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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.02.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 64

 

Drittens ist die Schaffung von Probe- und Aufführungsräumen, um künstlerisches Arbeiten ohne Prekarisierung zu ermöglichen. Es gibt jetzt gerade zwei Angebote, das ist aber für den Gesamtbedarf der freien KünstlerInnen in Wien nicht ausreichend. Wir fordern eine Adaptierung der Förderrichtlinien und auch vor allem der Zielvereinbarungen entlang der Fair-Pay-Standards, die die IGs ausgearbeitet haben, denn solange die Förderungen nicht hoch genug sind, dass man die Fair-Pay-Standards einhalten kann, wird es auch nicht möglich sein, dass die KünstlerInnen fair bezahlt sind. Das heißt, wir als PolitikerInnen sind hier in der Verantwortung, vielmehr die Stadtregierung ist in der Verantwortung, denn wir in der Opposition können das nur unterstützen. Vielleicht unterstützen Sie das mit uns. Herzlichen Dank.

 

Jetzt kommt aber die eigentliche Rede zum Wiener Kulturservice, das, wie Sie alle wissen, ein bisschen ein geheimnisvoller Verein ist, der alle Wiener Groß-Events vom Donauinselfest über den Gürtel Nightwalk, Maifest, Kulturmeile am Donaukanal, et cetera abwickelt und auch ein paar regionale Feste und auch Kirtage mitnimmt. Das hat mein Kollege vorhin schon gesagt. Insgesamt macht es aber keinen besonders schlanken Fuß. Schauen Sie einmal auf die Website des Kulturservice, dann werden Sie wissen, was ich damit meine.

 

Von der Vorgeschichte haben wir schon geredet. Es gibt einen vernichtenden kritischen Bericht des Bundesrechnungshofes, und auch der Stadtrechnungshof hat Missstände beim Kulturservice kritisch öffentlich gemacht. Unter anderem ist im Herbst 22 festgestellt worden, dass manche Empfehlungen zwar umgesetzt worden sind, dass es aber in dem Verein immer noch keine oder nicht ausreichend Belege gibt, dass sie zumindest nicht auffindbar sind. Vielleicht gibt es die ja, aber wir haben sie noch nicht gesehen, oder der Stadtrechnungshof hat sie noch nicht gesehen. Klubobmann David Ellensohn und ich haben uns im Herbst auch schon dazu geäußert. Ich möchte es nur als ein Beispiel anführen, warum es für diesen Kulturservice kritische Stimmen geben kann, weil auch der Stadtrechnungshof kritisiert hat, dass es eben keine Dokumentation der Rechnungsprüfung gibt, dass Geschäftsvereinbarungen mit Kooperationspartnern nirgends schriftlich festgehalten wurden und dass auch keine Vergleichsangebote eingeholt worden sind beziehungsweise man wegen Ehrenamtlichkeit auf manche Kooperationspartner zurückgegriffen hat, ohne es auszuschreiben.

 

Es ist zum Beispiel auch passiert, dass die Buchhaltung eines Mitveranstalters des Donauinselfests ausgelagert werden sollte. Der Kassier holte zwei Angebote ein und zufällig arbeitet er genau in einer dieser zwei Buchhaltungsfirmen, die dann auch beauftragt worden sind. Das ist schon ein eigentümlicher Zufall. Zusätzlich ist der Kassier der Firma, die den Zuschlag bekommen hat, auch noch Mitglied einer am Donauinselfest auftretenden Gruppe. Na gut, im Nachhinein stellt sich auch noch heraus, dass die andere Firma, die auch versucht hat, diesen Zuschlag zu bekommen, günstiger gewesen wäre. Ein Schelm, wer da denkt, dass da etwas Böses im Spiel ist. (GRin Waltraud Karner-Kremser, MAS: Genau! Ein Schelm!) - Genau, ein Schelm, ich bin eh kein Schelm, ich stelle es hier nur zur Debatte.

 

Im Sommer 22 kam dann eine weitere anonyme Anzeige bei der Oberstaatsanwaltschaft hinzu, und die darin enthaltene Sachverhaltsdarstellung geht über die Kritik der Rechnungshöfe hinaus. Es besteht die substanziierte Verdachtslage, dass seit vielen Jahren und auch heuer wieder gegen Förderrichtlinien verstoßen worden sei und außerdem sei es generell nicht zweckmäßig, dass die Stadt Wien ein Event der SPÖ subventioniere und damit das Image der Partei fördere. Das ist nach der anonymen Anzeige aus der Oberstaatsanwaltschaft zitiert, das sind nicht meine Worte.

 

All diese Anschuldigungen gibt es in Kombination mit einer äußerst kargen Darstellung des Wiener Kulturservice auf der eigenen Website. Schauen Sie es sich an! Es gibt dort nichts. Es gibt den Namen und die ZVR-Nummer und einen Link zum Donauinselfest. Nirgends auf dieser Website sieht man, was die MA 7 über die Förderungen des Wiener Kulturservice indirekt finanziell noch unterstützt: Maifest, Gürtel Nightwalk, Donaukanaltreiben, Pop-up-Zelt für Kreative, Bezirks- und Grätzlfeste werden auf dieser Website nicht genannt.

 

Wer genau im Vorstand des Wiener Kulturservice tätig ist, kann auf der Website auch nicht nachgelesen werden. Das wäre eigentlich heutzutage Standard, dass man zumindest das weiß. Im Vereinsregisterauszug steht das dann schon drinnen, und auch hier sind wie bei der Basis.Kultur.Wien vor allem ehemalige SPÖ-PolitikerInnen im Vorstand: Kurt Wimmer, Ex-Bezirksvorsteher von Margareten, Elisabeth Hakel, ehemalige Nationalratsabgeordnete, Susanne Schicker, Ex-Stadtschulratspräsidentin in Wien und andere der SPÖ nahe UnternehmerInnen oder KünstlerInnen. Als Kassierin und damit wohl Hauptverantwortliche für die Abwicklung von immerhin 2,6 Millionen Förderung wird Ella Flavin ausgewiesen, die online nur als Sängerin und Englischlehrerin ohne sichtbaren Bezug zur Buchhaltung aufscheint. Vielleicht kann sie es im Hintergrund, ich weiß es nicht, aber es scheint jedenfalls ein wenig eigentümlich. Es wird auf der Website des Wiener Kulturservice nach wie vor nicht ausgewiesen, was das Ziel des Vereins ist oder wer in diesem Verein aktiv ist, man findet nicht einmal mehr als einen Link, und zwar den Link zum Donauinselfest. Auf der Website des Donauinselfestes erscheinen dann die Kooperationspartner, eben Veranstalter SPÖ-Wien, Pro Event und Team für Wien GmbH.

 

Insgesamt ist die Konstruktion extrem intransparent, und das werden die NEOS vielleicht auch finden.

 

Es bleibt unklar, warum all die oben genannten Veranstaltungen nicht direkt über die MA 7 um Projektförderungen ansuchen, so wie alle anderen auch. Dann würden nämlich die tatsächlichen Fördersummen auch im Kulturbericht öffentlich aufscheinen, und das wäre dann eine Form von transparenter Kulturpolitik. Was wir dagegen sehen, entspricht nicht dem eigenen Anspruch der Stadtregierung nach Transparenz und auch nicht als Basis für eine demokratische Vergabe von Fördermitteln.

 

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