Gemeinderat, 58. Sitzung vom 25.09.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 135
, flexiblere Möglichkeiten diskutieren muss, damit entweder genau die Personen, die in der Arbeitslose festsitzen und trotzdem arbeiten wollen, mehr verdienen - jetzt sind wir wieder beim Thema Lohnnebenkosten -, oder dass man sagt: Okay, wenn wir so weit sind, sehen wir uns genau an, wie man es schafft, diese Menschen zu begeistern, in eine Teilzeit oder in eine Vollzeit zu gehen. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM: Und nicht schwarz zu arbeiten!) Das ist das größte Rädchen, das wir beim Thema Fachkräfte, glaube ich, drehen müssen, weil es ansonsten sehr schwierig ist, die Menschen aus dieser Konstellation herauszubringen. Daran arbeite ich als Arbeitgeber nicht erst seit vorgestern, mit diesem Thema bin ich eigentlich schon, seitdem es das Unternehmen gibt, konfrontiert, und alles, was wir hier diskutieren, hat nichts verändert. Wie gesagt, ich bin seit 20 Jahren Unternehmer, es ist immer dasselbe Thema, und ich glaube, dass das ein Rad ist, an dem wir dringend drehen müssen. (Beifall bei den NEOS sowie von GR Markus Gstöttner, MSc und GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM.)
Ich möchte mich wahnsinnig bei allen Beteiligten des Fachkräftezentrums bedanken. Das ist ein Thema gewesen, an dem wir hier in der Fortschrittskoalition sehr intensiv gearbeitet haben, das war schon in den Koalitionsverhandlungen ein großes Thema. Das war so ein schönes Gebilde, es hieß immer, Fachkräftezentrum, und alle haben gesagt: Na, was ist das eigentlich? Ist das ein Haus, ist das ein Gebäude, das wir bauen müssen? Wo bringen wir da die Leute zusammen? Und es ist so schön, dass durch viele auch durchaus partizipative Modelle dieses Fachkräftezentrum immer mehr ein Gesicht bekommt. Alle sehen auch - ich sehe das an der Wertschätzung hier im Haus -, dass man, wenn man verschiedenste Organisationen miteinander vernetzt und man mehr miteinander redet - da geht es jetzt um Förderwesen, da geht es aber eben auch um das Thema Arbeitslosigkeit, AMS, da geht es um das Thema Mindestsicherung und da geht es auch um das Thema MA 35 zum Beispiel -, an vielen Rädchen drehen kann. Das schafft dieses Fachkräftezentrum, und deswegen bin ich wahnsinnig stolz darauf. (Beifall bei den NEOS.)
Ich möchte aber auch hier noch eine kleine Geschichte erzählen, und dann ist es mit dem Geschichtenerzählen vorbei, ich verspreche es. Es ist auch wieder ein Thema aus meinem beruflichen Alltag, mit dem ich an die Bundesregierung appelliere. Ich hatte zu einem Vorstellungsgespräch eine junge, sehr engagierte Frau, Anfang 20, bei mir, und ich wollte sie vom Fleck weg einstellen. Die Dame ist ursprünglich aus der Mongolei, spricht perfekt Deutsch, studiert hier in Wien, spricht noch vier andere Fremdsprachen und war perfekt qualifiziert. Was ist passiert? Ich wollte sie einstellen, bin zum AMS gegangen, wollte mir quasi eine Arbeitsbewilligung für sie holen. Diese hat sie ja, denn als Studentin kann sie ja arbeiten, aber das AMS hat mir dann gesagt, nein, die Dame ist für ein Jahr gesperrt. Folgendes war passiert: Was macht man als junger Mensch als Erstes, wenn man kommt und die Sprache noch nicht perfekt beherrscht? Man sucht sich Jobs. Sie hat sich als Babysitterin anstellen lassen. Wenn man angestellt wird, ist hierzu natürlich eine Meldung an das AMS für eine Arbeitsbewilligung zu tätigen. Dieses Formular muss aber der Arbeitgeber ansuchen, nicht die Arbeitnehmerin. Und was ist passiert? Sie war angemeldet, sie hat alles richtig gemacht, sie hat das alles perfekt auch eingefordert, weil ihr das wichtig war, und diese Familie, bei der sie babygesittet hat, hat das schlicht und ergreifend nicht gemacht. So, Sanktion gegen die Familie: null. Die Arbeitnehmerin darf ein Jahr lang nirgends mehr arbeiten. Ein Jahr lang, das ist „way to much“, das muss dringend verändert werden, gerade, wenn wir immer wieder über Migrations- und Integrationsmaßnahmen diskutieren. Das kann einfach nicht sein, dass man einen gutqualifizierten arbeitswilligen Menschen ein Jahr lang vom Arbeitsmarkt ausschließt, einfach, weil der Arbeitgeber seine Pflichten verabsäumt. Dem Arbeitgeber, der Familie ist das wurscht, die hat halt die nächste Babysitterin, sie aber wird gezwungen, weil sie von etwas leben muss, sich in Wirklichkeit wahrscheinlich die Babysitterstunden in Zukunft nicht angemeldet, sondern vielleicht so auszahlen zu lassen, oder irgendwo als Putzfrau zu arbeiten, oder ich weiß es nicht, und das ist verheerend.
Da leidet unser Steuersystem darunter und da leiden auch die Menschen darunter. (GRin Dipl.-Ing. Selma Arapović: Die Wirtschaft leidet auch!) Deswegen appelliere ich an die jetzige wahrscheinlich nicht, aber an die zukünftige Bundesregierung, solche Regelungen dringend anzuschauen. Das sind einfache Mechanismen, die man mit einer schnellen Gesetzesregelung ändern kann, und so bringen wir auch mehr Menschen in den Arbeitsmarkt. - Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und von GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM.)
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Mag. Juraczka. Sie sind am Wort.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben jetzt schon einiges zum Thema des Wiener Arbeitsmarktes gehört - in einer sehr konstruktiven Art und Weise, wie ich finde, und das ist gut so, ist es doch, wie ich meine, ein eklatant wichtiges Thema. Wien leistet sich zwei Institutionen, um den Arbeitsmarkt positiv zu beeinflussen, wie wir alle wissen, nicht nur den AMS, sondern auch den WAFF, und um eine Sonderdotation eben dieses WAFF geht es heute.
Wir werden, so viel kann ich schon vorausschicken, dieser Sonderdotation sehr gerne zustimmen, wenn es um die Aus- beziehungsweise Weiterbildung von jungen Menschen in einer Zeit geht, die - auch das haben schon viele Vorredner vor mir gesagt - vom Fachkräftemangel gezeichnet ist. Ich glaube aber, wir brauchen mehr als nur diese Kosmetik, wir brauchen eine wirkliche Trendwende, und da bin ich im Ansatz gar nicht weit weg von meinem Vorredner, von Kollegen Ornig der NEOS. Nur, ohne jetzt bösartig sein zu wollen, gerade zu einem Geburtstagskind, wie er es heute ist, wenn ich ihm als jemandem, der in einer Koalition mit den Sozialdemokraten in Wien steht, zuhöre, erinnert mich das ein bisschen an Christian Lindner derzeit in Deutschland: Ich höre die Worte, allein, mir fehlt der Glaube. Ich muss ehrlich sagen, ich weiß schon,
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