Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 113
eigentlich unserer reichen Stadt unwürdig, das können wir besser. Mit der Roten Box sind wir definitiv auf einem guten Weg, aber ich glaube, da geht noch einiges mehr. Wenn wir die Kinderrechtsstudie von Plan International anschauen, habe ich eine Zahl mitgebracht: 90 Prozent der Mädchen und Frauen wünschen sich kostenlose Tampons und Binden in öffentlichen Gebäuden und auch in Schulen, öffentliche Gebäude wie beispielsweise das Rathaus, und dass sich die Politik auch darum mehr kümmert. Da ist noch Luft nach oben. Ich hoffe, dass wir weiterkommen, auch auf Bundesebene. Die „tampon tax“ wurde von Meri Disoski forciert, dass sie halbiert wurden. Das ist gut, aber es geht auch mit null Steuern. Das zeigt uns beispielsweise Schottland. Ich hoffe, wir bewegen uns in diese Richtung und wir bewegen uns auch in die Richtung, dass Gratistampons und -binden zumindest in Schulen und öffentlichen Gebäuden existieren. (Beifall bei den GRÜNEN und von GRin Martina Ludwig-Faymann.)
Ich komme zum Thema Gewaltprävention und Gewalt. Ja, es ist tatsächlich schockierend, es ist ein Thema, das uns dauerhaft beschäftigt und kein Ende findet, meine sehr geehrten Damen und Herren. Gewalt hat ganz viele Gesichter, und Gewalt hat überhaupt keinen spezifischen kulturellen Hintergrund, sondern geht quer über alle Schichten. Was ich mir wünschte, ist eigentlich, dass Männer das Gewaltthema stärker aufgreifen. Wir diskutieren es wieder in der Frauengruppe. Es wäre eigentlich einmal cool, würde es in der Finanz- oder in der Generaldebatte angesprochen werden. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ sowie von GRin Mag. Dolores Bakos, BA.)
Weil natürlich immer wieder Gewalt gegen Frauen passiert - wir haben ja heuer schon wieder eine sehr unrühmliche Bilanz an Femiziden und versuchten Morden in Österreich -, ist natürlich immer der Ruf nach mehr Geld, nach mehr Initiativen da. Das verstehe ich. Das macht ja auch ein bisschen hilflos, denn wir haben in Wien ohne Zweifel ein starkes Gewaltschutznetz, und trotzdem hat man das Gefühl, da fehlt noch etwas. Was können wir noch tun? Ich halte beispielsweise das Projekt „StoP“ für sehr, sehr gut und sehr wichtig, weil „StoP“ in der Prävention arbeitet. „StoP“ steht für Stadtteil ohne Partnergewalt, und diese Präventionsarbeit für Nachbarinnen, das zivilgesellschaftliche Engagement zu stärken, halte ich eigentlich für besonders wichtig, gerade, wenn wir bei Femiziden schauen: Diese Täter sind ganz oft schon davor auffällig. Ich glaube, bis die Behörden kommen, ist alles schon zu spät. Gerade im ganz nahen und sozialen Umfeld mehr Sensibilisierung zu schaffen - und das macht „StoP“ -, ist ein ganz guter Ansatz. Wir haben heute in neun Bezirken „StoP“-Projekte, und was ich mir wünsche - und darum haben wir auch heute einen Antrag dazu mitgebracht -, ist, dass es „StoP“ eigentlich in allen Bezirken gibt. Unser Antrag ist eben, dieses Projekt auszurollen. Ich glaube, das wäre eine gute Sache.
Was ich mir auch noch im Bereich von Gewaltschutz wünsche, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist, dass wir beispielsweise die TechnoMeTo-Debatte wieder aufgreifen und schauen, wie wir sicherstellen können, dass Frauen einfach sicher und gewaltfrei abtanzen können. Da ist das Veranstaltungsgesetz vielleicht ein Hebel, um mehr Awareness bei den Veranstaltern für Gewalt einzuplanen.
Was mir auch aufgefallen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren: Es gibt auch in der SPÖ ein bisschen einen Backlash. Ich denke an Liesing, wo mit der FPÖ gemeinsam gegen Safe Spaces für Sexarbeiterinnen gestimmt wurde. Ich glaube, gerade Sexarbeiterinnen brauchen wirklich besonderen Schutz. Da wünsche ich wirklich, die Diskussion in der SPÖ wird wieder in eine andere Richtung gehen, denn dass sie die ÖVP in der Sexarbeitsdebatte sogar überholt, sollte Ihnen eigentlich selbst zu denken geben, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Weil ich doch noch so viel Zeit habe, ist mir noch ein ganz wichtiges Thema ein Anliegen, das ich ansprechen möchte, wo aus meiner Sicht auch noch Luft nach oben ist, und das ist das Thema sexuelle und reproduktive Rechte von Frauen. Ich glaube, dass wir alle hier gemeinsam zusammenstehen, dass das Selbstbestimmungsrecht von Frauen gestärkt wird. Insofern bin ich wirklich enttäuscht darüber, dass es de facto nur in einem Spital, nämlich in der Klinik Ottakring, tatsächlich möglich ist, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen. Das ist eigentlich beschämend. Wir haben acht städtische Spitäler, und ich denke, es ist aus zweierlei Gründen wichtig, dass sich die Spitäler öffnen. Das eine ist, es ist dort einfach billiger, und das andere ist, es ist einfach auch symbolisch so wichtig, weil damit gezeigt wird: Schwangerschaftsabbruch ist eine gesundheitliche Leistung, die wir vollziehen können, raus aus dem Strafrecht für Schwangerschaftsabbruch. Damit wird eine gewisse Normalität signalisiert, aber jetzt werden die ungewollt Schwangeren eigentlich diesem privaten Markt, der viel teurer ist, überlassen. Mehr Engagement - ich weiß, wir stehen auf der gleichen Seite -, es braucht da aber noch Taten. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komm zum Finale meiner Rede. Sie haben selbst ganz oft das Projekt „FEM Med“ gelobt, ich lobe es auch. Es ist ganz, ganz toll, es ist aber einfach nur am Reumannplatz, und wir haben - das lesen sie im vorigen Gesundheitsbericht nach - ein ökonomisches Thema, wenn es um Frauengesundheit geht. Wir haben Bezirke, da schaut es mit der ökonomischen Situation von Frauen nicht so gut aus. Da gibt es unseren Antrag zu mehr FEM Meds in Wien, am besten in allen Bezirken, aber vor allem einmal dort, wo die sozioökonomische Situation von Frauen - ich denke an den 15., ich denke an den 20. Bezirk - nicht so gut ist. Dort brauchen wir solche niederschwelligen Anlaufstellen ganz, ganz dringend, und wir fordern das, denn unser Wien von morgen hat in jedem Bezirk ein FEM Med. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere von der Regierungsbank! Wir reden von 51 Prozent der Wiener Bevölkerung, wenn wir von Frauenpolitik reden. Die Lebensrealität der Frauen und Mädchen fließt aus meiner Sicht wirklich noch viel zu ungenügend in alle Bereiche der Stadtpolitik ein. Obwohl wir heute über ein paar Neuerungen wie die Rote Box und das FEM Med gesprochen haben, ist es aber insgesamt ein bisschen still
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