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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 90 von 122

 

auch ganz klar gesagt worden, als man gesagt hat: Ja, es war nicht anders möglich, als alles auszuschütten. Denn wenn man Einzelverfahren gemacht hätte, hätten die Leute heute ihre Zuschüsse noch nicht.

 

Also, die Bundesregierung hat zweifelsohne Verantwortung gezeigt, auch als plötzlich hier die Krise ausgebrochen ist, denn sie ist mit vier Bundesministern und Klubobleuten angetreten. Wir haben es heute schon gehört. Die Stadt Wien hat zu diesem Satz eine Nullnummer geliefert. Was macht die Stadt Wien im Gegensatz dazu? - Es reiht sich ein SPÖ-Skandal an den nächsten. Zudem wie üblich die Ausrede: Wenn Wien an einer Misere schuld ist, dann ist die Bundesregierung schuld. Das führt natürlich das föderale Prinzip vollkommen ad absurdum. Das gilt offensichtlich in Wien nicht. Die politische Verantwortung für Handlungen und Unterlassungen existiert in dieser Stadt nicht. Da gibt es jetzt ein paar Beispiele aus der Untersuchungskommission.

 

Als wir uns das alles angeschaut haben, haben wir uns ja gedacht, die Wiener Stadtregierung hat Vertreter in die Aufsichtsräte entsendet. Das war der Herr Magistratsdirektor, der ist Chef des Aufsichtsrates der Stadtwerke Wien. Die stellvertretende Kabinettschefin von Herrn StR Hanke ist Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Ein Referent aus dem Büro von Herrn StR Hanke ist Aufsichtsrat in der Wien Energie. Zusätzlich ist ein Beteiligungsmanagement eingerichtet. Also, da denkt man sich, da wird wirklich Kontrolle ausgeübt. Verwunderlich war es dann, als wir uns die Aussagen dieser Vertreter in der Untersuchungskommission angehört haben. Denn wir haben uns sehr stark darüber gewundert - der Herr Abgeordnete von der FPÖ hat es schon angeführt -, dass da auf Papier bereits Schriftstücke und Anträge mit den Logos der zuständigen Magistratsabteilungen verfasst worden sind.

 

Erhellend war natürlich der Bericht des zuständigen Abteilungsleiters des Beteiligungsmanagements der Stadt Wien. Der hat uns nämlich mitgeteilt, er hat genau eineinhalb Planposten, um das überhaupt entsprechend zu machen. Ich habe mich erkundigt, wie das Beteiligungsmanagement des Finanzministeriums für den Bund ausschaut. Dort sitzen 13 Personen, bitte. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Viel zu viele!)

 

Es sind also eineinhalb Planposten, eine halbe davon ist in Karenz, es ist also ein Planposten, meine sehr verehrten Damen und Herren. Der kann dort - außer, dass er die Berichte abheftet - nichts machen. Das hat er auch klar zugegeben. Sagen Sie jetzt nicht, da gibt es ja noch den Rechnungshof! Also, Entschuldigung: Den Rechnungshof gibt es ja sowieso. Politische Verantwortung zu tragen, heißt, Kontrolle und Management auch mit Ressourcen zu versehen, damit das überhaupt passieren kann - oder man will es nicht. Das ist das, was Sie in Wirklichkeit im Rahmen Ihrer nichtexistierenden politischen Verantwortung in dieser Stadt gemacht haben, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wenn dann einmal plötzlich etwas passiert und man kommt auf etwas drauf, dann gibt es den Dreiklang der Wiener Stadtpolitik: Erstens, es hat keinen Skandal gegeben. Man mauert einmal, solange es geht. Zweitens, wenn es nicht vermeidbar ist und die Drecksuppe so hochkocht, dass man es nicht mehr wegreden kann: Wir waren es nicht, weil alles okay ist. Wir haben da ein Gutachten, das uns bestätigt. Es war alles alternativlos. Drittens, wenn auch das nicht mehr funktioniert: Die Bundesregierung war schuld. Wieso die schuld war, obwohl niemand sonst einen Schutzschirm gebraucht hat, haben Sie uns hier zwar verzweifelt versucht zu erklären, sind aber die wahre Erklärung schuldig geblieben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

 

Kontrolle, Management und politische Verantwortung heißt: Permanentes Monitoring und Controlling, Maßnahmensetzung, Weisungen erteilen, und wo das nicht möglich ist, zumindest zu berichten. Politische Verantwortung drückt sich in der Zuordnung von Ressourcen aus. Wir haben das beim Landesverwaltungsgericht, bei der MA 35, wo Sie nicht dafür sorgen, dass dort ausreichend Personal vorhanden ist, und auch beim Beteiligungsmanagement. Das zieht sich bei Ihnen von einer Dienststelle zur nächsten durch.

 

Spannend war da auch die Aussage von Herrn Magistratsdirektor Griebler, die heute schon einmal zitiert worden ist. Uns hat ja der Herr Generaldirektor der Stadtwerke Krajcsir, erzählt, dass er selbstverständlich im Vorstand über das gesamte 1. Halbjahr 2022 über die Entwicklungen am Energiemarkt berichtet hat. Vielleicht war er deswegen so ehrlich, weil er demnächst in Pension geht. Er hat also ganz klar gesagt: Da kommt eine Katastrophe auf uns zu. Er hat das - ganz, wie es seine Verantwortung war - im Aufsichtsrat entsprechend berichtet und hat auch die zunehmenden Spannungen entsprechend formuliert. Bereits Ende Juni, Anfang Juli hat es, wie uns der Herr Generaldirektor gesagt hat, Zusagen der Stadt an die Stadtwerke gegeben, notwendige Garantien zu übernehmen. Die Stadtwerke und die Wien Energie werden nicht hängen gelassen, hat er damals gesagt. So etwas wird - Entschuldigung, ich bin selber Beamter - logischerweise nicht auf Beamtenebene entschieden. Da geht es um hunderte Millionen, da geht es um Milliardenbeträge. Da müssen die entsprechenden politisch Verantwortlichen eingebunden werden.

 

Eines der traurigsten Ereignisse dieser Untersuchungskommission war, dass auf die wiederholte Frage, mit wem dieses Thema eigentlich besprochen war, die große grassierende Rathausdemenz eingesetzt hat. Niemand konnte sich erinnern. Niemand hat gewusst, wer dieses Gespräch geführt hat. Die angeblich verantwortlichen Politiker und ihre Mitarbeiter haben berichtet, sie wissen von nichts. Wir haben alle einzeln befragt. Er hat also offensichtlich mit einer Fata Morgana gesprochen.

 

Das Beste war dann, dass er auf die Frage, ob der Herr Magistratsdirektor als durch die Stadt eingesetzter Aufsichtsratsvorsitzender jemals dem Herrn Bürgermeister oder dem Finanzstadtrat von der kommenden Katastrophe berichtet hat, gesagt hat: Das konnte er nicht, denn er ist ja als Aufsichtsratsvorsitzender als solcher informiert worden. Ich darf Ihnen jetzt kurz das Wortprotokoll vorlesen, weil es wirklich ein Schmankerl aus dieser UK ist. Herr Vorsitzender Pühringer hat eine Nachfrage gestellt: „Haben Sie in Ihrer Funktion als Magistratsdirektor jemals vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Wiener

 

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