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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 25.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 104 von 106

 

sind nämlich auch die Baukosten nicht erst durch Corona angestiegen. Nein, schon 2016 war geplant, das Volkstheater zu sanieren. Schon damals sind die Baukosten so angestiegen, dass es einmal ein Jahr nicht saniert wurde, weil es nicht mehr leistbar war und weil die Kostenvoranschläge nicht mehr dem entsprochen haben. Seitdem sind sie kontinuierlich immer weiter angestiegen. Das alles ist ein Drama. Das haben wir lange besprochen. Deshalb werden wir dem Sanierungszuschuss an sich auch zustimmen, weil es eine alte Geschichte ist.

 

Dennoch gibt es ein Problem dabei. Das Problem dabei ist, dass man eine riesige Sanierung um damals 24 Millionen EUR und mittlerweile 30 Millionen EUR geplant hat, ohne sich zu überlegen, welche Rolle dieses Theater in dieser Stadt spielen soll.

 

Genau darum muss es eigentlich gehen, wenn wir das hier diskutieren. Was ist die Rolle des Volkstheaters 2023? Was ist die Rolle des Volkstheaters heute? Irgendetwas funktioniert so nicht. Das hat der Stadtrechnungshof schon mehrmals festgestellt, und das ist es, was auch ich hier an dieser Stelle noch einmal sagen möchte. Es ist wichtig, darüber zu reden: Was soll im Volkstheater passieren? Es ist wichtig, darüber zu reden: Welches Publikum soll das Volkstheater anziehen? Ist es tatsächlich so, dass es ideal ist, wenn sich vor allen Dingen das deutsche Feuilleton bei uns über das Volkstheater freut und zu wenig lokales Publikum kommt? Das ist ein Missverhältnis, das stimmt.

 

Gleichzeitig kann man nicht sagen, dass das Volkstheater keinen Erfolg hat. Das wäre ein bisschen vermessen. Dazu gab es zu viele Ehrungen in letzter Zeit. Auch der Nestroy-Preis wurde eingeheimst, und es gibt auch wirklich beeindruckende Stücke, das möchte ich an dieser Stelle auch sagen. Sowohl „Rimini-Protokoll“ als auch „Humanistää“ als auch der Nestroy-Preisträger sind tolle Aushängeschilder. Das ist aber nur ein Teil.

 

Der zweite Teil ist leider - das sehen wir auch -, dass zum Beispiel der große Saal im Volkstheater nur an drei Tagen der Woche bespielt wird. Das ist schon ein Nachteil, über den wir reden müssen. Wie kann es sein, dass wir einen Saal mit 900 Sitzplätzen haben, der 3, 4 Tage die Woche leersteht, und dafür werden nur die kleinen Nebenbühnen, also die Rote Bar oder die Dunkelkammer, bespielt? Das ist ungünstig, weil da nur 100 und nicht 900 Leute hinkommen. Was heißt das jetzt für die Stadt? Heißt das, wir brauchen es nicht? Oder heißt das nur, wir brauchen ein anderes Programm? Oder heißt das, dass große Häuser für 900 Personen sowieso nicht mehr voll gemacht werden können? Denn schließlich wissen wir: Das Publikumsproblem gibt es nicht nur im Volkstheater, das Publikumsproblem gibt es auch in der Burg. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Jetzt muss ich sagen: Wir machen zwar diesen Antrag gemeinsam mit der ÖVP, weil ich finde, dass Diskurs notwendig ist. Ich möchte mich aber trotzdem davon distanzieren, das Volkstheater als Dschungelcamp zu bezeichnen. Nicht alle Produktionen, die ich im Volkstheater gesehen habe, haben mich überzeugt, ganz und gar nicht. Trotzdem ist es so, dass Dostojewski und auch Jelinek nicht - was haben Sie gesagt - Ekel-Show-Stücke sind. Das halte ich für unpassend. Ich glaube schon, dass Theater immer wieder auch Gesellschaft reflektiert, manchmal auch brutal reflektiert. Ich glaube nicht, dass wir mit einem Theater leben wollen, das nur die schönen Menschen und die Harmonie zeigt, denn das wäre urlangweilig anzusehen. Wir brauchen die Herausforderung, wir brauchen auch den Diskurs, und das muss mir nicht immer gefallen. Das ist so. Es gibt aber ein strukturelles Problem, und das gibt es nicht erst jetzt im Volkstheater. Der Stadtrechnungshof hat das schon 2019 angekündigt.

 

Warum gibt es kein Sanierungskonzept für das Volkstheater? Bis heute gibt es das noch immer nicht. Es werden jährlich 9 Millionen EUR hineingeschoben, und trotzdem gibt es kein Konzept, wie man strukturelle Probleme verändern kann! Es gibt strukturelle Probleme. Es gibt Probleme, wenn zu viele Produktionen eingekauft werden, weil dann viele Tantiemen gezahlt werden müssen und das eigene Ensemble nicht genug verwendet wird. Es gibt Probleme, wenn man ständig steigende Personalkosten hat und die Struktur des Alltags es nicht erlaubt, Personal zu sparen. Das sind Dinge, über die wir reden müssen. Das hat noch nicht unbedingt etwas mit der Intendanz zu tun.

 

Es ist schon ein Problem - das sage ich auch -, wenn der Eigendeckungsgrad bei 3,4 Prozent liegt. Das ist ein Problem. Wir müssen darüber reden, was das heißt. Es heißt vielleicht ... Man muss einfach darüber reden. Was könnte man machen, damit das besser ist? Was könnte man machen, damit wir dieses große Haus für die Bevölkerung hier attraktiv machen? Wie kann man es für neue Publika öffnen?

 

Das eine ist: Gewisse Teile des Publikums in Wien lieben das Volkstheater und kommen auch hin, aber es sind noch zu wenige. Die Frage ist: Wie können wir es breiter machen? Wir können wir das Volkstheater auch als Ort der Gewerkschaft wieder für dieses Publikum öffnen? Das hat sich im Moment ein bisschen vertschüsst. Die sind nicht da. Es gibt auch zu wenige Schulen, die kommen, weil sie von manchen Veranstaltungen wahrscheinlich zum Teil überfordert sind. Gleichzeitig funktioniert „Faust“ ganz gut, das habe ich selber getestet. Das mögen die jungen Menschen auch.

 

Es gibt also verschiedene Ebenen, über die wir reden müssen. Wichtig wäre es, nur zu reden und nicht einfach nur zu behaupten, alles ist super, weil das nicht so ist.

 

Wir haben also das Problem Überstunden, wir haben das Problem Tantiemen und wir haben das Problem Honorare. Wir würden gerne ... Die ganze Geschichte des Volkstheaters erspare ich Ihnen jetzt.

 

Wie soll ich sagen? Die Intendanten des Volkstheaters waren lange provokant. Es war auch Emmy Werner provokant und hat dort feministisches Programm gemacht. Es war Michael Schottenberg provokant und hat einen roten Stern aufs Volkstheater gehängt.

 

Trotzdem ist es in der Struktur so, dass das Volkstheater ursprünglich mit 1.900 Plätzen geplant und auch gebaut war und über die Jahre kontinuierlich immer weniger Plätze hatte. Vor dem Krieg waren es 1.400, nach dem Krieg - dem Zweiten Weltkrieg - 1.500 und dann in den

 

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