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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 110 von 122

 

Wir haben es heute schon gehört. Es wird gerade eines der größten Stadterweiterungsgebiete Wiens, der Nordwestbahnhof verhandelt. Dazu möchte ich einen Antrag einbringen. In der gerade in Auflage befindlichen Flächenwidmung wird nämlich das Maximum an Parkplätzen, das die Stadt Wien vorschreiben kann, vorgeschrieben. Das ist, solange ich hier dabei bin, das einzige Stadterweiterungsgebiet Wiens, wo das der Fall ist.

 

Wie wir das gesehen haben, war ich schon sehr erstaunt und habe mir dann die Frage gestellt: Warum ist das so? Warum ist die Stadt Wien auf der einen Seite bei vielem ganz gut dabei? Gleichzeitig wird in Rothneusiedl, wo, glaube ich, niemand behaupten kann, dass Rothneusiedl besser angebunden ist als der Nordwestbahnhof, mit 30 Prozent des Stellplatzregulativs geplant. Das heißt, pro 100 m² Wohnungen 0,3 Stellplätze, am Nordwestbahnhof 0,7, also mehr als das Doppelte. (GRin Dipl.-Ing. Selma Arapović: Weil Sie die Vorarbeiten gemacht haben!) Jetzt stelle ich mir die Frage: Warum will die Stadt Wien am Nordwestbahnhof die Bauträger verpflichten, so viele Garagenplätze wie möglich zu bauen? Denn was bedeutet das? - Das bedeutet natürlich Unmengen an Beton, der in die Erde gegossen wird, das bedeutet eine unterirdische Versiegelung des Grünraums. Dort kann das Wasser nicht mehr versickern, das ist toter Boden.

 

Das bedeutet aber auch, einen Verkehrsmagneten im 20. Bezirk hinzubauen. Riesige Garagenflächen ziehen natürlich Verkehr an. Nicht zuletzt ist es natürlich auch irre teuer, im ersten Schritt natürlich für den Bauträger und für die Bauträgerinnen, im zweiten Schritt zahlt das aber irgendwer. Das sind die Mieterinnen und Mieter, das sind die Wienerinnen und Wiener, die dafür aufkommen müssen.

 

Erfahrungsgemäß sieht man ja, dass die Bezirksparteien der SPÖ die Verkehrspolitik machen. Da braucht man sich nur den Radwegeausbau anschauen. In manchen Bezirken will der Bezirksvorsteher/die Bezirksvorsteherin, in anderen nicht. Da passiert halt dann nichts. In anderen Bezirken gibt es eine engagierte Bezirksparteivorsitzende, die sich für den Radweg in der Krottenbachstraße einsetzt, der kommt dann. Im 20. Bezirk ist Kollege Valentin der Bezirksparteivorsitzende, der ja auch noch Vorsitzender des Ausschusses ist, also auch Sprecher der Partei in dieser Sache. Ja, das ist eine Aussage. Hier beim letzten innerstädtischen Stadterweiterungsgebiet, einen Steinwurf vom Stadtzentrum Wiens entfernt, das Maximum anzusetzen, zeigt, wo die Prioritäten sind. Gleichzeitig wird nämlich nicht - und wir haben das heute schon kurz diskutiert -, wie es seit 2018 zum Glück möglich ist, 2 Drittel geförderter Wohnbau vorgeschrieben, sondern nur 60 Prozent.

 

Jetzt hat die Frau Stadträtin heute argumentiert, das ist, weil es da schon so lange Vorarbeiten gibt. Stimmt, es wird schon lange diskutiert. Natürlich gibt es da schon lange Vorgespräche. Hier kommt unser Vorschlag ins Spiel. Was nämlich nirgends festgelegt ist, man kann, glaube ich, davon ausgehen, die ÖBB möchten nicht der größte Garagenbetreiber Österreichs werden. Die wollen keine Garagen bauen. Wenn wir dort die Garagenplätze, die Unsummen an Beton mehr als halbieren, nur auf das Niveau von Rothneusiedl, Stadtrand, dann spart man sich 50 Millionen EUR an Baukosten. Mit diesem Geld könnte man eine Win-win-win-Situation erzeugen, einen „win“ für die klimafreundliche Mobilität und den Klimaschutz, einen „win“ für die Wienerinnen und Wiener, weil man nämlich damit mehr leistbaren Wohnraum finanzieren könnte, und sogar noch einen „win“ für die ÖBB, denn bei den 50 Millionen bleibt sogar noch etwas für die ÖBB über, womit sie dann neue Schienen oder Bahnhöfe oder Ähnliches bauen können.

 

Das ist unser Appell an Sie: Die Vorarbeiten sind lange zurück, da ist einiges Gutes, da ist es im Zentrum grün, das ist durchaus durchmischt, auch wenn man bei der Kultur jetzt ein bisschen zurückgegangen ist. Darauf werden wir noch an anderer Stelle eingehen. (GRin Dipl.-Ing. Selma Arapović: Am Nordbahnhof, oder wo?) Aber niemand zwingt Wien, hier das Maximum an Garagenplätzen vorzuschreiben. Wir könnten auch mit den ÖBB in Gespräche gehen. Wollen Sie mehr verdienen? Wollen Sie weniger Garagen bauen? Wollen Sie mehr geförderten Wohnbau? - Dann ist das der Weg.

 

Nicht zuletzt der eigene Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung empfiehlt genau das. Ich darf aus der Stellungnahme zitieren: „Es wird dringend empfohlen, die Anzahl der PKW-Stellplätze zu reduzieren und ein Stellplatzregulativ nach dem Stand der Technik im Sinne einer klimaneutralen Stadt festzusetzen.“ Und weiter in derselben Stellungnahme: „Diese Vereinbarung“ - nämlich die nur 60 Prozent geförderter Wohnbau - „führt jedoch zu 40 Prozent freifinanziertem Wohnbau, der in Hinblick auf die aktuelle Marktlage und die soziale Leistbarkeit keinen überragenden Beitrag zur Wohnraumversorgung von Wien darstellt. Es wird daher empfohlen, zeitgemäßere, marktkonformere und sozialere Regelungen anzustreben.“

 

Ich denke, wenn wir von unserem Fachbeirat für Stadtgestaltung so eine Stellungnahme haben, die sagt, dass das, was im letzten innerstädtischen Stadterweiterungsgebiet, das für 16.000 Menschen 6.500 Wohnungen bereitstellen soll, auf Grund dieser Regelung keinen überragenden Beitrag zum leistbaren Wohnen in der Stadt liefert, dann müssten doch alle Alarmglocken schrillen. In diesem Sinne mein Appell: Bitte, verzichten wir nicht auf leistbare Wohnungen für 1.000 Menschen, verzichten wir auf unnötig großen Garagen. Wir haben hier einen letzten Schatz, eine letzte Potenzialfläche in der Innenstadt, und dies wird noch über die Jahrhundertwende hinaus wirken. Verzichten wir auf Garagen, verzichten wir nicht auf leistbares Wohnen und holen wir das Maximum für die Wienerinnen und Wiener heraus. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Zwei weitere Anträge - das wird sehr kurz, ich verspreche es: Die Regierungsfraktionen bringen im Anschluss einen Antrag ein, der möchte, dass die Radwegbenutzungspflicht für diese neuen elektrischen Zweiräder abgeschafft wird. Warum? - Das führen sie recht gut aus. Es steigen immer mehr Leute von Verbrennern auf E-Mobilität um. Das finden wir ja gut. Das Problem, auf den Radwegen ist zu wenig Platz. Oft sind die Radwege gemeinsam mit Fußgängerinnen und Fußgängern oder direkt ne

 

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