Gemeinderat, 41. Sitzung vom 20.09.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 116
Die beiden Projekte „Heumarkt“ und „Wien-Mitte“ stehen ja nur exemplarisch. Es gibt unzählige mehr, und die machen deutlich, dass die Stadtregierung weder Spielregeln noch transparente Prozesse wirklich ernst nimmt. Es gilt das Motto: Alles ist möglich, vollste Flexibilität. Das haben wir auch schon bei einigen Redebeiträgen seitens der Regierungsfraktionen gehört: Wir wollen ja nichts unter Glas stellen, es muss ja auch eine Entwicklung möglich sein. Ja, eh. Ich glaube auch, dass diese beiden Dinge, Schutz des Weltkulturerbes und Weiterentwicklung, überhaupt nicht im Gegensatz stehen.
Ich muss sagen, ich zitiere gerne einen Satz von einem Projektentwickler, der mich auch in meiner politischen Wahrnehmung sehr geprägt hat: „Frau Olischar, uns ist wurscht, was für Rahmenbedingungen es gibt, Hauptsache, wir wissen sie, und Hauptsache, es gibt sie, denn dann können wir damit planen, dann können wir das kalkulieren und dann gibt es auch Planungssicherheit.“ Sehr geehrte Damen und Herren, das ist der Kern dieser gesamten Geschichte. Diese vollste Flexibilität, alles ist möglich, wir machen, wie es uns gefällt, und vielleicht kommt ja noch etwas Besseres, wo man dann sagen kann, das machen wir: Das bedeutet Willkür, Beliebigkeit und Intransparenz, und das ist in der Baubranche ein toxischer Cocktail, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Kollege Sittler hat schon angesprochen, dass da einiges falsch läuft. Das hat auch der Rechnungshof bereits kritisiert, und das haben wir auch schon an vielen Stellen immer wieder kritisiert. Jetzt ist es die Flächenwidmungspraxis der Stadt Wien, dass hier, wie schon erwähnt, Intransparenz und unklare Abläufe an der Tagesordnung sind. Es wurde aber auch darüber berichtet - und das ist mir auch wichtig, weil es eine Basis im Verständnis der Stadtplanung und Stadtentwicklung ist -, es wurden die fehlenden Kontrollmöglichkeiten in Wien kritisiert. Gut, ja, wir haben eine Sonderstellung in Österreich, wir sind Stadt und Land gleichzeitig, und dadurch fällt schon einmal das natürliche Kontrollorgan nach oben weg.
Wir sind aber auch das einzige Bundesland in Österreich, das kein Raumordnungsgesetz hat, keine gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie sich die Stadt oder das Land künftig weiterentwickeln soll. Und nein, sehr geehrte Damen und Herren, die Wiener Bauordnung entspricht nicht einem Raumordnungsgesetz im klassischen Sinne. Und nein, der Wiener Stadtentwicklungsplan ist auch nicht analog eines Raumordnungsgesetzes zu sehen, sondern da gibt es wirklich klar definierte Rahmenbedingungen, die auch gesetzlich definiert sind. Das ist aber nur einer von vielen Punkten, die anzugehen wären, wenn man wirklich an einer vorausschauenden und transparenten Stadtplanung interessiert wäre.
Da komme ich jetzt quasi mit einem kleinen Bogen auch wieder zu den Ausführungen von Kollege Woller. Ich verstehe schon Ihre Verzweiflung und ich verstehe schon, dass das keine leichte Aufgabe ist und dass bei aller Kritik auch die langen Prozesse jetzt nicht an der Stadt Wien selbst liegen, sondern auch eine gremiale Abhängigkeit haben. Das ist alles okay, nur die Frage ist: Warum muss es überhaupt so weit kommen? Kollege Juraczka hat es gesagt, wir haben es von anderen Rednern vorher gehört: Die Rahmenbedingungen oder die Aussagen der UNESCO waren immer klar. Ob das jetzt beim kooperativen Planungsverfahren auch seitens der Stadt Wien festgehalten war oder auch schon davor: Dass die Höhenentwicklung schwierig ist, war immer klar. Wenn man mit der Salamitaktik jedes Mal ein Stückchen abschneidet und sich dann wundert, dass wieder nichts weitergeht und dass es wieder nicht passt, ist es halt schwierig. Das geht halt nicht wirklich gut zusammen.
Ich möchte abschließend noch auf den von NEOS und SPÖ eingebrachten Antrag und damit auch auf dieses Konvolut des Managementplans eingehen, der ja auch im Antrag entsprechend gelobt wird. Auch der Herr Bürgermeister hat gemeint, die Maßnahmen des Managementplans sind strikt einzuhalten, um das Weltkulturerbe auch langfristig zu sichern. Ich habe mir die Mühe gemacht, zu versuchen, Maßnahmen aus dem Managementplan tatsächlich herauszufiltern, denn das ist nicht immer ganz einfach. Manche verstecken sich im Text, manche sind taxativ aufgelistet, aber die meisten sind nicht einmal als Maßnahmen definiert. Ich weiß, ich langweile schon alle mit dem Managementplan. Ich habe mir tatsächlich die Mühe gemacht und ich fände es ja eine wirklich hundertprozentig unterstützenswerte Aussage vom Herrn Bürgermeister, die Maßnahmen des Managementplans strikt einzuhalten, nur würde ich gerne wissen, was das sein soll.
Ich lese Ihnen exemplarisch nur zwei, drei Punkte vor, die als Maßnahmen definiert sind: Medienkooperationen, öffentliche Kampagnen und Publikationen. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM - erheitert: Na, ja!) Ich weiß nicht, wie Sie eine Maßnahme definieren, aber für mich ist das jetzt nicht unmittelbar messbar, ab wann das erreicht ist. Oder: Vermeidung touristischer Überangebote. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Besser!) Auch gut: Stärkung des Wiener Naturschutzes auf Grünanlagen. Das ist ein Ziel und es ist von mir aus auch ein gutes Ziel, nur, es ist keine Maßnahme, die irgendwie messbar ist, wo man weiß: Aha, wenn ich das mache, dann bin ich einen Schritt weiter.
Das haben wir auch damals bei der Erstellung schon kritisiert, deswegen haben wir damals dem Managementplan nicht zugestimmt und deswegen werden wir auch heute dem Antrag, der sich so stark auf den Managementplan als Allheilmittel fokussiert, nicht zustimmen, noch dazu, wenn es in einem Nebensatz dann heißt, der Managementplan hat ja eh quasi empfehlenden Charakter, aber gleichzeitig ist er super, aber doch nicht so wichtig. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob schon ganz klar definiert ist, welche Rolle das jetzt konkret spielt, um das Weltkulturerbe langfristig zu sichern. Ich lasse mich gerne überraschen. Der Managementplan soll ja auch immer wieder evaluiert werden, vielleicht gibt es da noch Verschärfungsmaßnahmen. Das wäre sehr wünschenswert.
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