Gemeinderat, 56. Sitzung vom 26.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 104
rat bereits sehr erfolgreich in seine zweite Funktionsperiode gestartet, und wir sind dort auch mit einer jungen Wienerin und einem jungen Niederösterreicher, der auch zum Sprecher des Jugendrats gewählt wurde, sehr gut vertreten.
Ein weiterer Bereich der Stadtaußenpolitik Wiens ist und war auch 2023 die Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe, mit der wir einen wichtigen Beitrag zur globalen Armutsbekämpfung leisten. Im Jahr 2023 betrugen die EZA-Leistungen unserer Stadt rund 1,4 Millionen EUR. Unterstützt wurden unter der Schwerpunktsetzung Recht auf Nahrung und Wasser Projekte in Äthiopien, Bhutan, Irak, Kongo, Mosambik, Namibia, Nepal, Senegal und Uganda. Die genauen Projektberichte können wie immer im Jahresbericht auf der Homepage der Stadt Wien nachgelesen werden.
Erwähnen möchte ich an dieser Stelle vor allem das Leitprojekt der Wiener EZA in Albanien, wo es um qualitativ hochwertige Berufsbildung in Albanien geht. Während die FPÖ mit ihrem heutigen Antrag wieder beweist, dass sie mit komplexen Sachverhalten überfordert ist und daher nur einfache vermeintliche Lösungen präsentiert und den Integrationsprozess Albaniens einfach stoppen möchte, übernimmt Wien Verantwortung und gibt jungen Menschen in Albanien eine Zukunftsperspektive. Nicht zuletzt darum, weil der Westbalkan aus außen-, wirtschafts-, sicherheits- und entwicklungspolitischer Sicht von zentralem Interesse für Österreich, aber auch für die Stadt Wien ist. Aber diese Weitsicht gibt es in der FPÖ scheinbar nicht.
Die Ausgangslage war bei dem Projekt folgende: Mehr als 20 Prozent der jugendlichen AlbanerInnen zwischen 15 und 29 Jahren sind arbeitslos, im Tourismus und IT-Sektor wiederum herrscht eine gesteigerte Nachfrage nach besser ausgebildetem Personal. Die bisherige Ausbildung in diesen Sektoren war jedoch primär schulisch ausgerichtet, wenig praxisnah und erreichte vor allem nur 14 Prozent der Mädchen. Das Projekt hatte daher zum Ziel, die Qualität und den Zugang zu Berufsausbildungsangeboten in den genannten Sektoren zu erhöhen und besonders einen Beitrag zur Steigerung der Erwerbsfähigkeit von Mädchen und Frauen zu leisten. Das Projekt wurde jährlich mit 400.000 EUR, insgesamt mit 1,2 Millionen EUR gefördert. Und 2023 erfolgte die Ausbezahlung der dritten und letzten Tranche der Fördersumme für dieses erfolgreiche Projekt.
Auch im Rahmen der humanitären Hilfe hat Wien 2023 wieder internationale Solidarität gezeigt. Im Unterschied zur EZA, die langfristig geplant und nachhaltig Kapazitäten aufbauen soll, soll die humanitäre Hilfe rasch und anlassbezogen in Krisensituationen wirken. Das war beispielsweise 2023 im Februar bei dem verheerenden Erdbeben in der syrisch-türkischen Grenzregion der Fall, es war und ist aber natürlich auch weiterhin in der Ukraine auf Grund der Kriegshandlungen der Fall. So wurden vergangenes Jahr 21 LKWs mit 132 t Hilfsgütern von Wien in die Ukraine geliefert. Darin befanden sich zum Beispiel Schulmöbel, Spitalsbetten, Operationsmaterial, et cetera. Auch Feuerwehr- und Rettungseinsatzfahrzeuge aus Wien wurden der Ukraine letztes Jahr überlassen.
Diese rasche Hilfe für Krisenregionen ist nicht nur extrem wichtig für die Menschen vor Ort, sie zeigt auch, dass Wien sich seiner globalen Verantwortung bewusst ist. Wien ist nicht nur die lebenswerteste Stadt der Welt, Wien lebt auch weltweite Solidarität. - In diesem Sinne herzlichen Dank und noch einen schönen Nachmittag! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zum Wort gemeldet ist GR Gstöttner. Selbstgewählte Redezeit, die ich jetzt erst einstellen muss - einen Moment, der macht da etwas ganz anderes als das, was ich will, entschuldigen Sie -, sind neun Minuten. Sie haben das Wort.
GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Wir schätzen immer sehr den durchaus konstruktiven und vor allem respektvollen Umgang im Finanzausschuss, auch hier im Haus bei der Rechnungsabschlussdebatte grundsätzlich, und es ist auch total verständlich, dass die Wiener Stadtregierung ihre eigene Arbeit in einem positiven Licht sieht. Das heißt aber noch nicht, dass alles unwidersprochen bleiben kann.
Sehr geehrter Herr Stadtrat, Sie haben in Ihren Ausführungen betont, dass die Stadt Wien und die Wiener Stadtregierung unter anderem für eine vorausschauende antizyklische Konjunkturpolitik stehen. Nun, wir wissen alle, was das bedeutet oder was es bedeuten würde, nämlich dass die öffentliche Hand in guten Zeiten, in Zeiten des Aufschwungs vorsichtig wirtschaftet, Überschüsse produziert, um dann in Zeiten der Krise mehr ausgeben zu können, Defizite zu verkraften, um die Wirtschaft zu unterstützen.
Wenn man nun diese Theorie mit der gelebten Praxis vergleicht, und das ist relativ einfach, wenn man - und Sie kennen ja die Zahlen - die letzten 20 Jahre in der Stadt Wien und den Schuldenstand in Milliarden gegenüberstellt, dann sieht man einen roten Balken, der in knapp 45 Grad nach rechts oben geht und der ganz einfach zeigt, dass der Schuldenstand von knapp unter 2 Milliarden EUR im Jahr 2009 auf knapp über 10 Milliarden EUR im Jahr 2023 de facto kontinuierlich gestiegen ist. Nun gibt es nur zwei mögliche Realitäten, nämlich: Zum Ersten könnte es sein, dass die Stadt Wien seit dem Jahr 2009 permanent in einer existenziellen Wirtschaftskrise war - was ich als Bürger dieser Stadt durchaus bezweifeln würde -, oder es gibt in Wien zwar sehr vieles - was wir nicht bestreiten -, aber definitiv, und das kann man felsenfest behaupten, keine antizyklische Konjunkturpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)
Zum Rechnungsabschluss und zu unseren grundlegenden Beweggründen, warum wir der Politik der sozusagen erweiterten Schulden und der permanent steigenden Ausgaben nicht wirklich etwas abgewinnen können - auch nicht in Zeiten wie diesen, seien sie auch global herausfordernd: Es haben vielleicht einige von Ihnen mitbekommen, dass vor einigen Tagen vom Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria eine Studie veröffentlicht wurde, in der sie kundgetan haben, dass der 28. Juni dieses Jahres der
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