein problematisches Denkmal sein?)

 

Im Nachgang der wissenschaftlichen Studie ist man auf diese schlichte Ausgestaltung gekommen, und wer am Kahlenberg beim Bus aussteigt und über die Straße geht, kennt das Denkmal. (Die Rednerin hält eine Fotografie in die Höhe.) Also in diese Richtung (in Richtung ÖVP) muss ich es nicht zeigen, ihr kennt es ja. (GRin Mag. Laura Sachslehner, BA: Sie verlassen den gesellschaftlichen Konsens!) Es wird in einer schlichten Ausgestaltung und in einem Text in drei Sprachen wirklich sehr verständlich der Schlacht Rechnung getragen und da geht es nicht um Sieger und um Verlierer, sondern es geht um die Völkergemeinschaft, Völkerverständigung und um das Gemeinsame, um den Frieden und die Verständigung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das mag in Ihren Augen vielleicht zu wenig ausgestaltet sein. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Geistige Landesverteidigung! - Zwischenruf von GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM.) Ja, wir sind in der gleichen Partei, und es ist ein stilles Gedenkzeichen. Abseits von diesen vielen Kriegsverherrlichungen oder Parteinahmen auf der einen oder anderen Seite ist so ein Denkmal sicher auch eine gute, richtige Wahl, ein Gedenken zu setzen.

 

Ich habe mit einer Kollegin aus dem Stadträtinnenbüro auch darüber debattiert und mir hat ein Satz so gut gefallen: Die Stimme der Vernunft ist eine leise. (Heiterkeit bei GRin Mag. Laura Sachslehner, BA.) Mit diesem Denkmal ist das so gesagt. Außerdem haben wir gerade erst darüber gesprochen: Im Wien Museum zum Beispiel gibt es bei einer Projektion in einem Eck auch viele Bilder dazu und einen Sprechertext sogar in dem Medium, und über 100 Plätze in dieser Stadt erinnern an Sobieski.

 

Das heißt, das Erinnern ist in dieser Stadt, und mit diesem sehr einfachen, aber friedlichen und verständigenden Denkmal ist, glaube ich, ein gutes gemacht. Deshalb abschließend Zustimmung zum vorliegenden Foto Arsenal, ich möchte zurückkommen zum vorliegenden Akt. Freuen wir uns gemeinsam auf Frühjahr 2025, wenn wir es gemeinsam eröffnen können. Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Dipl.-Ing. Margulies. Sie sind am Wort.

 

19.18.34

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Werte Damen und Herren!

 

Eigentlich habe ich mir vorgenommen, es sehr kurz zu machen, ich hoffe, es gelingt mir halbwegs. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Die VorrednerInnen haben es schon ein bisschen verlängert, aber ich werde mich tatsächlich nur auf die beiden eingebrachten Anträge betreffend Sobieski und betreffend Umgang mit dem historischen Erbe beschränken.

 

Ich beginne ganz kurz bei Sobieski. Meine Kollegin Berner hat es schon gesagt, an einem Platz, wo gegenwärtig immer wieder Rechtsextreme hinpilgern (GR Mag. Dietbert Kowarik: Wie schlimm!) mit einem Fackelzug und versuchen, ihn als ihren Platz zu instrumentalisieren, kann und darf die Stadt Wien kein Denkmal errichten. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wir brauchen keine neuen Gedenkstätten für Identitäre und Rechtsextreme. Ich komme zum historischen Erbe und zum Reden über vieles, was da ist, aber in einer Zeit wie heute einen neuen Platz zu errichten, wo Rechtsextreme hinpilgern, das geht einfach nicht. Das sagt noch nichts über Sobieski aus, und ich glaube sogar, es gibt mittlerweile auch genug Menschen, die ein Sobieski-Denkmal wollen, die es aber auch nicht genau dort haben wollen. (GRin Mag. Caroline Hungerländer: … martialisches Denkmal?)

 

Der zweite Punkt wurde auch schon erklärt, es geht nicht um ein martialisches Kriegerdenkmal. Wenn, dann kann man darüber reden, ob man neben dem Sobieskiplatz, neben der Sobieskigasse noch in einer anderen Form ein Denkmal macht. Der Entwurf, der vorgelegen ist, ist ein martialischer Entwurf. Da müssen wir nicht lange darüber reden. Jeder, der die Bilder gesehen hat, wie dieser Entwurf aussieht, der schreckt sich, wenn man so etwas heutzutage in Wien aufstellen würde. Noch dazu, wo da ganz gezielt damit gespielt wurde, dass das Christentum gegen den Islam mitinstrumentalisiert wurde. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Dann reden wir tatsächlich länger über Sobieski, dann reden wir über das Heilige Römische Reich, dann reden wir über das Reich der Osmanen! Dann reden wir über Ludwig XIV, der sicher kein Muslim war, der seine Bündnisse mit dem Osmanischen Reich geschlossen hat, der ihn de facto aufgefordert hat, neben Ungarn noch weiter nach Wien zu gehen!

 

Da gibt es ganz, ganz viele Auseinandersetzungen, aber es war damals nicht eine Auseinandersetzung in dem Maße, wie es heute dargestellt wird. Es war keine Auseinandersetzung zwischen dem nicht aufgeklärten Christentum - das war nämlich vor der Zeit der Aufklärung - und dem ebenso nicht aufgeklärten Islam, sondern es war eine geopolitische, geostrategische Auseinandersetzung zwischen dem Osmanischem Reich, dem Heiligen Römischen Reich, dem Russischen Reich und dem Französischen Reich. Das sind Sachen, um die es gegangen ist. (GRin Mag. Caroline Hungerländer: Die Konsequenzen wären andere …) Welche Konsequenzen? (GRin Mag. Caroline Hungerländer: Wenn das anders ausgegangen wäre, wären die Konsequenzen andere!) Ach Gott, das ist eine der wenigen Sachen, wo ich nicht so sicher bin. Was hätte sich geändert, wenn vor 400 Jahren eine Schlacht anders ausgegangen wäre? (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.) Nein, es ist in der Frage der Auseinandersetzung. Wie wäre es machtpolitisch weitergegangen? Wie wäre es machtpolitisch weitergegangen zwischen dem Französischen Reich und dem Osmanischen Reich? Warum sind große Reiche immer wieder zerfallen und haben nicht über Jahrtausende gehalten?

 

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