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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 74 von 122

 

die ihre Strategie gewechselt haben. Das sind die, die von dem umgestiegen sind, was sie gemacht haben.

 

Die Wien Energie hat die ganze Zeit immer gleich weitergemacht, egal, was passiert ist. Im Herbst 21 die Ausschläge am Energiemarkt: ignoriert, der Krieg von Putin gegen die Ukraine: ignoriert. Alles ignoriert, die ganze Zeit, während andere, fast alle Energieanbieter ihre Strategie geändert haben und am Ende kein einziger Hilfe rufen musste, weil sie nichts gebraucht haben.

 

Und was ist vorher passiert, was hat man vorher nicht gewusst? Am 15. Juli war offensichtlich Feuer am Dach, und der Herr Bürgermeister hat gewusst: Achtung, jetzt wird es eng. Das hat er ja als Zeuge in der Untersuchungskommission ausgesagt. Geredet hat er mit fast niemandem, das war ja ein Geheimnis. Da geht es aber jetzt nicht um ein bisschen Helfen oder irgendeine Unterschrift, sondern da geht es um 700 Millionen EUR, die die Wien Energie an dem Tag gerne gehabt hätte. Dann haben wir erfahren, wie viele Gespräche davor notwendig waren und wie gut sich der Herr Bürgermeister informiert hat. Im Wesentlichen hat er, glaube ich, 10 oder 15 Minuten gebraucht, hat sofort begriffen und hat gesagt: Ist mir wurscht. Ich nehme mir den roten Notkompetenzknopf, haue einmal drauf, und dann sind 700 Millionen EUR weg. (Der Redner schlägt zwei Mal auf ein mitgebrachtes Gerät, das jeweils einen Sirenenton abgibt und rot blinkt. - Heiterkeit bei GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM) Er sagt Bullshit, aber den Ordnungsruf muss sich der rote Knopf selber abholen.

 

Dann hätte er ja etwas sagen können. Der Herr Bürgermeister hat ja Übung in Notkompetenz. Wie er den Schnitzel-Gutschein erfunden hat, hat er gesagt, das mache ich in Notkompetenz. Das ist so eine tolle Idee, das tue ich jetzt nicht geheimhalten, sondern das erzähle ich allen. Da mache ich eine Pressekonferenz, da gebe ich ein paar Millionen für den Schnitzel-Gutschein aus. Das ist super, das gefällt allen Wienerinnen und Wienern, das muss die ganze Welt wissen, dass ich diese Notkompetenz gemacht habe. Diese hat er vor allen geheimgehalten. Das muss ja einen Grund haben. Offensichtlich keine gute Idee - das sollte niemand erfahren, wenn es leicht geht. Taxi-Gutschein - sofort hat es jeder gewusst. Alle anderen gingen immer schnell raus. Noch bevor das Geld geflossen ist, war schon die Pressekonferenz, dieses Mal nicht.

 

Es war nicht nur der Tag der Wahrheit am 28. August, wo alles auffliegt und es halt nicht mehr stabil ist und nicht geht, sondern das Interessante ist auch, dazwischen liegt ja auch ein bisschen Zeit. Zwischen dem Tag der Wahrheit, dem 28. August, und Juli liegen ja 44 Tage des Schweigens, und die finde ja ich wieder sehr interessant. Das habe ich ja auch bei der Untersuchungskommission wirklich interessant gefunden, zu erfahren, wie eng SPÖ und NEOS zusammenarbeiten. Der Herr Bürgermeister und sein Vizebürgermeister sprechen, weder wenn es um die Wien Energie geht noch um Bildung noch um sonst etwas, 44 Tage lang nicht. Beide haben glaubwürdig ausgesagt, dass sie mit dem anderen weder E-Mails geschrieben haben noch telefoniert noch ein Wort gewechselt haben noch sonst irgendetwas. Wie wenn sie sich nicht kennen würden und noch nie gesehen haben. 44 Tage lang, nachdem 700 Millionen verschoben worden sind. Wisst ihr, wie lang das ist? Von heute weggerechnet ist Weihnachten oder so ähnlich. Da sind wir in der Nähe, in der Adventszeit sind wir da. So weit weg ist das. So lange haben die zwei nicht miteinander gesprochen.

 

Und warum nicht nach unserer Meinung? - Weil man offensichtlich nicht wollte, dass es irgendjemand weiß, denn Sie haben es ja alle auch nicht gewusst. Hier herinnen wird es ja von allen GemeinderätInnen verteidigt, aber informiert war von Ihnen genauso niemand. Niemand! Sie finden es halt normal. Ich finde es nicht normal, aber Sie finden es ja leider normal. Deswegen wird es sich ja immer wieder wiederholen, wenn wir keine neue Regel machen.

 

Notkompetenz: Was wäre denn eigentlich notwendig beim Informieren? Da muss ich ja nicht einmal mich selbst zitieren oder irgendeine Rechtsauskunft. Es gibt zwei Möglichkeiten bei dieser Notkompetenz, wie man das machen kann. Stadtsenat, § 98 Stadtverfassung, Bürgermeister, § 92. Bei dem einen steht drinnen, du musst es beim nächsten Gremium, bei der nächsten Sitzung machen, beim anderen steht unverzüglich drinnen. Jetzt habe ich zwar nicht Jus studiert, aber es wissen schon alle, dass die Gesetze nicht in erster Linie geschrieben werden, damit irgendjemand den Pulitzer-Preis dafür kriegt, sondern Juristen und Juristinnen sind sehr präzise Leute. Und wenn sie es unterschiedlich nennen, meinen sie für gewöhnlich etwas Unterschiedliches, sonst hätten sie ja zwei Mal hineingeschrieben: nächste Sitzung. Oder sie hätten zwei Mal hineingeschrieben: in zehn Tagen. Sie haben aber ein Mal hineingeschrieben: unverzüglich. Da zitiere ich jetzt nicht mich, sondern die Stellvertretende Vorsitzende Dr. Regine Jesionek hat gesagt: Unverzüglich heißt im Zivilrecht - von wo sie herkommt - nach der Rechtsprechung ohne unnötigen Aufschub. Und dann sinngemäß so etwas wie innerhalb weniger Tage, was halt jeder Mensch da draußen darunter versteht. Es ist ja einfach. Den Schmäh haben wir uns dauernd anhören müssen, dass das super korrekt ist und unverzüglich heißt auf sozialdemokratisch so eineinhalb oder zwei Monate. Das ist unverzüglich. Ich hoffe, dass andere Dinge etwas schneller gehen, wenn sie unverzüglich notwendig sind. Die Vorsitzende Jesionek hat dann vorgeschlagen, so acht Tage, eine Woche, fünf Tage, was auch immer, aber man muss es dringend präzisieren.

 

Das war ein Punkt bei der Notkompetenz, die dann übrigens Ende August noch ein zweites Mal gezogen wurde und dann gleich noch einmal. (Der Redner schlägt wieder auf das mitgebrachte Gerät.) Da gehen 700 Millionen, 700 Millionen, 2 Milliarden. Das ist Wahnsinn, 3,4 Milliarden! Und das marschiert einfach, ohne dass wir ein Mal hier herinnen darüber reden können, obwohl man es davor hat sehen können.

 

Dann haben wir in dieser Untersuchungskommission noch das Problem gehabt, dass wir Unterlagen haben wollten. Ich bin jetzt das dritte Mal hintereinander in der Untersuchungskommission gesessen, bei der Untersuchungskommission Vereine, Krankenhaus Nord und jetzt.

 

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