Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 122
Es freut mich, dass der Kollege jetzt die Erwartungshaltung so aufgebaut hat. Bitte mich nicht falsch zu verstehen, natürlich ist jede Maßnahme, die dazu führt, dass wir weniger Lebensmittelabfälle haben, zu begrüßen. Dieser von der FPÖ eingebrachte Antrag aber erzeugt den Eindruck, als würden sich die Kliniken der Stadt Wien nicht darum kümmern. Das ist falsch, und darum lehnen wir ihn ab.
Seit mehreren Jahren gibt es in allen Kliniken der Stadt Wien, des WIGEV, aber auch in anderen Krankenhäusern dieser Stadt Programme, wie man sich strukturell um dieses Thema kümmern kann. Das passiert. Die Stadt Wien arbeitet hier sehr intensiv mit der Branchenplattform „United Against Waste“ zusammen. Ich hatte vor Kurzem die Ehre, in Vertretung beider Stadträte zwei Klinken des WIGEV, nämlich die Klinik Hietzing und die Klinik Favoriten, auszeichnen zu dürfen, weil in diesen Kliniken dieses von mir erwähnte Programm zu großen Erfolgen geführt hat.
Es war mir auch möglich, dort die KollegInnen kennen zu lernen, die sich vor Ort bei den Buffets um die Organisation der Speisenausgabe kümmern, die mir auch erklärt haben, dass das keine triviale Aufgabe ist. Das passiert aber dort, das heißt, die Stadt Wien kümmert sich im großen Ausmaß darum. Jedes Lebensmittel, das wir am Ende des Tages wegschmeißen, ist eines zu viel. Ihr Antrag aber erzeugt zumindest bei mir den Eindruck, als würden wir uns bis jetzt nicht darum kümmern, und das ist falsch. Daher werden wir ihn ablehnen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Zum vorliegenden Antrag, zu Fair Trade, und das war wirklich so. Gestern habe ich meine Tochter gefragt, was sie zur Zeit im Unterrichtsfach Weltorientierung machen. Das Fach Weltorientierung ist sehr spannend, das ist nämlich ein Zusammenschluss der Fächer Biologie, Geographie und Geschichte. Sie hat mir als Antwort gegeben: Wir reden gerade über die Kakaobohne. Aha, und was macht ihr da jetzt bei der Kakaobohne? - Im Biologieteil schauen sie sich einmal an, wie die Pflanze Kakaobohne ausschaut, woraus sie besteht, was man davon essen kann, was man eher nicht essen soll, wie groß sie wird, und so weiter. Im Geographieteil schauen sie sich an, wo die Kakaobohne wächst und welche klimatischen Bedingungen sie braucht. Und in Geschichte schauen sie sich an, wie die Kakaobohne nach Europa kam, denn bekanntlich wächst sie nicht bei uns.
Wenn man sich dieses Kapitel anschaut, dann ist man sehr schnell beim Thema Kolonialismus und dann ist man sehr schnell bei den Handelsbeziehungen des globalen Nordens mit dem globalen Süden. Das habe ich sehr spannend gefunden, ich gratuliere den Unterrichtspersonen in der Mittelschule. Darum aber geht es in dem Antrag, es geht um die Verantwortung des globalen Nordens und in dem Fall, was können wir als Stadt Wien tun, diese Handelsbeziehungen gerechter und fairer zu gestalten.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Zum einen ist Handel wichtig, wir brauchen auch globalen Handel. Es gibt viele Produkte, die bei uns nicht wachsen, wie zum Beispiel die Kakaobohne, aber auch der Kaffee. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht regionalen Handel oder Produktion unterstützen. Das Gegenteil ist natürlich der Fall, aber auch die regionale Produktion oder der regionale Handel sollen fair sein.
Noch einmal zum Antrag Fair Trade: Darin ist festgehalten, dass wir die Stadt Wien quasi ersuchen, sich um die Mitgliedschaft als Partnerstadt bei Fair Trade Österreich zu bewerben. Warum ist das wichtig? - Fair Trade ist ein Gütesiegel, und die Fair-Trade-Vereinigung stellt auch über eine unabhängige Einrichtung sicher, dass die Kriterien, damit man das Fair-Trade-Gütesiegel bekommt, auch eingehalten werden. Das ist nämlich genauso wichtig.
Wir reden von sozialen Kriterien, wir reden von ökonomischen und ökologischen Kriterien, das heißt, wir sprechen hierbei über Menschenrechte, über Arbeitsbedingungen, über Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von der Gleichstellung der Frauen und wir reden über Klima und Umweltschutz. Wie wollen wir das dann in der Stadt Wien umsetzen? Wir haben ein zentrales Instrument bei uns, das ÖkoKauf Wien, und das schon sehr lange. Über dieses Beschaffungsinstrument schaffen wir es, die rechtlichen Rahmenbedingungen, die wir haben, bestmöglich zu gestalten, im Sinne von Einkauf von Fair-Trade-Produkten. Darüber hinaus haben wir das Instrument „Natürlich gut essen“, unsere Kooperation Stadt Wien und Gastronomie, die wir auch anhalten wollen, auf Fair-Trade-Produkte zuzugreifen.
Das gilt auch im Bereich der Bewusstseinsbildung. Es geht nicht nur darum, was wir selber als Stadt Wien einkaufen und verarbeiten, es geht auch darum, bei den vielen Veranstaltungen, die wir haben, Programme durchzuführen, um die Menschen davon zu überzeugen, aber auch die Wirtschaft, dass der Handel mit Fair-Trade-Produkten sinnvoll und zielführend ist.
Es ist auch eine Unterstützung für die Bezirke, die sich bereits in den letzten Jahren dazu entschlossen haben, sogenannte Fair-Trade-Bezirke zu sein. Das ist nicht nur mein Bezirk Margareten, es sind auch die Bezirke 4, 6, 7, 8, 9, 16 und 23, und infolgedessen ersuche ich Sie um Zustimmung zu diesem Antrag und auch zum Poststück. Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet, die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Mag. Josef Taucher: Danke sehr. Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Bei diesem Poststück geht es um die Wiener Tafel, Verein für sozialen Transfer. Nur zwei, drei Sätze, ich halte Sie nicht lange auf, aber es ist eine hervorragende Initiative, die täglich drei Tonnen Lebensmittel vor dem Müllcontainer rettet, Lebensmittel, die noch genießbar sind, die gesund sind, die vollkommen essbar sind.
Es fahren dort ehrenamtliche Menschen mit dem Bus. Sie stehen sehr früh auf, treffen sich am Großmarkt, haben ihre Routenlisten und fahren ehrenamtlich durch Wien, holen bei Bäckereien, bei Gärtnereien, bei Supermärkten Lebensmittel ab, wirklich schön. Ich habe einen Tag mit ihnen verbracht, bin ehrenamtlich mitgefahren. Das sind Menschen, die sich einfach ein paar Tage im Monat in die Gesellschaft einbringen und etwas Gutes tun.
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