Gemeinderat, 58. Sitzung vom 25.09.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 135
Wir kommen damit zur Postnummer 16 der Tagesordnung. Sie betrifft eine Sachkreditgenehmigung für eine Nachdotation der Wirtschaftsagentur Wien. Ein Fonds der Stadt Wien. über einen Zeitraum von vier Jahren zur Stärkung des Life Science Standortes Wien. Ich ersuche die Berichterstatterin, Frau GRin Weninger, die Verhandlung einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Katharina Weninger, BA: Ich bitte auch bei Postnummer 16 um Zustimmung.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Ich eröffne die Debatte. Zu Wort gemeldet ist GR Gstöttner. Ich erteile es ihm.
GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Ich würde ganz kurz auf die Diskussion zum Thema Lohnnebenkosten, die gerade eben stattgefunden hat, replizieren, um dann sofort zum Poststück zu sprechen, wenn das in Ordnung ist. Beim Thema Lohnnebenkosten sind, glaube ich, wieder unterschiedliche Dinge miteinander vermischt worden und auch Vorwürfe aufgebracht worden, die so nicht unwidersprochen stehen gelassen werden können.
Es wurde zuerst einmal so getan, als würde eine mögliche Senkung der Lohnnebenkosten niemandem etwas bringen. Jetzt sei einmal dahingestellt, dass dieses Forum hier, das dann befragt wurde, wohl definitiv nicht die Zielgruppe ist. Zum Zweiten wurde dann wiederum der Vorwurf in den Raum gestellt, dass all jene, die forderten, dass Lohnnebenkosten doch gesenkt werden sollen, in Wahrheit alle möglichen sozialen Segnungen abschaffen wollen, was wiederum nicht stimmt und auch so nie gefordert wurde.
Dann wurde man mit dem Schluss konfrontiert, dass das immer schon so war und sich deswegen eigentlich nichts ändern sollte und dass das Ende der Weisheit hier in der politischen Debatte ist. Da möchte ich wirklich widersprechen, und ich meine es, wenn ich es sage: Mir fallen viele gute Gründe ein, warum man sich für die Arbeiter- und Arbeiterinnenbewegung engagieren sollte. Mir fallen auch sehr viele Errungenschaften in der Geschichte und auch heute der unterschiedlichen Gewerkschaftsbewegungen in Österreich und auch international ein, aber ich glaube wirklich, dass man hier am Holzweg ist. (Beifall bei ÖVP und NEOS.)
Zur Begründung dieser Aussage - dann bin ich schon fertig mit dem Thema - ganz kurz: Was sie nämlich nicht gesagt haben, ist, dass die österreichische öffentliche Hand mittlerweile über mehr als 200 Milliarden EUR verfügt. Mehr als 200 Milliarden! 100 Milliarden aus dem Budget und weitere mehr als 100 Milliarden von den Gemeinden, Ländern und Pensionssystemen, die letztlich da sind, um alle sozialen Segnungen - da gehört natürlich die Unfallversicherung dazu, da gehören natürlich die Schülerfreifahrt und alles andere dazu - auch wirklich sicherzustellen. Es heißt nicht, wenn ich einen Teil senke, dass dann plötzlich nichts mehr geliefert wird, sondern man kann mit mehr als 200 Milliarden auch all das tun, ohne das Schaffen von Arbeitsplätzen weniger attraktiv zu machen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn es uns darum geht, dass wir soziale Mobilität ermöglichen, wenn wir wollen, dass Menschen in Freiheit und Eigenständigkeit leben können, sich über Generationen hinweg Eigentum aufbauen können, dann müssen wir sicherstellen, dass Arbeitsplätze geschaffen werden, dass es attraktiv ist, Arbeitsplätze auch anzunehmen, und dass es attraktiv ist, diese Arbeitsplätze hier in Österreich auch anzusiedeln. Deswegen ist eine vernünftige, sozial nachhaltige Senkung der Lohnnebenkosten definitiv auch im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der ÖVP. - GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Welche sollen gesenkt werden? Das ist so leicht dahingesagt! Niemand sagt, welche!) Ich spreche nun zum Poststück. Wir können das sehr gerne diskutieren, wir können das sehr gerne diskutieren! Ich weiß, es ist nicht so dahingesagt, weil es eine Frage der österreichischen Exekutive ist. Wir sind hier nicht die Exekutive, wir sind hier die Opposition.
Nun zum Poststück, ein ganz anderes Thema, aber damit auf eine Art und Weise verwandt: Es geht auf den ersten Blick um eine relativ technische Frage, der wir - und das möchte ich vorwegschicken - selbstverständlich auch zustimmen werden. Es geht darum, die Wirtschaftsagentur Wien mit weiteren 67 Millionen zu unterstützen, technischer Begriff: eine Nachdotation. Man muss das zugrundeliegende Poststück schon relativ genau lesen, um zu erahnen, worum es dabei im Hintergrund eigentlich geht, und ich denke, darüber sollten wir politisch auch reden. Es geht nämlich darum, dass mit diesen Mitteln ein Laborgebäude rund um das Vienna BioCenter im 3. Bezirk gebaut werden soll, ein schon sehr florierender Life-Science-Campus. Dann ganz zum Schluss sieht man auch, dass es bereits eine - unter Anführungszeichen - Vorverwertung dieses Gebäudes für einen auf Neudeutsch sogenannten Player im Bereich der Künstlichen Intelligenz und Biomedizin gibt. So weit so gut, so weit so technisch, könnte man sagen.
Wenn man das jetzt aber mit den Ankündigungen vergleicht, die im Bund in den vergangenen Tagen stattgefunden haben, sieht man, dass das eigentlich ein riesiger Erfolg ist, über den wir auch politisch reden sollten und der auch politische Implikationen haben sollte. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hat es nämlich anscheinend nach langen Verhandlungen geschafft, gemeinsam mit der Böhringer Ingelheim Stiftung eine neue Forschungseinrichtung namens AITHYRA in Wien anzusiedeln. Das ist eine gemeinnützige Stiftung, die hier mit der öffentlichen Hand arbeitet. Dieses Forschungsinstitut möchte eben die Kraft der Künstlichen Intelligenz gemeinsam mit der Grundlagenforschung im Bereich der Biomedizin dazu nutzen, um für nicht therapierbare Krankheiten neue Lösungen zu finden.
Dem nicht genug: Einer der Gründungsdirektoren dieses Instituts ist ein international anerkannter Wissenschaftler, Michael Bronstein, aktuell in Oxford. Er hat in seinem Forschungswerdegang alle unterschiedlichen Universitäten in den USA auch schon kennen gelernt. Er ist ein wirklicher internationaler Kapazunder, und dieses Institut wird von der gemeinnützigen Stiftung mit 150 Millionen EUR gefördert, was historisch die größte private Forschungsförderung in der österreichischen Geschichte
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