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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 18.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 80

 

ich die Prinzipien der Demokratie natürlich jetzt auch schon. Ich bin dazu verpflichtet, ich habe einen Lehrplan und ich habe Unterrichtsprinzipien. Das ist unsere gesetzliche Grundlage der Unterrichtsarbeit, und an diese muss ich mich halten, und meine KollegInnen halten sich auch daran. Da bin ich mir sicher. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Die Unterrichtsprinzipien gelten im Übrigen für jedes Fach. Ich nenne angesichts der Zeit nicht alle: Es gibt interkulturelle Bildung, es gibt politische Bildung, reflexive Geschlechterbildung, Gleichstellung, Umweltbildung, Mobilitätserziehung, Wirtschaftserziehung. All diese Unterrichtsprinzipien müssen gelehrt werden und werden gelehrt. Dass Luft nach oben ist, stimmt, aber das sind Orte, wo Werte des gesellschaftlichen Miteinanders gelehrt und gelernt werden können.

 

Das steht auch in den Lehrplänen. Ich möchte nur kurz daraus zitieren, beispielsweise für die Mittelschule, wo es heißt: „Die Mittelschule soll Individualität der Schülerinnen und Schüler nach ethisch gehaltvollen Werten fördern.“ Oder: „Den Fragen und dem Verlangen nach einem sinnerfüllten Leben in einer menschenwürdigen Zukunft hat der Unterricht mit einer auf ausreichende Information und Wissen aufbauenden Auseinandersetzung mit ethisch und moralischen Werten und der religiösen Dimension des Lebens zu begegnen.“ Weiters noch: „Für alle Schülerinnen und Schüler werden im Unterricht Gelegenheiten geboten, sich reflektiert und kritisch mit eigenen Identitäten und Zugehörigkeiten auseinanderzusetzen. Gleichzeitig sollen die grundsätzlichen Werte, Normen und Traditionen einer aufgeklärten, europäischen Gesellschaft vermittelt werden.“ Es geht im Lehrplan weiters sehr viel um Rechtsstaatlichkeit, um Egalität der Geschlechter, um Säkularität des Staates und um ein gedeihliches Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft, in einer liberalen Gesellschaft.

 

Ja, da kann man mehr hinschauen, aber da besteht die Lösung nicht in einem neuen Unterrichtsfach, sondern die Lösung ist eigentlich das, was wir schon seit vielen Jahren fordern und gerade im letzten Gemeinderat auch wieder eingebracht haben. Zum Glück ist es jetzt dem Bildungsausschuss zugewiesen, aber Sie hätten beispielsweise auch der Evaluierung der Unterrichtsinhalte in Wiens Pflichtschulen zustimmen können. Dem hätte man sofort zustimmen können. Wir hoffen, dass das noch passiert. Mit einem neuen Fach daherzukommen, ist uns in der Frage tatsächlich zu wenig.

 

Ist alles gut? Nein, wir haben Probleme. Wenn Kinder in einem Kindergarten in Wien, in dem sie zwei Jahre sind, dann nicht ausreichend Deutsch können und außerordentlich geführt werden müssen, dann haben wir ein Problem. Wenn Wien Schlusslicht in der schulischen Inklusion in der Elementarbildung ist, dann ist das aber auch ein Problem. Dann kann man sich auch fragen, was eigentlich mit unseren Werten ist, wenn wir es nicht schaffen, dass auch diese Kinder eine gerechte Chance im Leben bekommen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Abschließend aus unserer Sicht: Kein neues Fach, denn die Inhalte sind da, die sind in den Lehrplänen, die sind in den Unterrichtsprinzipien. Das könnte besser kontrolliert werden, das stimmt. Wir haben aber ein Bildungssystem, und zwar ein nicht inklusives und ein wenig integratives, bei dem wir schon auch sehen, dass die Chance wäre, die Dinge zu ändern. Wir haben ein System, das Kinder im Alter von zehn Jahren trennt. Das ist natürlich nicht unbedingt förderlich für die Chancengerechtigkeit und für mehr Diversität in den Schulen.

 

Wenn kein Kind in einer Klasse mehr Deutsch spricht - das stimmt, das ist manches Mal leider auch der Fall -, dann ist auch die Frage: Wohin sollen sich diese Kinder überhaupt integrieren? Das wären schon auch Ihre Chance und Ihre Verantwortung als Bildungsstadtrat, darauf zu schauen, dass es eine bessere Durchmischung gibt und dass solche Klassen erst gar nicht entstehen können. (StR Dominik Nepp, MA: Ja, aber das ist halt schwierig!) Das ist nämlich auch volkswirtschaftlich auf längere Zeit ein Schaden. An die KollegInnen der ÖVP: Vielleicht bekommen wir auch ein bissel Unterstützung, wenn das volkswirtschaftliche Argument dann vielleicht doch ein bissel zieht.

 

Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr wäre zum Beispiel auch eine Maßnahme, die uns in dem Zusammenhang einfällt, Ganztagsschulen ausbauen, schneller, als es jetzt der Fall ist, Gesamtschulen, ein Chancenindex in der Schulplatzzuteilung, dort, wo wir es machen können, im Kindergarten auch auf Durchmischung zu schauen, Evaluierung des Unterrichts und mehr Ressourcen in Form von Schulpsychologie, Schulsozialarbeit. Das ist alles ein guter Anfang.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk (unterbrechend): Frau Gemeinderätin, ich darf Sie ersuchen, den Schlusssatz zu formulieren.

 

GRin Mag. Mag. Julia Malle (fortsetzend): Ich formuliere den Schlusssatz. (StR Dominik Nepp, MA: Die Rede ist eh schon ...) Bitte handeln Sie dort, wo Sie handeln können! Ja, neue Herausforderungen gibt es. Für die braucht es Lösungen, aber bitte schauen Sie auch auf die alten Herausforderungen, denn die wollen endlich auch einmal gelöst werden. Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Zierfuß, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

10.36.38

GR Harald Zierfuß (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Ich habe mir in den letzten Tagen oft gedacht: Gut, dass Sie Wiederkehr heißen. Das passt, finde ich, ganz gut, denn Sie kommen immer mit den alten wiederkehrenden Gschichtln. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Namenswitze machen wir nicht!) Statt als zuständiger Stadtrat Antworten auf die massiven Integrationsversäumnisse der Stadt zu geben oder auf die deutliche Zuwanderung, die wir auch spüren, schieben Sie die Verantwortung ein Mal mehr ab und fordern von wem anderen, vom Bund, ein neues Schulfach ein. Die NEOS in dieser Stadtregierung erinnern mich mehr an einen kaputten Plattenspieler, der sich immer wieder wiederholt und hängen bleibt, als an eine Regierungspartei mit ernsthaften Lösungen, und

 

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