Gemeinderat, 56. Sitzung vom 27.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 113
Aber es wurden nicht nur Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels gesetzt, es wurden auch viele weitere Maßnahmen gesetzt. So wurde unter anderem das ambulante Angebot ausgebaut, damit mehr, passgenauere und zielgerichtete Unterstützung für Eltern gewährleistet wird, und so können im Jahr 2024 auf Grund der Initiativen, die gesetzt wurden, 240 Familien zusätzlich betreut werden. Darüber hinaus wurden im vergangenen Jahr die Weichen gestellt, damit auch das stationäre Angebot ausgebaut wird. Durch diese Anstrengung wird es dazu kommen, dass wir in den nächsten Jahren zehn neue Wohngemeinschaften in dem Bereich schaffen.
Das war jetzt nur ein kurzer und kleiner Überblick über die Tätigkeiten, die in diesem Bereich stattgefunden haben. Abschließend ist es mir ganz wichtig, noch einmal Danke zu sagen. Danke an all jene Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, die sich tagtäglich dafür einsetzen, dass Menschen und Familien die Unterstützung bekommen, die sie in einer Notsituation oder in einer schwierigen Lebenslage brauchen, und vor allem die Kinder und Jugendlichen vor Gewalt, vor Vernachlässigung schützen. Daher nochmal ein großes Danke im Namen unserer kleinsten und jüngsten MitbürgerInnen, denn auch sie haben es verdient, in einem gewaltfreien Umfeld groß zu werden und eine Perspektive zu bekommen. (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie von GRin Dr. Jennifer Kickert und StRin Mag. Judith Pühringer.)
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Die tatsächliche Redezeit waren fünf Minuten. Als nächste Rednerin ist GRin Mag. Aslan zu Wort gemeldet, selbstgewählte Redezeit sind sieben Minuten. Sie sind am Wort.
GRin Mag. Berivan Aslan (GRÜNE): Frau Vorsitzende! Herr Vizebürgermeister!
„Ich bin psychisch fertig, weil die MA 35 mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt hat.“, sagte mir vorgestern am Telefon ein junger Englischlehrer, den ich seit 2022 im Staatsbürgerschaftsverfahren betreue. Er hat vor eineinhalb Jahren den Antrag für eine Staatsbürgerschaft gestellt und davor hat er noch ein Jahr gebraucht, bis er überhaupt einen Antragstermin bekommt. Und obwohl er schon die Staatsbürgerschaftsprüfung erledigt und alle Unterlagen mehrfach, ordnungsgemäß und auch rechtzeitig eingebracht hat, wartet er immer noch auf einen Bescheid der MA 35.
Auf Grund seiner Migrationsgeschichte ist er inklusive der ganzen Verfahrensverzögerungen der MA 35 seit neun Jahren ohne Reisepass. Das ist sehr, sehr tragisch, nicht nur, weil seine schwerkranke Mutter in der Türkei sich auf sein Kommen freuen würde, sondern er ist auch beruflich eingeschränkt, denn er kann nicht einmal mit einer Schulklasse über das Deutsche Eck nach Tirol dann fahren. Und im Moment ist er so verzweifelt, weil er einfach Angst hat, dass er seine Mutter nie mehr sehen kann. Er probiert die ganze Zeit über Telefon, über E-Mail von der MA 35 eine Information über seinen Verfahrensstand zu bekommen. Er hat dann wieder das Ganze über uns probiert, wir haben das auch probiert, zumindest irgendeine Info, was jetzt gerade mit dem Bescheid ist, ob der jetzt kommt oder nicht - leider waren wir auch nicht erfolgreich.
Im Grunde genommen will er nicht einmal besonders behandelt werden, sondern er verlangt von der Behörde nur, dass sie sich an die gesetzliche Sechsmonatsfrist hält. Und es kann nicht sein, dass wir nach drei Jahren Reformbestrebungen immer noch über Verfahrensverzögerungen sprechen, immer noch über die Nichterreichbarkeit der Sachverständigen sprechen und dass wir immer noch über die gleichen Probleme sprechen, die wir eigentlich vor drei Jahren schon gehabt haben. (Beifall bei den GRÜNEN.) Wenn diese Probleme immer noch erwähnt werden oder wenn wir immer noch Fälle von Verfahrensverzögerungen haben, dann ist euch diese Reform wirklich nicht ganz gut gelungen, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Deswegen stellen wir heute noch zwei weitere Anträge zur MA 35, und zwar einen davon zur Senkung der Landesgebühren bei Überschreitung der Sechsmonatsfrist und den anderen zur Erleichterung des Staatsbürgerschaftsverfahren. Und das alles nur, damit den Menschen die Zukunftschancen und auch die Lebenszeit nicht geraubt wird, und das alles nur, damit wir überhaupt eine gesetzeskonforme, eine faire und auch eine menschenwürdige Behörde haben, liebe Kolleginnen und Kollegen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Nun zu meinem anderen Antrag, einem gemeinsamen Antrag, der mich sehr freut, dass wir hier den beschließen. Vor 35 Jahren wurden 3 mutige friedenspolitische und auch menschenrechtspolitische Politiker in Wien ermordet. Es waren Dr. Abdul Rahman Ghassemlou, Abdullah Ghaderi-Azar und Fadel Rasoul. Sie planten eigentlich Friedensverhandlungen mit dem iranischen Gesandten in Wien. Stattdessen gab es ein brutales Blutbad, sie wurden ermordet. Die Täter flohen in die iranische Botschaft, wurden nach Interventionen des iranischen Regimes unter österreichischem Polizeischutz zum Flughafen eskortiert und konnten unbehelligt nach Teheran ausreisen. Im Iran wurden sie natürlich vom Regime groß gefeiert, einer der Mörder erhielt einen sehr hohen Posten in der iranischen Revolutionsgarde - das muss man sich einmal vorstellen -, die meines Erachtens schon längst als Terrororganisation eingestuft werden sollte. (Beifall bei GRÜNEN und NEOS sowie von GR. Dr. Gerhard Schmid.)
Es ist traurig, dass die Täter einfach straflos geblieben sind, es ist traurig, dass es dafür gar keine politischen Konsequenzen gegeben hat, und es ist traurig, dass es 35 Jahre lang von offizieller Seite keinen Gedenkort für diese Friedensbotschafter gegeben hat. Gerade deshalb bringe ich heute mit meinen Kollegen und Kolleginnen Niki Kunrath, Peter Florianschütz, Thomas Weber, Dolores Bakos, Safar Akcay und - was mich besonders freut - meiner Kollegin Ursula Berner und unserem Landtagspräsident Ernst Woller einen Beschlussantrag ein, in dem wir einen Gedenkbaum für diese mutigen Friedensbotschafter fordern. Ein Gedenkbaum deswegen, weil Dr. Ghassemlou ein sehr naturverbundener Mensch war und ein Gedenkbaum auch eine schöne symbolische Kraft hat. Es ist sehr schade, dass seine Frau, Helene Ghasssemlou, diesen Tag nicht erleben durfte. Sie war ihr ganzes Leben auf der Suche nach Gerechtigkeit und ist leider letztes Jahr gestorben, aber sie hätte sich sehr gefreut. Statt ihr
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