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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 26.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 104

 

nen wir trefflich diskutieren -, sondern auch, was hereinkommt, vor allem aber auch, wie man das interpretiert. Wenn man das unternehmerisch betrachtet, wie Sie das am Anfang gesagt haben, würde ich mir von einem Finanzvorstand in einem Unternehmen erwarten, dass man, wenn solche Zahlen am Tisch liegen, dann auch sagt, Leute, so geht es nicht weiter, statt sich einzelne Positionen herauszusuchen, über die man sagt, dort funktioniert es gut.

 

Einzig und allein im Bereich der Investitionen: Es ist schön, wenn man immer die absoluten Zahlen erwähnt und sagt, wir haben da und dort so und so viele Hunderte Millionen Euro investiert. Das ist super. Ich erwarte mir aber eigentlich auch die Gegenansicht, indem man sagt: Was hätten wir investieren müssen, um den Status quo beizubehalten?

 

Es sind Zahlen aus Ihrem Budget. Sie können gern wieder einen Sprecher herausschicken, der dann meint: Der Nepp und die FPÖ können nicht rechnen. Diese Polemik nehme ich ruhig hin. Ich teile auch gern aus. Es sind aber im Endeffekt Zahlen, die Sie uns ja präsentiert haben. Wenn Sie dann meinen, wir haben einen hohen Investitionsbetrag mit mehreren Hundert Millionen Euro, dann muss man sich aber gleichzeitig auch die Abschreibungen anschauen.

 

Abschreibungen sind ja nicht nur etwas Buchhalterisches, sondern etwas wird ja durch Abnutzung oder durch die Nutzung selbst auch weniger Wert. Nehmen wir zum Beispiel aus dem Bereich der Infrastruktur die Schienen. (Heiterkeit bei GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM.) Das heißt, wenn ich dort nicht investiere, dann wird das natürlich auch weniger wert. Es wird abgeschrieben, außer ich investiere wieder die gleiche Summe, um es instand zu halten, damit es im Endeffekt dann quasi eine Null ergibt. (GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM - erheitert: Hast du es jetzt deinen Leuten erklärt?) - Ich habe es dir erklärt, damit du es auch einmal kapierst, denn ich meine, ihr erwähnt dauernd, ihr seid die Wirtschaftspartei, aber so etwas habe ich von euch noch nie gehört. Es ist aber okay, das ist typisch. - Das heißt, wenn dann die Abschreibungen am Ende dennoch höher sind als alle Investitionen, die man ja nicht nur investiert, um einen Status quo zu erhalten, sondern man investiert natürlich auch in neue Infrastruktur wie die U5 - die gab es vorher nicht -, dann wird das als Investition gewertet. Das ist auch budgetär richtig. Die Investitionen in die - ich sage einmal - U4-Gleise oder so sind da aber nicht dabei.

 

Das heißt, dass wir nicht ausreichend investieren, um diese Substanz, die wir jetzt noch haben, zu erhalten. Ich würde mir von Ihnen, Herr Finanzstadtrat, erwarten, dass Sie hier herausgehen und sagen: Wir haben ein enormes Investitionsproblem. Wir schaffen es nicht einmal mehr, den Status quo zu erhalten. Wir schaffen es nicht einmal mehr, so viel Budget und Geld aufzutreiben, dass wir die jetzige Infrastruktur noch halten können.

 

Das spürt ja jeder. Es ist schön, wenn Sie jetzt sagen: Wir haben eine neue Bim, Flexity, die ist supertoll und fährt durch Wien. Im Endeffekt geht es aber darum: Wie oft wird denn bei den U-Bahnen gestreikt? Wie oft gibt es dort Verzögerungen? Wie hat sich die Intervalltaktung geändert? Das ist ja etwas, was ganz Wien spürt. Meine Kinder konnten früher alle fünf Minuten eine Straßenbahn nehmen, um in die Schule zu fahren. Jetzt sind es alle elf Minuten. Das ist etwas, was sich doch ändert. Man sieht, warum … (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Das ist unterschiedlich!) Was heißt, das ist unterschiedlich? Ich weiß ja, wann meine Kinder früher in die Schule gegangen sind, und ich weiß, wann sie jetzt in die Schule gehen müssen, nämlich ein bisschen früher, damit sie die Bim erwischen. Also unterschiedlich ist da gar nichts, Herr Stürzenbecher.

 

Das meine ich: Das spürt doch jeder. Es spürt doch jeder, dass mit der Infrastruktur etwas nicht funktioniert. Es spürt doch jeder, dass im Gesundheitswesen nichts funktioniert. Es spürt doch jeder, dass in der Bildungspolitik an allen Ecken und Enden Geld fehlt. Da kann man noch so sehr den Regierungspartner loben, damit er auch in Zukunft bei allen anderen Sachen willfährig mitstimmt. Im Endeffekt fehlt aber auch dort alles: Personal, die Infrastruktur an den Schulen.

 

Wie oft haben wir früher von Frau Brauner etwas über die Sanierungspakete für Pflichtschulen gehört: Eins, zwei, drei, vier, fünf? Das zeigt ja schon, dass es von vorn bis hinten nicht funktioniert. Dann kommt auch noch immer der Schmäh, dass man präzise budgetiert hat. Ich habe es in meiner Pressekonferenz kritisiert. Dann kam etwas zurück - was weiß ich -: Eben, dass wir nicht rechnen können. Ich meine, wenn der eigene Voranschlag sagt, die Erträge nehmen 14 Milliarden EUR auf und man hat in seinem eigenen Voranschlag 17 Milliarden EUR, dann ist das wohl eine grobe Abweichung. Was ist hier präzise budgetiert? Ich behaupte, diese 17 Milliarden EUR sind nur passiert, damit Sie dann unten in Ihrer eigenen Ergebnisrechnung - Seite IV in Ihrem Budget - ein Plus haben. Sie wollten halt unten noch ein Plus von 424 Millionen EUR haben. Im Voranschlag war es ein Minus von 3,3 Milliarden EUR.

 

Das entsteht aber einzig und allein durch einen Budgettrick, indem man die Rückstellungen der Pensionen anders bewertet hat. Ich erwarte mir auch, dass man einmal mit dem Thema umgeht und sagt: Wir haben im Bereich der Pensionen im Bereich der Stadt Wien enorme Rückstellungen. Nur, weil jetzt der Leitzins international gestiegen ist und man daher eine andere Berechnungsmethode hat - da gibt es halt einen Abzinsungseffekt bei den Pensionen -, kann man sie niedriger bewerten. Das ist einfach nicht ehrlich. Und wenn Sie dann vor die Medien treten und sagen, wir haben präzise und genau budgetiert, dann funktioniert das nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ und von GR Wolfgang Kieslich.)

 

Vielleicht noch ein Punkt. Weil Sie erwähnt haben, das Vermögen der Stadt ist um 200 Millionen gestiegen. Das ist großartig, das ist die nächste Schlagzeile in diversen Medien. Aber das ist eben auch nicht die ganze Wahrheit. Man muss ja rechnen - was ist das Vermögen einer Stadt wert? Was haben wir für Schulden, sage ich einmal salopp? Was haben wir für Verbindlichkeiten, was haben wir für Fremdkapital? Was ist dann am Ende die Stadt wirklich

 

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