Gemeinderat, 28. Sitzung vom 23.09.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 19
unzufrieden, aber so eingeschüchtert, so etwas habe ich überhaupt noch nie erlebt, dass sie sich kaum trauen, über die Zustände zu sprechen. Die muss man geheim irgendwo treffen und da, um Gottes Willen, es darf mich niemand sehen. Unglaublich! Dass es in der heutigen Zeit so etwas noch gibt, ist eigentlich für mich unverständlich. (Beifall bei der ÖVP. - GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Das ist ein Wahnsinn!) Einige haben sich dann doch an uns gewandt und berichten von furchtbaren Zuständen. So berichtet eine Pflegerin aus Hietzing, dass die Arbeitssituation so hart ist, dass man in 10-Stunden-Schichten überhaupt keine Pause machen kann, und es schon schwierig ist, einen Schluck Wasser zu trinken. Es ist unvorstellbar. Wenn ich daran denke, dass, wenn man heute Personal sucht, man sehr oft hört, 20 Stunden, 25 Stunden, mehr möchte ich nicht arbeiten. Das ist die Situation, die man heute tagtäglich im Wirtschaftsleben hört, und dann wird da von einer 10-Stunden-Schicht gesprochen, in der man keine Pause machen kann. Meine Damen und Herren, ich hoffe, wenn Sie so etwas hören, dann denken Sie so wie ich, ich meine, da muss eine rasche Änderung her. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)
Im verwandten Bereich der Krankentransporte hören wir Berichte: auch ein Chaos. Nicht nur Berichte, ich muss sagen, da bekomme ich auch per Mail sehr oft Mitteilungen, auch von Angehörigen, dass es stundelange Wartezeiten bei der Abholung von den Ambulanzen gibt. Also man muss sich vorstellen, das sind ja meistens Drehtürpatienten, also alte Menschen, die sehr oft ins Krankenhaus müssen, sehr oft in die Ambulanzen müssen, teilweise oft ein bisschen dement sind, die dann stundenlang dort sitzen müssen, bis sie abgeholt werden, die dazwischen nichts zu essen bekommen, die auch keine Getränke kriegen, weil sie selber dazu nicht in der Lage sind, und das einfach gar nicht beachtet wird. Da berichtet ein Sanitäter, dass es mehrmals vorkommt, dass eben Patienten stundenlang warten müssen. Meine Damen und Herren, in einer Weltstadt Wien, in einer Stadt, in der wir ja alle gerne leben, wenn man so etwas hört, dann ist das schon mehr als dramatisch.
Und dann gibt es, wie schon gesagt, diese zahlreichen Gefährdungsanzeigen, wobei ich da schon ein bisschen mit dem Stadtrat bin. Gefährdungsanzeigen, das hört sich ganz tragisch an (StR Dominik Nepp, MA: Ein Skandal!), in Wahrheit ist es eher, wie Sie es auch gesagt haben, Frau Kollegin, ein Hilfeschrei des Personals. Natürlich muss man dem nachgehen. Das erste Mal, als ich das gehört habe - Gefährdungsanzeigen -, habe ich gedacht: Um Gottes Willen, was ist denn da jetzt passiert? Natürlich aber muss man dem nachgehen. Es ist einfach nicht einzusehen und unglaublich, dass zum Beispiel in einem Krankenhaus der Direktor dort diese Gefährdungsanzeigen schubladisiert hat, ich glaube, drei oder vier Stück, und zur Tagesordnung übergegangen ist. Allein, dass so etwas passieren kann - aber das sind alles im Großen gesehen Organisationsversagen. Allerdings hat StR Hacker gleich darauf reagiert, und der Mitarbeiter ist, so viel ich weiß, nicht mehr dort.
Auch fast nicht zu glauben: Ein Mitarbeiter aus dem Krankenhaus Nord oder jetzt Krankenhaus Floridsdorf sagt, dass die dortigen Zustände seit der Eröffnung im Jahr 2019 katastrophal sind. Ein neues Krankenhaus, wenn man es von außen sieht, schaut es toll aus, aber die Zustände, meint er, seien katastrophal, sowohl für die Pflege- als auch für die Ärzteschaft. Der Mitarbeiter sagte uns auch, dass man eben die Gefährdungsanzeigen durchlesen soll. Hier ist die Rede - das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen -, dass teils von den Instrumenten aus der Zentralsterilisation getrocknetes Blut runterbröckelt. Weiters ist die Rede von mangelhaften Prozessen beim Herzalarm. Na ja, Herzalarm, mangelhafte Prozesse. Als Pausenraum dient notdürftig ein Geräteraum. Hier handelt es sich also auch um einen erschreckenden Bericht aus der Praxis. Das ist die Praxis, eine Praxis, die nur einen Schluss zulässt: Es handelt sich um katastrophales Organisationsversagen der Stadtregierung, das Auswirkungen auf das Personal hat, aber natürlich auf die Patientinnen und Patienten, und das ist, bitte, mehr als ernst zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ja, das Gesundheitssystem ist komplex, ist vielschichtig, aber der Herr Stadtrat ist für die Gesundheit der Wienerinnen und Wiener verantwortlich, allein durch seine Positionen, durch seine Rolle. Diese Probleme bestehen eben nicht seit heute, sie wurden durch Covid etwas zurückgedrängt. Schauen wir aber in die Zukunft. Das eine ist die Vergangenheit, da sehen wir die Probleme. Was kann man tun, um das in der Zukunft besser zu machen? Ich habe schon die lang angekündigten 21 Seiten Rahmenbauprogramm. Das schaut schön aus mit 8 Milliarden, aber mehr kann man daraus noch nicht entnehmen. Wir warten jetzt aber ab, dass laufend Information kommt.
Wenn wir schon von Versäumnissen sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen, soll man auch von verpassten Chancen reden. Die Pandemie hat uns in den letzten Jahren vieles vor Augen geführt. Ich muss sagen, ich weiß nicht, ob Sie auch damit konfrontiert wurden, aber in meinem Bereich bei den Senioren habe ich gesehen, dass die Digitalisierung einen unglaublichen Sprung nach vorne gemacht hat, weil auch die Seniorinnen und Senioren, die vorher sehr oft gesagt haben, nein, das brauche ich nicht, ein Handy genügt mir, ich brauche kein Smartphone, durch diese Situation, wo sie plötzlich allein waren, nicht die Kontakte zu den Familien hatten, plötzlich draufgekommen sind, ich muss mich da eigentlich ein bisschen mehr anstrengen, ich muss Fotos machen, die ich verschicken kann, und so weiter. Da haben wir also - es gibt nichts im Leben, was nicht auch gewisse Vorteile bringt - durchaus einen Sprung nach vorne gemacht.
Das hat gezeigt, dass sich auch im Bereich des Gesundheitswesens natürlich enorme Chancen anbieten. Gerade die Digitalisierung im Gesundheitsbereich bietet ja unglaubliche Chancen. Wir wissen aus den skandinavischen Ländern, was dort schon alles digital gemacht wird. Wir haben eine Anfrage an den Herren Stadtrat gestellt: Na ja, was heißt das, was heißt das in Wien?
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