«  1  »

 

Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 122

 

gesamten Allparteienantrages, und ich hoffe, dass dann die Anwesenheit ein bisschen größer sein wird und unserem gemeinsamen Anliegen auch wirklich mit allen Ihren Stimmen Ausdruck verliehen wird. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine Damen und Herren, es wurde viel Gutes und viel Richtiges über die Situation im Nahen Osten gesagt, über die Terrorangriffe auf den israelischen Staat. Dem schließen wir uns an. Diese Reden werden in einem Moment gehalten, da in Österreich die Terrorwarnstufe erhöht wurde, in einem Moment, da in Paris Bahnhöfe wegen akuter Bombendrohungen geräumt worden mussten. Es ist redundant, zu wiederholen, wie explosiv und gefährlich die aktuelle Lage ist.

 

Ich bin deswegen - ich nehme ein paar Redebeiträge der vorigen Debatte auf - ein bisschen enttäuscht über das, was während der Aktuellen Stunde gesagt wurde. Da gibt es drei Argumente, die immer und immer wieder kommen, obwohl ich mich redlich bemüht habe, eine differenziertere Rede zu halten und das Problem ein bisschen aufzudröseln. Trotzdem kommen immer die Top-3-Argumente zurück.

 

Argument Nummer 1: Ihr schlagt politisches Kleingeld aus einer schlimmen Situation. - Ja, darf man denn Missstände nicht ansprechen, nur, weil die SPÖ betroffen ist? Ja, dürfen wir denn nicht sagen, jetzt herrschen hier Missstände, nur, weil eine dramatische, fürchterliche Situation im Nahen Osten aufgetreten ist? Ja, ist es denn nicht erlaubt, dass man Kritik übt, nur, weil dann das Argument kommen kann, das ist politisches Kleingeld? Ja, wie billig ist das denn, Kollege Florianschütz, ich muss Sie leider ansprechen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Top-2-Argument, Kollege Stürzenbecher, jetzt sind Sie auch ein bisschen angesprochen: Der Bund ist schuld. Kollege Stürzenbecher und die NEOS: Der Bund ist schuld, Bildungssystem - der Bund ist schuld, Schulen - der Bund ist schuld. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Das ist verfassungsmäßige Zuständigkeit!) Es ist immer der Bund schuld, das Innenministerium ist schuld. Ich sage es Ihnen jetzt noch einmal, Sie sind hier in der Stadtregierung, Sie können Dinge ändern. Warum tun Sie es denn nicht? Warum ruhen Sie sich darauf aus, zu sagen, meine Güte, die andere Ebene ist schuld. Das ist doch so billig und das ist auch so einfach. Sie könnten doch so viel mehr machen, wenn Sie nur den Mut und den Willen hätten, tatsächlich etwas zu bewegen, anstatt dazusitzen und zu sagen, der Bund, der Bund, der Bund, Kollege Stürzenbecher. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Argument Nummer 3, das wir immer wieder hören, Frau Kollegin Bakos: Wir machen ja so viel, wir machen ja eh so viel. Auch die SPÖ: Wir tun ja, wir tun ja. Leider Gottes aber spricht das Ergebnis nicht für sich, leider Gottes haben wir antisemitische, israelfeindliche Demonstrationen auf Wiens Straßen. Also offensichtlich wurde entweder nicht genug getan, oder es wurde nicht effektiv genug getan, oder die Prämissen sind die falschen, oder sie gehen von falschen Grundlagen aus, und das habe ich versucht herauszuarbeiten.

 

Es ist nämlich in diesem Fall nicht richtig, pauschal zu sagen, es handelt sich um Antisemitismus. Es ist richtig, zu sagen, es gibt rechten Antisemitismus, es gibt diese Corona-Verschwörungstheorien. Das gibt es alles, und es ist richtig, darauf einzugehen. Aber jetzt haben wir nicht damit zu tun. Wir haben jetzt mit muslimischem Antisemitismus zu tun, wir haben jetzt mit linkem Antisemitismus zu tun, und darauf muss gezielt eingegangen werden. Die Diagnose muss richtig sein, damit Sie zu richtigen Maßnahmen kommen, und das vermisse ich bei Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ein paar Worte zu diesen sehr kreativen FPÖ-Anträgen. (GR Nikolaus Kunrath: Da ist kein einziger!) Diese Worte richte ich offenbar ins Nichts, weil kein Mensch von der FPÖ da ist. Da sieht man, wie wichtig ihnen diese Debatte ist. Eigentlich ein Trauerspiel, es sitzt kein einziger da (Ruf bei der ÖVP: Kein einziger!), eigentlich ein Trauerspiel. Na gut, meine Damen und Herren, das ist wenig überraschend. (Ruf bei der ÖVP: Kein einziger!)

 

Na, schau, na schau, einer ist hier! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der ÖVP.) Udo (in Richtung GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc), setz dich her, ihr seid angesprochen, es geht um eure Anträge. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Habe ich gehört!) Da haben wir zwei Anträge, die ein bisschen kontrovers sind. Erstens habt ihr den Antrag, keine palästinensischen Flüchtlinge in Österreich aufzunehmen, zweitens habt ihr den Antrag, im Einklang mit internationalem Recht soll Österreich Abschiebungen durchführen. Das ist ein bisschen ein Widerspruch in sich.

 

Ich kann Ihnen aber insofern helfen: Österreich führt Abschiebungen im Einklang mit internationalem Recht und mit allen EuGH- und VfGH-Urteilen durch, Kollege Guggenbichler, das ist die Politik, die die aktuelle Bundesregierung natürlich verfolgt. Natürlich halten wir uns an die gesetzlichen Grundlagen und natürlich machen wir die Abschiebungen dann, wenn sie rechtlich möglich sind. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: 2015 habt ihr sie hereingeklatscht!) Genauso wie euer eigener Innenminister auch nur im Rahmen der damals aktuellen rechtlichen Lage abgeschoben hat. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Wahrscheinlich habt ihr Kuscheltiere verteilt am Westbahnhof!) Und wie viel hat er abgeschoben? - Ganz wenig, ganz wenig. Und warum? (Anhaltende Zwischenrufe von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.) Weil der springende Punkt … (erheitert) Du bist sehr laut für einen! (Allgemeine Heiterkeit.) Weißt du, warum? - Weil der springende Punkt eben dieses internationale rechtliche Korsett ist, weil wir eben diese internationalen rechtlichen Vorgaben haben. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Dann schiebt sie ab!) Die Genfer Flüchtlingskonvention, die Menschenrechtskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention, die EuGH-Urteile, die Verfassungsgerichtshofurteile: das ist die Realität, in der wir uns bewegen können, wenn wir uns innerhalb des geltenden rechtlichen Rahmens bewegen wollen.

 

Alternativ kann man sagen, man geht den ungarischen Weg, der hält sich halt nicht an die gültigen Regelungen. Das steht aber auch nicht in eurem Antrag drinnen. Alternativ kann man sagen, man ändert die gültigen rechtlichen Rahmenbedingungen und das ist durchaus etwas, was die Österreichische Volkspartei auf europäischer Ebene

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular