Gemeinderat, 53. Sitzung vom 22.04.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 76
Wir kommen zur Postnummer 14 der Tagesordnung. Sie betrifft eine Förderung an die Diakonie - Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH. Ich ersuche den Berichterstatter, Herrn GR Gremel, die Debatte einzuleiten.
Berichterstatter GR Mag. Marcus Gremel, MBA: Ich ersuche um Zustimmung.
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Hungerländer. Ich erteile es ihr.
GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Danke schön, Frau Vorsitzende! Ich bringe am besten gleich den Antrag ein, den ich mitgebracht habe, damit ich es nicht vergesse. Ich habe nämlich einen Antrag mitgebracht zum Thema Social Media und Jugendliche, Gefahren, die von den Sozialen Medien ausgehen, und die Frage, wie wir Eltern, Lehrer, Pädagogen allgemein, Sozialarbeiter bestmöglich darauf vorbereiten können. Das ist ein Antrag, der bei uns klubintern schon lange angedacht wurde, und das Problem wurde in vielen Gesprächen bestätigt, in denen Eltern und auch Lehrer mich völlig unabhängig von irgendeinem Kontext darauf angesprochen haben und gesagt haben, sie sehen, es gibt ein Problem, aber sie wissen nicht, wie sie damit umgehen können. Genau dasselbe hat unlängst auch ein Sozialarbeiter, der geflüchtete Familien betreut, in einem Gespräch gesagt. Sie wissen, die Kinder sehen etwas in den Sozialen Medien und setzen es dann in die Realität um, und sie haben keine Ahnung, wie sie damit umgehen können.
Wir haben versucht, in diesem Antrag dieses Thema nicht vollständig, aber zumindest das, was wir begreifen und bemerkt haben, zusammenzufassen, und wir beantragen, dass eine Enquete zu dem Thema Gefahren der Sozialen Medien und Reaktionen darauf ins Leben gerufen wird. Warum eine Enquete? Ich bin keine große Freundin des 500. Arbeitskreises, aber ich denke, es wird bereits viel gemacht auf Landesebene, wir wissen, dass auf Bundesebene viel gemacht wird, wir wissen, dass wir alle ein gewisses Problembewusstsein haben, aber ich habe den Eindruck, all das wird noch nicht konzentriert zusammengeführt und schon gar nicht so konzentriert zusammengeführt, dass wir Pädagogen, Lehrer und Sozialarbeiter damit unterstützen können.
Eines der Grundprobleme scheint tatsächlich zu sein, dass Eltern, Lehrer - also alle, die ich jetzt einmal als Erwachsene, die mit Kindern arbeiten, zusammenfassen möchte - in ganz anderen Gefahrenlagen groß geworden sind. Was meine ich damit? Wenn man ihnen, und dazu gibt es durchaus Studien, die Frage stellt: „Was halten Sie für schlimmer, physische Gefahren oder die Gefahren des Internets?“, dann sagen sie darauf: „Physische Gefahren, den Überfall, die Vergewaltigung.“ Wenn man Jugendliche fragt: „Was haltet ihr für schlimmer, mentale Gefahren durch die Sozialen Medien oder physische Gefahren?“, dann sagen sie: „Mentale Gefahren durch die Sozialen Medien.“ - Das sind aber Gefahrenfelder, die Menschen von unserer Generation aufwärts gar nicht begreifen können, weil sie das nie originär miterlebt haben. Das heißt, die Gefahreneinschätzung ist bei Pädagogen, Lehrpersonen, Erwachsenen einerseits und Kindern und Jugendlichen andererseits eine grundlegend unterschiedliche.
Das zweite große Problem ist: Diese Sozialen Medien ändern sich derartig schnell, dass es wahnsinnig schwierig ist, up to date zu bleiben, wenn man nicht selber damit arbeitet. Also wir haben jetzt vielleicht mitbekommen, dass es TikTok gibt, und wir wissen auch, dass es Snapchat gibt, aber diejenigen von uns, die tatsächlich Snapchat verstehen und die verstehen, was die Probleme dahinter sind, sind, glaube ist, recht dünn gesät.
Also diese zwei Problemlagen haben wir: Erstens, man kann die Gefahren nicht richtig einschätzen, wenn man nicht involviert ist, und zweitens, es fällt wahnsinnig schwer, up to date zu bleiben, immer zu wissen, was jetzt gerade der neueste Trend ist.
Wir sehen Interaktionen zwischen realer und virtueller Welt. Wir haben das besprochen, als es um diese Massenvergewaltigung von einem Mädchen ging. Das war ja nicht nur eine Vergewaltigung, eine Gruppenvergewaltigung, sondern das Kind wurde über Wochen mit Videos von der Vergewaltigung erpresst. So, jetzt haben wir eine Überschneidung zwischen der realen Welt, in der die physische Gewalt ausgeübt wurde, und der virtuellen Welt, in der die laufende Erpressung stattgefunden hat. Diese Überschneidung muss irgendwie bearbeitet werden, sei das strafrechtlich, wofür wir nicht zuständig sind, sei das auch in der Vorbereitung mit zum Beispiel Eltern, indem man ihnen erklärt, dass es diese Überschneidungen gibt.
Oder: Bullying. Wenn jemand gebullied wird, dann - so sagen die Kinder - ist das Problem, dass es nicht nur in der Schule passiert, sie werden nicht nur in der Schule unterdrückt, sondern es geht bis nach Hause. Das Problem wird also über das Smartphone nach Hause getragen. Das ist ein ganz anderes Szenario, als wir es aus der Zeit vor den Sozialen Medien kennen.
Und das zweite Problem, das Jugendliche nennen: Die ganze Welt sieht zu. Wenn man bloßgestellt wird, wird man das also nicht nur vor dem Freundeskreis oder „nur“ vor der Schule, sondern tatsächlich vor allen, die Instagram nutzen, oder vor allen, die TikTok nutzen. Es ist eine ganz andere Dimension, die man in irgendeiner Art und Weise auch adressieren muss.
Ein weiteres großes Problem: Die physischen Auswirkungen auf ein Gehirn und ein Hormonsystem, das noch in Veränderung begriffen ist. Meine Damen und Herren, das Gehirn ist bis zum 25. Lebensjahr nicht ausgewachsen. In dieser sensiblen Phase setzen wir Kinder und Jugendliche Sozialen Medien aus, und - ein Experte hat es in einer Dokumentation gesagt - es ist ein Experiment. In Wahrheit leben wir gerade ein großes Experiment. Wir wissen nicht, was die Auswirkungen sind, wir schauen uns das halt bei der jetzigen jungen Generation an. Und da müsste die Politik schon ein bisschen mehr machen.
Zum Beispiel: Wir wissen inzwischen - das ist sehr gut dokumentiert aus Senatsanhörungen, die in den USA bereits stattgefunden haben, die sind ein bisschen weiter als wir -, dass Soziale Medien Mechanismen haben, die wie Glücksspielmechanismen funktionieren. Das bedeutet, der Gambling-Automat in Las Vegas bewirkt mit den gleichen Mechanismen, Leute zu binden, wie die Sozialen Medien. Das wissen wir. Wir wissen, dass Dopamin aus
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