Gemeinderat, 50. Sitzung vom 22.02.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 103
gebaut ist. Warum? Wir haben im Elementarbereich riesige Baustellen, das wissen Sie, und wir werden das ohne Ihre Anstrengung nicht so schnell lösen. Zu denken ist an kleinere Gruppen, mehr Vorbereitungszeit für die Pädagoginnen und Pädagogen, Inklusion, eine zielführende Deutschförderung, Gesundheitspersonal für die Kleinsten, und so weiter, und so fort. Oder im Schulbereich: LehrerInnenmangel, mangelnde Wertschätzung für die Pädagoginnen und Pädagogen, überfordertes Lehrpersonal, DirektorInnen, überbordende Bürokratie, ein Mangel an psychosozialen Unterstützungssystemen, verhinderte Inklusion und kaum Schulautonomie.
Was aber beobachten wir in letzter Zeit? Einen politischen Diskurs in den letzten Wochen, der sich hauptsächlich um das Thema Gewalt an Schulen dreht, wo Sie sich, Herr Bildungsstadtrat, mit Bildungsminister Polaschek einen medialen Schlagabtausch liefern, wann und wie man Eltern bestrafen sollte, wenn diese Elternsprechtage versäumen oder deren Kinder die Schule schwänzen. Mein Kollege Stadler und ich unterrichten beide selbst und haben erst gestern darüber gesprochen, dass wir diesen Zugang grundfalsch halten, dass Sie immer vom Ende der Eskalationsstufe her denken. Sie zäumen das Pferd von hinten auf und betreiben Symptomlinderung statt Ursachenbekämpfung. Eigentlich müsste man doch viel früher ansetzen und über Prävention nachdenken, und Strafen für Eltern bei Schulschwänzen oder bei Versäumen von Elternsprechtagen sollte wirklich das letzte Mittel sein. (GRin Mag. Dolores Bakos, BA: Ja!)
Wenn ich mir gerade vorstelle, dass der pinke Bildungspalast immer mehr zusammenbricht, würde ich sagen: Sanieren Sie einmal die größeren Baustellen, sanieren Sie die wichtigsten Zimmer in Ihrem Palast, bevor wir darüber reden können, welche Farbe der Türknopf haben soll. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Im Bildungspalast der NEOS finden auch nicht alle SchülerInnen Platz - das haben wir jetzt auch erfahren. Erst gestern haben wir medial erfahren, dass viele Kinder in Zukunft in Containerschulen untergebracht werden. Natürlich ist die Wiener Situation eine besondere. Wir haben hier besondere Herausforderungen, das sehen wir schon auch, aber so ganz überraschend dürfte Sie das auch nicht getroffen haben. (VBgm Christoph Wiederkehr, MA: Der Krieg in der Ukraine war das!) Daher sorgen Sie bitte auch als Bildungsstadtrat dafür, dass alle SchülerInnen Wiens ein solides Dach in Ihrem Bildungspalast, ein Dach über dem Kopf haben.
Zum Poststück, zur Mutmillion: Das ist super, und natürlich unterstützen wir das auch. Es wurden zehn tolle Projekte ausgewählt, obwohl man ehrlicherweise sagen muss, dass die Projekte auch nicht neu sind, sie finanzieren vor allem den laufenden Betrieb von schon bestehenden Projekten. Trotzdem sind sie wichtig, und da sind wir natürlich absolut dabei, wie wir überall dabei sind, wenn es um Initiativen geht, die zu einem besseren Miteinander in den Schulen führen.
Aber die Behauptung, dass durch die Mutmillion eine Angstfreiheit in Schulen hergestellt werden kann, wie Sie es behaupten, halten wir doch für einen schwer übertriebenen Marketing-Gag. Das wird nicht so leicht gehen, da muss mehr passieren, da muss die Vertrauensbasis passen, da muss es Zeit geben. Das kann nicht durch einzelne Workshops hergestellt werden. Da bräuchte es genügend Supportpersonal, da bräuchte es SchulsozialarbeiterInnen und SchulpsychologInnen und natürlich auch Wertschätzung den LehrerInnen gegenüber, die von überbordender Bürokratie im Schulsystem erschlagen werden. Das kann das Schulklima auch negativ beeinflussen, nur wird das leider sehr oft vergessen. Wir GRÜNE wollen diese überbordende Bürokratie im Schulsystem längstens reduzieren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wie gesagt, die Projekte der Mutmillion sind älter, aber gut. Die Lösungen liegen aber auch schon länger am Tisch, und ich würde sogar behaupten, wenn alles umgesetzt würde, was Lehrerinnen und Lehrer aus der Praxis fordern, dann wären wir bei der angstfreien Schule einen wirklichen Schritt weiter, und ganz angstfrei wird sie eben auch niemals werden. Im Grunde wissen wir das alle. Ich frage mich daher, was PraktikerInnen oft denken, wenn sie immer wieder Projekte vorgesetzt bekommen, wir irgendwie die Hilfeschreie von ihnen im System ignorieren und mehr Schulsozialarbeit, mehr Supportpersonal, mehr SchulpsychologInnen das wirkliche Fundament wäre, auf das eine gute Schule aufbauen könnte. Dafür brauchen wir keinen Ballast, nicht einmal eine Mutmillion, Mut vielleicht schon, aber den Mut, Lösungen, die lange bekannt sind, endlich anzugehen: Mehr Autonomie für die Schulen, weniger Bürokratie, mehr Unterstützungspersonal, das den Schulen dauerhaft und nachhaltig helfen kann.
Wir haben es in den letzten drei Jahren wirklich oft erlebt, wie immer wieder Verantwortung abgeschoben wurde. Heute war es ein bisschen weniger, aber in den letzten drei Jahren war es eine Schallplatte, die irgendwo hängen geblieben ist, wenn wieder das alte Klagelied vom Bund kam. Dazu möchte ich noch etwas anmerken, was mir jetzt aufgefallen ist, weil ich mir auch ganz viel angeschaut habe, was die Oppositionsparteien noch gefordert haben. Wir haben ständig ausgerichtet bekommen, was in Wien alles nicht geht.
Ich habe heute einen Antrag von den NEOS aus 2018 mitgebracht und auch jene Stellen mit Leuchtstift markiert, damit Sie nicht lange suchen müssen, in denen ihr das fordert, was ihr uns in den letzten drei Jahre immer wieder vorgeworfen habt, wenn wir es fordern. Sie fordern, Herr Bildungsstadt, mit Kollegin Emmerling und mit Beate Meinl-Reisinger 100 Vollzeitäquivalente für SchulpsychologInnen und SchulsozialarbeiterInnen und Lernbegleitung, und uns wird das immer vorgeworfen, wenn wir Ähnliches fordern, und behauptet, in Wien könnte man das nicht umsetzen. Das stimmt einfach nicht! Das muss ich zur Ehrenrettung eures eigenen Antrags aus 2018 sagen, dass es natürlich möglich ist, auch SchulpsychologInnen über das Land anzustellen. Auch das ist unter Rot-Grün passiert. Ob das ausreichend war? Vielleicht nein, es war sicherlich auch nicht immer einfach mit der SPÖ, aber möglich ist es grundsätzlich schon. Das sagen Sie selbst bis 2020 auch noch so, also bis Sie dann selbst in die Regierungsbeteiligung gekommen sind.
Ich habe mir auch noch einmal eine Rede von Ihnen, Herr Bildungsstadtrat, durchgelesen, daraus darf ich Sie
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