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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 113

 

die Aufgabe des Wohnbauressorts. Ich möchte hier aber auch darauf hinweisen (eine Tafel mit der Aufschrift „Entwicklung Wiener Wohnbau“ und einem Säulendiagramm vor sich auf das Pult stellend): Es fehlen uns die Flächen für den Neubau, vor allem für den Neubau von sozialen Wohnungen. Die Wohnbraureserve, die wir Ihnen 2020 übergeben haben, waren zirka 42.000 Wohnungen. 2022 - das sind die letzten Zahlen, die ich aus einer Anfrage bekommen habe - haben wir die Widmungsreserve auf zirka 27.500 Wohnungen heruntergewirtschaftet. Das ist ein massives Problem, sehr geehrte Damen und Herren, auf das ich hier noch einmal aufmerksam machen will. Denn diese Widmungen gehen nicht von einem auf den anderen Tag. Wenn wir nicht ausreichend Vorsorge für sozialen Wohnbau schaffen, dann haben wir in den nächsten Jahren ein wirkliches Problem der Wohnungsverknappung. Da müssen Sie bitte trotzdem etwas tun, auch wenn Wien die Welthauptstadt des sozialen Wohnbaus ist. Denn sonst ist das bald vorbei, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Noch ein anderes Beispiel: Wohnbauförderung. Da haben wir 2020 bis 2022 jeweils 200 Millionen, die nicht in die Wohnbauförderung geflossen sind, obwohl sie für die Wohnbauförderung eingenommen wurden. Auch 2023, wenn man den Rechnungsabschluss betrachtet, sind 418 Millionen aus dem Titel der Wohnbauförderung ausgegeben worden. Ohne die Wohnbauhilfe wären es 375 Millionen. Wenn man jetzt die durchschnittlichen Einnahmen - wir können das ja aus dem Rechnungsabschluss nicht genau herauslesen, weil die Darlehensrückflüsse da nicht so genau ausgewiesen sind - von 2020 bis 2022 betrachtet, dann sind es wieder 200 Millionen unter den Einnahmen, die für die Wohnbauförderung ausgegeben wurden. Dann ist es halt das Problem, dass Wien zwar Welthauptstadt des sozialen Wohnbaus war, aber wenn wir nicht so weitertun und wenn wir die Wohnbauförderung nicht zweckgewidmet verwenden, dann wird das nicht so bleiben. Das ist ein Problem, sehr geehrte Damen und Herren. Das Wien von morgen räumt dem sozialen Wohnbau wieder den Vorrang ein, den es braucht. So haben wir vergangene Wohnungsverknappung beendet und so können wir die heutige Wohnungsknappheit auch wieder beenden, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ja, der Gemeindebau war fortschrittlich, modern, grün. (GR Mag. Manfred Juraczka: Grün? Was war grün?) Wenn ich jetzt quasi über Sanierungen rede, dann anerkenne ich, dass hier in den letzten Jahren begonnen wird, mehr zu unternehmen. Deswegen werden wir auch dem Rechnungsabschluss von Wiener Wohnen zustimmen. Wenn die Stadtregierung dann aber bejubelt, dass man seit 2021 1,2 Milliarden in die Sanierung und den Neubau investiert hat, dann muss ich sagen, das reicht bei Weitem nicht. Es wird in derselben Presseaussendung angegeben, man hätte Gebäude mit 9.100 Wohnungen saniert. Das ist das Sanierungsvolumen, das wir ungefähr jährlich brauchen, um den Sanierungszyklus zu erreichen, der ursprünglich angestrebt war. Diese 9.100 Wohnungen in 3 Jahren entsprechen ungefähr einem Sanierungszyklus von 70 Jahren. Das reicht nicht, sehr geehrte Damen und Herren, da kommen wir nie zu dem Sanierungszyklus von 30 Jahren, der 2020 noch angegeben wurde. Wir kommen nicht einmal zu dem jetzt neu revidierten Ziel von 40 Jahren. Das reicht nicht.

 

Genauso reicht es nicht, wenn wir bei den erneuerbaren Energien 14 PV-Anlagen, 3 Solarthermieanlagen und 1 Wärmepumpe haben. Es ist schön, wenn Sie in Ihren Presseaussendungen die Leistung dann in Kilowattstunden angeben, um auf eine Million zu kommen. Es ist pressearbeitstechnisch durchaus anzuerkennen, dass man da etwas geschafft hat, aber die Sozialbau, einer der großen Wohnbauträger, hatte 2021 begonnen, PV-Anlagen zu installieren, die sind im September mit allen ihren Potenzialflächen fertig: 35.000 Wohnungen. Es ist also nicht unmöglich. Insofern würde ich Sie bitten, dass wir es schaffen, dass der Fortschritt für das Wien von morgen wieder im Gemeindebau beginnt, sehr geehrte Damen und Herren, mit Energieunabhängigkeit, mit Energiekostenersparnis, mit erneuerbarer Wärme im Winter und erneuerbarer Kühlung im Sommer, und zwar für alle und nicht nur für die, die es sich leisten können. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein letzter Punkt, den ich hier noch ansprechen möchte, sind die Spekulationshäuser. Wien ist die Welthauptstadt des sozialen Wohnbaus. Besser als Wien wird es nimmer. Dann hat man aber irgendwie das Gefühl, jede Woche, auch gerade gestern wieder, gibt es einen neuen Bericht über ein Spekulationshaus, und die Stadt schreitet aus meiner Sicht viel zu zögerlich ein. Man ist immer wieder vor Ort, aber dass die Stadt zum Beispiel den Antrag auf Zwangsverwaltung stellt, ist die absolute Ausnahme. Das sind immer Private, die das machen, obwohl die Stadt die Kompetenz im Mietrechtsgesetz hätte. Da könnte man einfach viel, viel intensiver gegen diese Horrorhäuser, gegen diese Spekulation vorgehen. Das ist das, was ich Sie bitte, einfach mitzunehmen: Wir brauchen im Wien von morgen ein konsequentes Einschreiten gegen diese Spekulation für die Mieterinnen und Mieter, sehr geehrte Damen und Herren. Wir dürfen uns nicht länger von diesen Immobilienhaien auf der Nase herumtanzen lassen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich komme zum Abschluss. In der Vergangenheit zu leben, macht für die Zukunft blind, im Gestern zu verharren, verstellt den Blick für morgen. Das Schlimme ist ja, die Rolle haben wir schon, brauchen wir nicht, ist hier mehrfach besetzt, aber irgendwer muss auch an das Wien von morgen denken, muss das Zukunftsversprechen an die kommenden Generationen erneuern. Das heißt, statt „Besser als Wien wird’s nimmer.“ „Es wird wieder besser in Wien.“ Statt „Haben wir schon, brauchen wir nicht.“, sollte die Geisteshaltung sein: „Haben wir nicht, brauchen wir schon.“ Statt im Gestern zu verharren, müssen wir Tag für Tag am Wien von morgen arbeiten. Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Sittler. Die selbstgewählte Redezeit sind zwölf Minuten, die hiermit eingestellt sind. Bitte.

 

13.05.20

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Vizebürgermeisterin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer via Livestream!

 

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