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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 18.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 80

 

einmal darüber reden, was man besser machen kann, und überall dort, wo zum Beispiel die Ekazent eigentlich gar nicht der Meinung ist, dass sie sozialen Wohnbau errichten will, wir uns eher überlegen, ob wir nicht ein Ausschreibungsverfahren für die Grundstücke machen und dass wir gemeinsam versuchen, das bestmöglich und sinnvoll einzulösen. Dort, wo wir die Baurechte zurückkaufen, wirklich das in einer Größenordnung machen, wo wir auch einbeziehen müssten, was die Ekazent in den kommenden 20 Jahren investieren müsste, um tatsächlich einen echten Verkehrswert von Grund und Boden zu bekommen, mit dem wir dann auch Sozialwohnungen errichten könnten. Denn im Schnitt für ein Grundstück, das uns gehört, noch einmal 1.000 EUR für den Quadratmeter zu zahlen und dann zu sagen, wir errichten dort Sozialwohnungen, liebe Kathi Gaál, das ist absurd. Und deshalb, bitte, zieh den Antrag heute noch einmal zurück, reden wir gemeinsam darüber, wie wir das besser machen können. - Ich danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei GRÜNEN und FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Prack, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

15.28.23

GR Georg Prack, BA (GRÜNE)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Wir diskutieren heute den Umgang mit aufrechten Baurechtsverträgen. Dass wir diese Diskussion führen können, ist zunächst einmal bemerkenswert, denn verhandeln können wir über die Zukunft dieser Grundstücke nur deshalb, weil sie im Baurecht vergeben wurden. Das Baurecht hat der öffentlichen Hand langfristig Einfluss bewahrt, und das ist gut so. Der vorliegende Fall ist das beste Beispiel dafür, warum Baurechte statt Verkauf ein wichtiges und richtiges Prinzip ist. Das öffentliche Interesse kann sich mit den Jahren ändern und dann ist es gut, wenn die Stadt wieder Einfluss nehmen kann.

 

Ich fordere Sie daher dazu auf, das Prinzip Baurecht statt Verkauf nicht nur konsequent umzusetzen, ich fordere Sie auch dazu auf, das auch rechtlich zu verankern, für die Stadt und für alle ihre Rechtsträger im Einflussbereich der Stadt. Dass zum Beispiel der Wohnfonds immer noch Verkäufe abwickelt, wenn auch immer weniger, zeigt, dass es diese rechtliche Klarstellung braucht. Ich anerkenne, dass hier Umdenken stattgefunden hat und stattfindet, aber der nächste Schritt wäre, dass man klare Voraussetzungen dafür schafft, Ausnahmen zu definieren, und vor allem, dass man das Prinzip Baurecht statt Verkauf bindend verankert, denn hoffen, dass sich alle einfach daran halten, auch sozusagen die ausgelagerten Rechtsträger der Stadt, reicht nicht.

 

Im vorliegenden Fall geht es um das öffentliche Interesse an Nachverdichtung. Ich muss das hier weitgehend unterstellen, da das im Akt nicht immer herauszulesen ist. Das ist auch ein Teil des Problems mit diesem Akt. Der Kollege Margulies hat schon viele Kritikpunkte erwähnt. Die Grundstücke der Stadt sind allesamt bei städtischen Wohnhausanlagen angesiedelt und gemessen am Umfeld mit deutlich zu geringer Dichte bebaut. Die Baurechte laufen in der Regel bis etwa 2050. Es ist also zu begrüßen, dass man sich bemüht, die Grundstücke vor Ablauf der Baurechtsverträge nutzbar zu machen. Bevor wir neu bauen, müssen wir bestehenden Wohnraum mobilisieren, bevor wir neue Flächen versiegeln, müssen wir bereits versiegelte Flächen nutzen. Also insgesamt ist sozusagen die Intention nachvollziehbar. Dort, wo wir bereits gute soziale Infrastruktur, gute öffentliche Verkehrsanbindung und ausreichend Grünraum haben, ist Nachverdichtung wichtig, schließlich haben wir einen großen Wohnungsbedarf zu decken. Im vorliegenden Akt aber wird nicht nur Gestaltungsspielraum gewonnen, es wird auch über weitere Jahrzehnte Gestaltungsspielraum aufgegeben. Denn zirka die Hälfte der Baurechtsverträge mit dem Ekazent soll langfristig verlängert werden, damit nimmt man sich den Gestaltungsanspruch, damit nimmt man sich den Nachverdichtungsspielraum bei diesen Liegenschaften, und zwar auf Jahrzehnte hinweg. Und das ist gerade vor dem Hintergrund der Verknappung des Wohnungsangebots, sehr geehrte Damen und Herren, kurzsichtig. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Der Kollege Margulies hat schon dargestellt, für das Ekazent und für die anderen Beteiligten ist es eine Win-win-Situation, sie werden Baurechtsverträge vorzeitig los, die wenig profitable Immobilien betreffen, und es werden Baurechtsverträge verlängert, die durchaus profitable Immobilien betreffen. Dazu muss man nur die Immobilien einmal in Augenschein nehmen, um das bewerten zu können. Für die Stadt Wien ist es aber eher eine bissel Win- und sehr viel „Lose“-Situation. Die Stadt nutzt hier ihre starke Verhandlungsposition deutlich mehr schlecht als recht, und einem Abtauschhandel, von dem der Private deutlich mehr hat als die öffentliche Hand, können wir im Sinne des Steuerzahlers und der Steuerzahlerin nicht zustimmen. Und das werden wir auch nicht tun, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Dass dann, und das möchte ich noch erwähnen, Vertragsbestandteile der einzelnen Baurechtsverträge offen gelassen werden und wir ohne Kenntnis der finalen Verträge eine Ermächtigung zum Abschluss der Verträge geben sollen, macht die Sache nicht besser. Während wir in aller Regel hier einzelne vollständige Baurechtsverträge vorgelegt bekommen, sollen wir hier einfach zum Abschluss ermächtigen. Und ich kann Ihnen schon voraussagen, was uns nach Abschluss der Verträge dann geantwortet werden wird. Wenn wir nach dem vollständigen Inhalt der Baurechtsverträge fragen, wird die Antwort sein: Datenschutz, Geschäftsgeheimnis, nicht von der Interpellation erfasst. Und das, sehr geehrte Damen und Herren, ist neben der Kritik in der Sache eine intransparente Vorgangsweise, die wir nicht unterstützen können.

 

Der Kollege Margulies hat wesentliche Sachverhalte angesprochen, warum dieser Beschluss nicht gefasst werden sollte. Ich weiß, man soll es nicht machen, ich mache es jetzt auf Grund dessen, dass wir es in dieser Diskussion jetzt nochmal aufbringen mussten, trotzdem, wir stellen den Antrag auf Absetzung des Geschäftsstückes. (Beifall bei den GRÜNEN)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.

 

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