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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 25.04.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 22 von 103

 

Weise relevant ist. Was aber relevant und interessant ist, ist, dass es eine ganz aktuelle Unternehmerstudie aus Deutschland gibt, wo Wien nur noch auf Platz 42 der Attraktivität für Unternehmungsgründungen landet.

 

Platz 42 in Europa, weil Sie diesen Wirtschaftsstandort derart abgewirtschaftet haben, weil Sie für Rekordbelastungen, Rekordarbeitslosigkeit auf der einen Seite verantwortlich sind, aber auf der anderen Seite auch die Stadt für Unternehmer zusehends unattraktiv machen. Das ist eine gefährliche Mischung, die Sie politisch zu verantworten haben. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Ornig.

 

11.05.49

GR Markus Ornig, MBA (NEOS)|: Vielen Dank, Herr Vorsitzender!

 

Ich möchte meine kurze Redezeit in dieser Aktuellen Stunde einem Thema widmen, das mir persönlich, aber auch in Zeiten wie diesen, extrem wichtig ist (Ruf bei der FPÖ: Punschstandl!): dem gesamten Thema der Lehrlingsausbildung und der Lehre. Wer sind denn die Fachkräfte der Zukunft, die wir alle so händeringend suchen? (StR Dominik Nepp, MA: Das hieß früher anders! Zuwanderung, Zuwanderung, Zuwanderung!) - Das sind die jungen Menschen, die hier in die Lehre gehen sollen.

 

Die duale Lehrlingsausbildung ist ja für viele ÖsterreicherInnen eine durchaus ambivalente Sache. Einerseits wird sie international hoch angesehen und ist ein sehr, sehr gutes Mittel gegen Jugendarbeitslosigkeit, andererseits gilt sie aber vor allem im urbanen Raum als zu wenig reizvoll. Vor allem vertreten im akademischen Milieu, möchte ich sagen, viele die durchaus unreflektierte Meinung, dass die Lehre vor allem ein Plan B für Menschen ist, denen der schulische Erfolg versagt geblieben ist. Sie finden es wichtig, aber eben halt nicht wichtig genug, um vielleicht selbst einen Lehrberuf zu ergreifen oder eventuell es auch für die Kinder in Erwägung zu ziehen. Dass diese schlechte Meinung über die Lehre objektiv betrachtet jedoch nicht gerechtfertigt ist, lässt sich auch zahlenmäßig klar belegen. Schon jetzt gibt es einen eklatanten Lehrlingsmangel in Österreich. Seit 1980 sinkt die Zahl der Menschen, die eine Lehre beginnen, kontinuierlich, die Zahl der Menschen, die einen Hochschulabschluss anstreben, steigt jedoch stetig.

 

Ist Studieren aber immer die bessere Wahl, als einen Lehrberuf anzustreben? - Da gibt es mehrere Mythen, die ich tatsächlich gerne widerlegen möchte. Mythos Nummer 1: Die akademische Ausbildung bedeutet automatisch immer mehr Einkommen. Diese Behauptung stimmt zwar in den meisten Ländern, aber nicht im Vergleich über alle OECD-Länder, und Österreich ist da das beste Beispiel. Hier liegen AbsolventInnen einer Lehre mit einer tertiären Kurzausbildung über dem Gehalt eines Hochschulabsolventen.

 

Mythos Nummer 2: Lehrberufe bieten zu wenig Zukunftsperspektiven und Entwicklungschancen. Die Lehre in Österreich ist häufig der erste Schritt ins Unternehmertum. Das pickt. Von allen Selbstständigen in Österreich haben 32 Prozent eine Lehre absolviert. Die Lehre ist somit häufiger die Startrampe in die wirtschaftliche Unabhängigkeit als eine Universitätsausbildung.

 

Mythos Nummer 3: Die Lehre ist am Arbeitsmarkt ein Auslaufmodell. Auch wenn die Berufsbilder in den nächsten Jahrzehnten anders sein mögen, wird der Klimawandel die damit verbundene Transformation der Fachkräfte noch notwendiger machen, als es das jetzt schon ist. Man muss mit grünen Technologien umgehen lernen, und hier gibt es durchaus zukunftsträchtige Modelle, denn alleine in der Photovoltaikerrichtung brauchen wir in der Energiewende über 30.000 Arbeitskräfte.

 

Mythos Nummer 4: Die Lehre bietet keine Umstiegsmöglichkeit. Schon jetzt gibt es durch Studienberechtigungsprüfung, Berufsreifeprüfung oder die Kombination Lehre mit Matura die Möglichkeit, sich alle Pfade offen zu lassen. Gerade da aber muss die Politik noch ansetzen und diese Modelle erweitern, weil die Erwerbsbiographie heute deutlich dynamischer als vor 30 Jahren ist.

 

Last but not least, Mythos Nummer 5: Die moderne Unternehmenswelt braucht AkademikerInnen und keine Lehrlinge. Natürlich weist nicht jede Lehre dieselben beruflichen Chancen auf, das gilt allerdings auch für akademische Ausbildungen. Einige Lehrberufe sind beliebt wie noch nie, etwa Anlagentechniker, Metalltechnikerin, Installations- und Gebäudetechniker oder Mechatroniker.

 

Die Widerlegung dieser fünf Mythen zeigt ganz klar, dass wir da Aufholbedarf haben. Denn es läuft für die Lehrlinge in Österreich alles andere als perfekt, und es läuft auch für das Berufsbild der Lehre alles andere als perfekt. Es gibt viele Baustellen. Wir haben immer noch viel zu wenig MigrantInnen in der Lehrlingsausbildung. (StR Dominik Nepp, MA: Die sind alle im akademischen Bereich!) Wir haben noch immer völlig unnötige Regulierungen in der Lehrlingsausbildung, Stichwort Schnitzelverordnung, Stichwort, dass eine Tischlerei keine Lehrlinge ausbilden kann, die in Zeiten wie diesen keinen Hobel mehr verwenden. Es ist auch weiterhin die internationale Erfahrung der Ausbildner viel zu gering, es gibt zu wenig Angebote für Lehre mit Matura, und so weiter.

 

Österreich und Wien täten also gut daran, die Lehre so attraktiv wie möglich zu gestalten und auf die Gleichstellung von Hand-, Herz- und Hirnberufen hinzuarbeiten. In Wien haben wir schon einige Maßnahmen geschaffen, einige Förderungen - das geht sich jetzt leider Gottes zeitlich nicht mehr aus -, wir haben da sehr, sehr viel getan, vor allem die Betriebe dazu zu bekommen, Lehrlinge auszubilden. Wir fördern das 1. Lehrjahr bei allen Betrieben, die neu Lehrlinge anstellen, und im Tourismus und der Freizeitwirtschaft fördern wir jeden Lehrling über das gesamte 1. Lehrjahr. Es gibt den Chancen-Scheck über 5.000 EUR zum Nachholen der Lehrlingsabschlussprüfung, und wir fördern mit 3.000 EUR die Ausbildungskosten, um Nachhilfe für die Lehrlingsabschlussprüfung zu bekommen. Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Als Nächste zu Wort gemeldet ist GRin Mag. Huemer.

 

11.11.36

GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich bin eine heillose Optimistin und habe mir bei dem Titel der Aktuellen Stunde heute doch etwas erwartet, nämlich wie die Personalnot in der Stadt Wien beseitigt

 

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