Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 122
meinderat, im Parlament, über die Doku-Stelle, über Experten gewarnt haben, dass sich muslimischer Antisemitismus ausbreitet und dass das eine Gefahr werden wird. Meine Damen und Herren, Sie haben Wählerstimmen gebraucht, die SPÖ hat Wählerstimmen gebraucht, aber sie wurden von Menschen gewählt, und diese Menschen sind mit ihrer eigenen Kultur und mit ihrer eigenen Religion und mit ihrem eigenen Geschichtsbild und mit ihrem eigenen Narrativ gekommen. Sie waren so naiv, zu glauben, Damen von der SPÖ, dass ... Ja, was denn eigentlich? Was haben Sie denn eigentlich geglaubt? Haben Sie geglaubt, dass sich Religion und Kultur auf der Garderobe abgeben lassen, wenn man migriert, oder haben Sie geglaubt, dass Diversität tatsächlich ohne irgendeine Art von Steuerung funktionieren kann, oder haben Sie geglaubt, dass Liberalismus, wenn er nicht promotet und durchgesetzt wird, einfach so attraktiver als Extremismus ist, oder haben Sie geglaubt, dass Brot und Mindestsicherung sämtliche Probleme lösen können, oder haben Sie geglaubt, dass Sie Wählerstimmen bekommen, aber keine politischen Interessensgruppen, meine Damen und Herren von der SPÖ? Das ist naiv, und jetzt bekommen Sie die Rechnung präsentiert. Diese Naivität war Ihr größter Fehler, und der neue Antisemitismus, der sich in Wien ausbreitet, ist eine Konsequenz von Ihrer Naivität. (Beifall bei der ÖVP.)
Zweitens, Sie waren taub für alle Warnungen vor dem politischen Islam, denn das Opfernarrativ, das jetzt kursiert, das sich an alle Muslime und Araber wendet, an die sogenannte Umma, das zu Solidarität aufruft, das über Institutionen verbreitet wird, ja, genau das ist ja der politische Islam, vor dem wir seit Jahr und Tag warnen, meine Damen und Herren. Das ist kein Hirngespinst von irgendwelchen Islamophoben und das ist kein Wahlkampf-Gag der Türkisen, sondern das sind professionell agierende Netzwerke hier in unserer Stadt, und eine der Konsequenzen Ihres Wegschauens und Ihres Negierens ist die Ausbreitung des Antisemitismus in Wien. (Beifall bei der ÖVP.)
Drittens, und das ist ein eher pragmatischer Punkt, Sie haben völlig verabsäumt, bei der Integrationspolitik zu verstehen, dass sich Narrative heute nicht mehr über Wahlplakate verbreiten und auch nicht über die „ZiB“ und auch nicht über Tageszeitungen, sondern die Geschichte wird heute über TikTok, über YouTube und über Instagram in Bildern erzählt, die vielleicht gar nicht wahr sind, in Bildern, die vielleicht eine künstliche Intelligenz erschaffen hat, in Bildern, die vielleicht aus dem Kontext gerissen wurden. Es ist im Grunde egal, diese Bilder verbreiten sich, diese Bilder erzählen diese Geschichte, diesen Bildern wird geglaubt, diese Bilder radikalisieren hier lebende Menschen.
Ich habe einen afghanischen Freund, ein subsidiär Schutzberechtigter, und er schickt mir permanent Videos von TikTok aus Palästina und schreibt immer dazu: Warum sagen Medien das nicht? Das Spannende dabei ist, er konsumiert keine deutschsprachigen Medien, er ist kein Palästinenser, er ist kein Araber, er spricht nicht einmal Arabisch. Deswegen stellt sich die Frage: Wie kommt es dann dazu? Es kommt deswegen dazu, weil er permanent in seiner eigenen TikTok-Bubble die Videos, die immer gleichen Videos, das immer gleiche Narrativ gezeigt bekommt. Es kommt dazu, weil ihm keiner erklärt hat, wie man kritisch mit Medien umgeht. Es kommt dazu, weil er offensichtlich für die breite Gesellschaft nicht mehr zugänglich ist, meine Damen und Herren. Dieses Narrativ des palästinensischen - unter Anführungszeichen - Widerstandes, dieses „Genug ist genug.“, ist ein Narrativ, das Terrorattacken rechtfertigt. Dieses Narrativ verbreitet sich moderner, es verbreitet sich schneller, es verbreitet sich effektiver, als Ihre Workshops und auch Ihre Demokratieschulungen das können. Sie haben verabsäumt, in Ihrer Integrationspolitik auf diese moderne Entwicklung einzugehen, und die Folge von diesem Versäumnis ist die Verbreitung antisemitischer Narrative über das Netz hier in Wien.
Und viertens, Sie waren blind meine Damen und Herren. Sie waren blind gegenüber der Einflussnahme ausländischer Kräfte auf die Diaspora in Wien. Auch das ist eine Frage der Integration, zu verstehen, welche Medien ausländische Menschen, die hier leben, konsumieren und auf wen sie hören. Wir leben im Zeitalter des Transnationalismus. Was bedeutet das? - Das bedeutet, dass ausländische Mächte die Fähigkeit haben, die Möglichkeit haben und auch den Willen haben, auf hier lebende Landsleute einzuwirken. Sie feiern ein diverses Wien, aber Sie haben überhaupt nicht am Radar, welche negativen Konsequenzen das haben kann, meine Damen und Herren. Eine der Folgen dieses Wegsehens und dieser in Wahrheit auch inhaltlichen Leere, die Sie bei ihrer Integrationspolitik haben, ist der Jubel über die Hamas auf Wiener Boden. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, das Versprechen „Nie wieder!“, das wir gegeben haben, benötigt eigentlich keine Lippenbekenntnisse und es benötigt keine Sonntagsreden und es benötigt schon gar keine Diskussionen über christlich-soziale Denkmäler von irgendwelchen Vorvätern, meine Damen und Herren. Das Versprechen „Nie wieder!“ benötigt zwei Sachen: Den Willen zur Durchsetzung und die Fähigkeit zur Durchsetzung. Ich glaube, beim Willen zur Durchsetzung schließen wir hier die Reihen, auch die SPÖ, hoffe ich, aber es ist Ihre Aufgabe als Stadtregierung, die Fähigkeit zur Durchsetzung zu beweisen, meine Damen und Herren. Deswegen muss jetzt endlich Schluss sein mit der Naivität, und es muss Schluss sein mit dem billigen Wählerfang, und es muss Schluss sein mit diesen Diversitätsträumen, und es muss Schluss sein mit den oberflächlichen Analysen, und es muss Schluss sein mit den kosmetischen Demokratie-Workshops, und es muss Schluss sein mit diesem dämlichen „Der Bund ist an allem schuld.“
Meine Damen und Herren, Sie regieren die Stadt, Sie tragen die Verantwortung. Sie tragen die Verantwortung, das Versprechen „Nie wieder!“ umzusetzen und zu allen in Wien lebenden Bevölkerungsteilen zu tragen. Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderates nur ein Mal zu Wort melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt
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