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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 28.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 102

 

weiß, wie viel Herzblut unter sehr, sehr großem - ja, wie soll ich sagen - auch finanziellen Druck in diese feministische Arbeit reingesteckt wird. Deswegen sind wir sehr dankbar für diese Arbeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich würde gerne noch auf zwei inhaltliche Punkte eingehen, weil in der Frauenbefragung 2022 diese zwei Themen auch aufgeschlagen sind, also selbst auch von den Frauen genannt wurden, und auch beim Gleichstellungsmonitor Themen waren. Das eine ist, dass Sozialpolitik und Arbeitsmarktpolitik natürlich Frauenpolitik sind. Als Sozialsprecherin ist es mir besonders wichtig, zu betonen, dass die soziale Lage von Frauen wesentlich vorgibt, ob eine Frau selbstbestimmt und frei leben kann. Das habe ich vor allen Dingen bei meiner Arbeit im AMS gesehen, insofern ist es nicht verwunderlich, dass das AMS das Gleichstellungsziel hat, Frauen in Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, von denen sie auch tatsächlich leben können. Deswegen ist es auch wichtig, dass die Stadt Wien in Kooperation mit dem WAFF und dem AMS und auch der MA 40 sehr viel Geld in die Hand nimmt, um hier passgenaue frauenspezifische Angebote zu geben. Da sage ich nur ein paar Stichworte: Frauen in Handwerk und Technik, Wiedereinstieg unterstützen, die Frauenberufszentren.

 

Dass wir im Bereich Gleichstellung im Berufsleben noch einiges zu tun haben, wurde vorhin eh schon gesagt. Es gab auch 2022 den Equal Pay Day, noch immer verdienen Frauen in Österreich 17,1 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. In Wien sind wir mit 12 Prozent weniger als die Männer besser, aber auch hier in Wien gibt es noch einiges zu tun, denn die Forderung nach gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit ist so alt wie die Frauenbewegung selbst. Deswegen kämpfen wir natürlich auch auf Bundesebene, weil das meistens bundesgesetzliche Vorgaben sind, für die verpflichtende Lohntransparenz, für moderne Elternteilzeit- und Karenzregelungen und vor allem - das ist ganz, ganz wichtig, für die Unabhängigkeit der Frauen - endlich für den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr. Das ist so wichtig und gehört durchgesetzt, und wir kämpfen dafür in der Bundesregierung. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Dann möchte ich schon zum zweiten Thema kommen, das vorhin schon angesprochen wurde, Gewalt gegen Frauen, weil das bei der Frauenbefragung auch Thema war. Wir kennen die Zahlen eh schon zur Genüge, aber es gibt mittlerweile neue Zahlen von der Statistik Austria. Jede dritte Frau ist in Österreich von Gewalt betroffen. Es gibt da nichts schönzureden. Österreich ist das Land der Femizide, und es gibt ein veritables Problem der Männergewalt an Frauen. Femizide, also Frauenmorde, sind da lediglich die Spitze des Eisberges der patriarchalen Gewalt, denn Gewalt gegen Frauen beginnt eben schon wesentlich früher, nicht erst bei der körperlichen Gewalt, und hat viele Formen. Wir reden hier von der psychischen und emotionalen Gewalt, von der körperlichen und sexualisierten Gewalt, aber auch von der strukturellen Gewalt, wie zum Beispiel durch Sexismus und Diskriminierung auf so gut wie allen Ebenen. Sexismus und Patriarchat sind die Gründe für Gewalt gegen Frauen, und das ist eben kein Kulturkampf, sondern das Problem ist nach wie vor das Patriarchat. Das ist ein universelles Problem und leider auch hier in Österreich ein Riesenproblem. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Ich möchte noch gerne auf eine sehr aktuelle Debatte eingehen, weil es mich wirklich wieder sehr, sehr wütend macht, wie mit dem Thema sexualisierte Gewalt umgegangen wird. Wenn ich mir die aktuelle Debatte zum Frontmann Till Lindemann von Rammstein anschaue, frage ich mich schon: Haben wir echt von 2016/17 von der „MeToo“-Debatte zu Harvey Weinstein so, so wenig gelernt? Nochmals zur Wiederholung, für alle, die es nicht mitbekommen haben: Mittlerweile ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Linnemann wegen Verdachts nach § 177 des deutschen Strafgesetzbuches, das ist sexueller Übergriff, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung. Ich habe es wirklich so satt und frage mich daher: Wie kann es immer noch sein, dass einem einzigen Mann, der natürlich sofort alle Vorwürfe zurückweist, mehr geglaubt wird als den vielen, vielen Frauen, die sich mittlerweile öffentlich dazu geäußert haben? Wie lange können sich noch mächtige Männer darauf verlassen, dass die Unschuldsvermutung anscheinend ausschließlich für die Täter, aber nicht die Opfer gilt?

 

Wie lange müssen wir Frauen - und zum Glück auch einige solidarische Männer - uns in den Diskussionen um das Thema noch immer mit dieser verdammten Täter-Opfer-Umkehr herumschlagen? Wann immer so ein Fall auftaucht, ist es so sicher wie das Amen im Gebet, dass die Männer sofort mit der Androhung rechtlicher Schritte und Klagen zurückschlagen, um Betroffene mundtot zu machen. Ich bewundere daher jede Frau für ihren Mut, das Schweigen zu brechen und die Vorwürfe öffentlich zu machen. Sie verdienen unsere volle Solidarität und keinen Hass und keine Hetze. (Beifall bei den GRÜNEN und von GRin Marina Hanke, BA.) Auch in Wien werden Konzerte von Rammstein gespielt. Wir haben uns schon dafür ausgesprochen, dass es keine Bühne für diese mutmaßlichen Täter geben darf - vor allen Dingen eben auch nicht in Wien.

 

Wir kommen jetzt auch noch zum Thema des Antrages von SPÖ und NEOS. Ja, es gibt in Wien ein dichtes und gutes Gewaltschutznetz. Seit Kurzem gibt es auch das fünfte Frauenhaus. Trotzdem möchte ich aber sagen: Bitte ruhen wir uns nicht ständig auf dem Erreichten aus.

 

Eine tatsächliche Berichtigung zum Antrag: Ursula von der Leyen ist übrigens nicht die Präsidentin der Europäischen Union, sondern der Europäischen Kommission. Nichtsdestotrotz werden wir dem Antrag zustimmen, weil natürlich sehr, sehr viele Sachen in den Bereichen, die da gefordert werden, auch schon von uns in der Bundesregierung und allen voran von unserer Justizministerin Alma Zadić umgesetzt werden.

 

Ich möchte noch einmal betonen: Es ist wirklich super, dass wir es endlich geschafft haben, das Frauenbudget veritabel zu erhöhen, nämlich von Anfang an - seit Beginn der Legislaturperiode - um satte 140 Prozent. Da müssen wir uns wirklich nicht verstecken und sind sehr stolz darauf. (Beifall bei den GRÜNEN. - GRin Martina Ludwig-Faymann: Was ist das in absoluten Zahlen? Absolute Zahlen wären gut!)

 

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