Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 113
geworden in der Frauenpolitik in der Stadt. Es wird aus meiner Sicht mehr verwaltet, als gestaltet. Die MA 57 könnte aus meiner Sicht mehr in Richtung feministischer Thinktank gehen als das Service, das natürlich auch wichtig ist, aber mehr nach vorne, mehr Richtung Schließen dieser vielen Gaps, die wir haben. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Das kann die MA 57 nicht! Wenn sie es könnte, wäre sie es schon!) Ja, für mich ist sie halt der Thinktank, und da wünsche ich mir einfach mehr. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Wien von morgen schaut einfach so aus, dass es jedenfalls feministisch ist, gewaltfrei, divers, selbstbestimmt, gesund und natürlich für alle Frauen in ökonomischer Unabhängigkeit. Ich danke Ihnen. Danke für die Redezeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächste zu Wort gemeldet ist GRin Keri. Die selbstgewählte Redezeit sind zehn Minuten. Bitte.
GRin Sabine Keri (ÖVP): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Liebe Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kollegen!
Wir diskutieren den Rechnungsabschluss, und das ist auch immer so ein bisschen der Moment, wo man repliziert, wie die Zusammenarbeit so war, was für Projekte waren. Die Zusammenarbeit - Waltraud schaut schon - war natürlich eine sehr wertschätzende, muss man sagen - dafür bedanke ich mich auch -, über alle Parteiengrenzen hinweg, auch wenn das heute einmal kurz nicht ganz so den Anschein hatte. Was aber war, was ist, oder worüber ich schon reden möchte, ist, wie teilweise absurd lang Politik, besonders bei der Frauenpolitik dauert.
Da möchte ich zwei Beispiele nennen, die wir in Wirklichkeit auch Frauen nicht erklären können. Das sind Themen, die jetzt nicht - das eine Thema zumindest - auch irgendwie der großen „burner“ sind, es aber trotzdem eineinhalb Jahre gedauert hat. Da geht es zum Beispiel um „Orange the World“. Wir haben darüber geredet, die Flaggendebatte: „Orange the World“ sagt schon, das ist die Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“, und so, wie es heißt, gibt es von der UN eine orangene Flagge. Es werden weltweit Häuser orange bestrahlt. Orange ist die Signalfarbe gegen Gewalt an Mädchen und Frauen, aber die Stadt Wien hat immer eine lila Fahne von „Terre des Femmes“ aufgehängt. Dann haben wir einmal gesagt: Wieso können wir denn nicht die orangene Fahne aufhängen? Dann ist das abgelehnt worden. Dann haben wir in den Bezirken Anträge gestellt, haben gesagt: Können wir wenigstens in den Bezirken die orangene Fahne aufhängen? Manche haben Ja gesagt, manche haben Nein gesagt. Eineinhalb Jahre haben wir darüber debattiert, warum wir die orangene Flagge nicht aufhängen können. (GRin Martina Ludwig-Faymann: Da haben wir aber schon auch noch etwas anderes gemacht!) Ja, eh. Es war immer die lila Fahne, wir sind auch alle immer gestanden und haben ... (GRin Martina Ludwig-Faymann: Mir ist das wurscht!) Nein, mir ist das nicht wurscht, weil es sehr wohl ein weltweites Zeichen ist, und ich denke mir: Warum muss die Stadt Wien da aushaken? (GRin Martina Ludwig-Faymann: Nein, ich bin auch für Orange!) Jetzt haben wir es, jetzt haben wir uns geeinigt, jetzt machen wir es. Ich freue mich auch darüber, aber es zeigt eigentlich, wie absurd teilweise Politik ist. Das ist ein Beispiel, das wir niemandem erklären können werden, warum wir eineinhalb Jahre darüber diskutiert haben, warum wir keine orangene Flagge aufhängen. Da haben wir, glaube ich, in Wirklichkeit andere Probleme. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich hätte noch ein zweites Thema, das versuche ich, nur ganz kurz anzureißen, aber es ist mir schon sehr wichtig und mir fehlt beziehungsweise hat auch ein bisschen das Verständnis dafür gefehlt. Ein Ansatz von uns war, dass wir sehr wohl den stillen Notruf mit der DEC112-App bekannt machen und den Zugang dazu erleichtern. Dazu haben wir auch einen Antrag eingebracht, dass wir zumindest bei öffentlichen Toilettenanlagen den QR-Code anbringen, damit sich Frauen diesen runterladen können, am Handy haben, und wenn sie in einer Notsituation sind oder sich auch unwohl fühlen, können sie auf die App drücken. Alle 20 Sekunden wird der aktuelle Standort an die nächste Polizeistation weitergegeben, die Polizei kommt und hilft.
Da haben wir gesagt, den hätten wir gerne. Das ist abgelehnt worden. Bezirke haben wieder die Anträge dazu gebracht, 23 Mal haben wir von StR Czernohorszky, der für die WC-Anlagen zuständig ist, gelesen, das geht nicht, denn die WC-Anlagen müssen geputzt werden. Dann haben wir das immer wieder zum Thema gemacht, wir haben dann als Wienerinnen selbstständig WC-Werbungen gemietet, haben dann dort den QR-Code bekannt gemacht, und es haben sich die Zugriffe auf die App wirklich enorm erhöht, was auch gut ist, weil ich mir denke, jedes Mittel, das präventiv hilft, ist ein gutes Mittel.
Dann war „16 Tage gegen Gewalt“, und ihr habt präsentiert, dass ihr doch die Notrufnummern an Toilettenanlagen anbringen könnt. Interessant war aber, es waren alle Notrufnummern, die Polizei, Frauenhäuser, Frauenservice, aber nicht die DEC. Das ist das, was ich nicht verstehe. Das hätte man eigentlich dazunehmen können. Das verstehe ich nicht, und da hätte ich so gerne einmal eine Erklärung: Warum ist es so schwierig? Das ist keine Parteipolitik, dieses Denken verstehe ich nicht, warum man nicht sagt: Jetzt machen wir es. Warum geben wir den QR-Code nicht auch gleich drauf? Das sind einfach Dinge, wo ich sage, das könnte man leicht machen, da könnte man einen schönen Schulterschluss finden. Das hat in dem Fall nicht ganz funktioniert.
Wo wir aber wirklich einen Schulterschluss brauchen und wo wir - das war ja auch ein sehr langer Prozess - wirklich schnell sein müssen, ist beim Gewaltschutz, weil das natürlich ein ganz, ganz heikles Thema ist. Ich möchte schon auch den 23. Februar in Erinnerung rufen, den Tag mit den fünf Femiziden. Dieser Tag hat uns die Breite gezeigt, wie Gewalt an Frauen und Mädchen aussieht. Zum einen hatten wir den Vater, der mit brutalster Gewalt seine Tochter und seine Frau erwürgt hat, und auf der anderen Seite haben wir den 23-jährigen oder 27-jährigen Afghanen, der 3 Sexarbeiterinnen aufs Brutalste mit dem Messer umgebracht hat, weil er der Meinung ist, dass Frauen, die vorehelichen Geschlechtsverkehr haben, Abschaum sind. Da müssen wir überall hinschauen, und da braucht
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