Gemeinderat, 39. Sitzung vom 20.06.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 110
Ein integrales Element der Energiewende ist natürlich die Dekarbonisierung und in diesem Zusammenhang auch der Ausbau von Fernwärmenetzen, weil wir besonders in der Bestandsstadt in Wien immer noch fast 600.000 Gasgeräte haben, die dringend ausgetauscht werden müssen. Mein Kollege Stefan Gara hat schon davon gesprochen, dass wir in der Stadt vier Pioniergebiete für den Ausbau der Fernwärmenetze haben, wo wir einfach in die Umsetzung gehen und einmal peu à peu, Schritt für Schritt diese Gasgeräte aus dem Betrieb nehmen.
Ich möchte aber noch auf ein ergänzendes Projekt, das wir auch im Alliiertenviertel, einem dieser Pioniergebiete, haben, eingehen, das ist das Projekt WieNeu+. Worum geht es bei WieNeu+? - Da werden innovative Pilotprojekte in den Bereichen Dekarbonisierung, Klimawandelanpassung, Kühlung, Belebung des öffentlichen Raumes, Belebung der Erdgeschoßzonen zusammen mit WissenschaftlerInnen, FachexpertInnen, aber auch der Bevölkerung vor Ort umgesetzt. Gerade dieser holistische Ansatz in der Stadterneuerung dient uns in Wien als Vorbild für die weiteren Stadterweiterungsteile, und das ist ganz, ganz wichtig.
Zum Schluss möchte ich nur noch sagen, dass wir all diese Herausforderungen tatsächlich gemeinsam meistern wollen. Warum? - Weil wir eine Zukunft schaffen wollen, in der bezahlbare, zugängliche, verlässliche, aber vor allem auch nachhaltige Energie für uns alle eine Selbstverständlichkeit ist. - Danke schön. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zum Wort gemeldet ist GR Margulies. Ich erteile es ihm.
GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Es gibt keinen Klimaschutz ohne soziale Gerechtigkeit, und es gibt keine soziale Gerechtigkeit ohne Klimaschutz - beides ist untrennbar miteinander verbunden. Es gilt weltweit genau dasselbe wie in Wien: Die 400.000 von Armut betroffenen oder armutsgefährdeten Menschen sind die Ersten, die darunter leiden werden, wenn es in Wien im Schnitt um 2 bis 3 Grad wärmer wird. Und 2 bis 3 Grad wärmer in Wien heißt nicht, in 30 Jahren und auch nicht, in 20 Jahren, sondern das wird es voraussichtlich in den nächsten 10 Jahren sein, und es sind die vulnerablen Gruppen, es sind die Älteren, es sind die Kinder und es sind die von Armut betroffenen Menschen, die es in einer Stadt, die um 3 Grad wärmer ist, deutlich schwerer haben als all jene, die ausreichend Vermögen haben, die gut genug verdienen, die es sich leisten können, die Wohnung zu kühlen, und vieles andere.
Genau deshalb müssen wir schnellstmöglich darauf achten und darauf schauen, dass die Erderwärmung nicht immer weiter und weiter steigt, dass wir in Klimaschutz investieren, dass wir in erneuerbare Energie investieren und selbstverständlich soziale Gerechtigkeit dabei nicht vergessen, sondern, ganz im Gegenteil, wir müssen zusätzlich noch schauen, dass wir die Menschen aus der Armutsfalle holen, gemeinsam mit ihnen sozusagen an der Umsetzung der Klimawende arbeiten können - dann werden wir alle in der Stadt etwas davon haben.
Da gibt es tatsächlich einige Möglichkeiten und einige Ansatzpunkte. Einen davon hat Kollege Taucher richtigerweise genannt: den öffentlichen Verkehr, die öffentliche Mobilität. Das Öffi-Ticket für 1 EUR am Tag ist eine Erfindung der GRÜNEN - ich sage es jetzt: Ich freue mich darüber, dass es so ist, und ich freue mich auch darüber, dass die jetzige Stadtregierung den Preis für das 365-EUR-Jahres-Ticket nicht erhöht. Das finde ich klasse, das finde ich gescheit, das finde ich richtig, ebenso wie das Klima-Ticket auf Bundesebene. Das hilft denjenigen Menschen, die weniger Geld haben, das hilft, Mobilität sicherzustellen für jene 50 Prozent der Menschen, die in Wien leben - die Hälfte der Leute, die in Wien leben, haben kein Auto und benutzen auch relativ selten eines -, die auf öffentliche Mobilität angewiesen sind. Da günstig anzubieten, stärkt die Klimagerechtigkeit und stärkt die soziale Gerechtigkeit - und ich erlaube mir noch eine kleine Anmerkung dazu: Selbstverständlich heißt das auch, auf Bundesebene den ÖBB-Verkehr, den Zugverkehr zu vergünstigen, und dies nicht nur mit dem Klima-Ticket, sondern auch dann, wenn man kürzere Strecken zu unregelmäßigeren Zeitpunkten fährt.
Ein zweiter, ganz wichtiger Punkt, der schon von vielen genannt wurde, ist die Energie. Und ja, da kann man in Wien schon auch im eigenen Haus einiges machen. Selbstverständlich geht es darum umzustellen - Photovoltaik, Windkraftwerke, Geothermie, all das wurde genannt und all das ist wichtig -, aber soziale Gerechtigkeit bedeutet auch, dass die Wien Energie nicht einen Preis von 44 Cent netto für den Strom verlangt, wenn man sich jetzt für den Strombezug anmeldet, während andere schon 10 Cent verlangen. Das ist nicht okay, was die Wien Energie da macht, auch beim Gas nicht: Es gibt welche, die verlangen die Hälfte dessen, was die Wien Energie verlangt! Die Spitzenwerte bei Strom und Gas sind lange vorbei. Man kann den EPEX-Spot-Markt beobachten, man kann auf die Gasbörse schauen: Seit Monaten kennen der Strom- und der Gaspreis eine einzige Dimension: hinunter. Und das muss endlich bei den Menschen ankommen. Das geht die Wien Energie genauso an wie den Verbund und die EVN. Alle großen Energieanbieter zocken die Leute ab - und das geht nicht! Dagegen müssen wir gemeinsam etwas tun! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Noch ein letzter Punkt - denn 40 Sekunden verbleiben mir noch -, er wurde schon angesprochen: Wenn es so ist, dass genau in Wien rasch und kurzfristig gehandelt werden muss - und wir erleben das, wie gesagt, ich hoffe, niemand von Ihnen streitet ab oder jeder von Ihnen merkt, dass es in Wien wärmer wird, auch wenn wir erstmals, glaube ich, seit vielen Jahren einen verregneten Frühling hatten, ich habe mir gedacht, das ist ein Frühling wie früher, ich habe mich wieder zurückerinnert an die Zeit vor 40 Jahren und habe das Gefühl gehabt, ja, so in etwa war es damals auch, da hat es viel geregnet, nur dass es dann nicht schlagartig 35 Grad bekommen hat, sondern es ist halt langsam der Sommer gekommen -, dann wird es notwendig sein, jenen Teil, der in Wien - und ich komme zum Schluss - maßgeblich mitverantwortlich dafür ist, dass die Luft erhitzt wird und verschmutzt wird, zu reduzieren, und das ist der motorisierte Autoverkehr. Wir müssen diesen
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