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Gemeinderat, 58. Sitzung vom 25.09.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 135

 

die Sozialdemokratie mag manchmal ein schwerfälliger Tanker sein, ein U-Turn wird mit ihr nicht möglich sein, aber ein bisschen eine Kurskorrektur hin zu wirtschaftspolitisch verträglichem Denken wäre angebracht, und dann würde ich diesen Worten auch sehr viel mehr Bedeutung beimessen, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir teilen aber die Vision davon, dass Wien als Ballungsraum endlich Lokomotive, Speerspitze für den ganzen Standort in Österreich werden sollte. Sie kennen das, wir haben schon oft genug immer wieder den Finger in die Wunde gelegt: Wien hat zweistellige Arbeitslosenzahlen als einziges von neun Bundesländern. Die ersten drei Bundesländer sind nun einmal Wien, das Burgenland und Kärnten. Jetzt will ich gar nicht darauf hinweisen, dass alle drei sozialdemokratisch geführt sind (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Aber man kann es schon!), aber man muss doch endlich beginnen, darüber nachzudenken, wie man von diesen hohen Arbeitslosenzahlen wegkommt. Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn ich dann nur im Reflex von der Sozialdemokratie höre, na ja, das sind die vielen Einpendler, das sind die Niederösterreicher, das sind die Burgenländer, die zu uns arbeiten kommen, dann stelle ich das gar nicht in Abrede, ja, das stimmt schon, aber ich bin halt überzeugt davon, dass ein Ballungsraum in der Ansiedelungspolitik auch ganz andere Möglichkeiten hat als das südliche Burgenland oder das Waldviertel, und daraus sollte etwas entstehen, worauf wir mit diesem Ballungsraum Wien stolz sein könnten. Die Zahlen zwischen den Arbeitsmarktdaten in Wien und denen des Bundes gehen aber leider seit über zehn Jahren auseinander. Die Schere wird größer statt kleiner, und da müssen wir uns dringend etwas überlegen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ein sozialdemokratischer Kanzler hat einmal von einer solidarischen Hochleistungsgesellschaft gesprochen. Wir werden das heute noch, glaube ich, in großer Breite diskutieren, die Praxis zeichnet da auch ein anderes Bild. Ich freue mich, dass Rudi Kaske in seiner Wortmeldung dieses Thema auch durchaus angesprochen hat, gerade die Ausbildung von Asylberechtigten, gerade auch die Weiterbildung von subsidiär Schutzberechtigten. Nur, wenn wir Situationen haben wie dieses berühmte Beispiel der 7-köpfigen Familie, die mit Transferleistungen ja weit mehr als diese 4.600 EUR, nämlich knapp 6.000 EUR netto zur Verfügung hat, ja, wie soll man diesen Menschen denn wirklich erklären, dass es sinnvoll, dass es sinnstiftend ist, statt diese Transferleistungen einfach in Empfang zu nehmen, in der Früh aufzustehen und arbeiten zu gehen? Das wird nicht gelingen! Da müssen wir uns überlegen, wie wir einen Unterschied schaffen zwischen in der Früh aufstehen und arbeiten zu gehen und einem Sozialsystem, das natürlich für die, die es brauchen, da ist, aber nicht zur sozialen Hängematte verkommt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich appelliere daher an alle Fraktionen: Nutzen wir die sinnvollen Institutionen wie eben den WAFF nicht so, wie wir es heute tun, als Akutmediziner für einen kränkelnden Patienten, sondern versuchen wir, einen Trainer, einen Schrittmacher für einen Top-Performer daraus zu machen! Ich glaube, dass der Ballungsraum Wien alle Möglichkeiten dazu hätte.

 

Die Sozialpartnerschaft wurde mehrfach angesprochen - ja, bedienen wir uns ihrer und all der Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, Wien wieder fit zu machen. Dazu braucht es aber gerade bei der Stadtregierung ein massives Umdenken in der Sozialpolitik, in der Migrationspolitik und auch in der Integrationspolitik. Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie sind in absehbarer Zeit zu diesem Umdenken bereit. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist GR Ing. Meidlinger. Sie sind am Wort.

 

12.36.51

GR Ing. Christian Meidlinger (SPÖ)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geschätzte Damen und Herren an den Bildschirmen und auch hier im Saal!

 

Jetzt hat die Diskussion zum Thema Arbeitsmarkt in Wien doch etwas Fahrt aufgenommen, und ich bin natürlich auch als Sozialdemokrat gar nicht undankbar darüber, dass wir hier zu einigen Dingen dann auch noch Position beziehen können beziehungsweise auch Stellung beziehen können.

 

Ja, der Arbeitsmarkt in Österreich und nicht nur in Wien ist in einer schwierigen Situation, und wenn man sich die Zahlen, Daten, Fakten anschaut - ich komme dann noch zu ein paar genauer -, dann muss man halt einmal auch dort beginnen, wo wir zur Zeit die größten Schwierigkeiten haben. Das ist dort, wo wir in Europa Schlusslicht sind - das ist in Österreich beim Wirtschaftswachstum -, Schlusslicht dank einer falschen Politik der Bundesregierung. Wir haben eine hohe Inflation, wir haben hohe Arbeitslosenraten, und das kann man hier nicht wegwischen. Der Spruch von fünf verlorenen Jahren stammt nicht von der Sozialdemokratie und auch nicht von den Sozialpartnern, sondern von einem wirtschaftsliberalen Institut. Diesen Vorwurf müssen Sie sich auch hier gefallen lassen, sehr geehrte Damen und Herren, denn Arbeitsmarktpolitik ist Bundeskompetenz, und wenn man dann eins und eins zusammenzählt, dann haben Sie in vielen Punkten vieles richtig gemacht, aber in vielen Punkten einfach auch kläglich versagt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Mein Vorredner hat angesprochen, dass Wien ein guter Platz zum Arbeiten ist - ja, das ist zu bestätigen, Wien ist Wirtschaftslokomotive. Wir kennen alle Zahlen über Bruttoinlandsprodukte, was wir alles abdecken und wie groß das in Wirklichkeit in Wien ist - ich habe die Zahlen jetzt nicht parat, weil ich darauf nicht vorbereitet war, aber die kennen wir ja alle -, und wissen, dass Wien da hervorragend unterwegs ist. Wir haben zum Beispiel in Wien den höchsten Frauenbeschäftigungsanteil, nämlich die höchste Quote von ganz Österreich, weil die Infrastruktur sehr, sehr gut ist. Das liegt an der Verkehrsinfrastruktur, das liegt an der Kinderbetreuung, und ja, wir haben 280.000 Pendlerinnen und Pendler, die tagtäglich in diese Stadt kommen, um hier zu arbeiten. Dies nicht, weil die

 

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