Gemeinderat, 21. Sitzung vom 30.03.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 41 von 94
In der Ukraine gibt es mehr Freiwillige, welche für ihr Heim und ihr Land kämpfen wollen, als Waffen zur Verfügung stehen - nicht, weil die Männer und Frauen gezwungen werden, in den Krieg zu ziehen, sondern weil sie freiwillig bereit sind, ihr Leben für die Freiheit ihrer Familien und letztlich für unsere Freiheit einzusetzen. Für jene, welche hier die Angst schüren, dass Tausende nach Österreich kommen, möchte ich kurz anmerken: Ich habe mit vielen ukrainischen Familien gesprochen. Keine einzige hat mir mitgeteilt, sie wollen in Österreich bleiben - niemand davon! -, auch nicht in Polen, in Deutschland, wo auch immer. Sie alle wollen wieder zurück, denn sie wollen sich ihr Leben dort wiederaufbauen. Ein ukrainischer Arzt hat gesagt, es gibt nur zwei Alternativen: Entweder wir gewinnen oder Putin verliert. - Das ist die Art und Weise, wie diese Menschen denken und aufgestellt sind. Diese Menschen, unsere Nachbarn, wollen ihr Land zurück, sie wollen ihr Leben zurück, und dafür sind sie bereit, sogar ihr Leben zu opfern.
Österreich und Wien haben dabei Hervorragendes geleistet: Es wurde eine Registrierung eingerichtet. Das war am Anfang ein bisschen holprig, aber es ist gelungen, gemeinsam mit den Ländern, hier etwas zu schaffen. In Deutschland, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das bis heute nicht möglich. Dort wird darüber diskutiert: Wie schafft man es, Flüchtlinge zu registrieren? - Das Innenministerium, gemeinsam mit den Ländern, hat das geschafft. Die Zivilgesellschaft hat Wohnungen, Hilfsgüter und Unterstützung ermöglicht. Während andere Länder diskutieren, hat Österreich die Versorgung unserer Nachbarn in Not sichergestellt und ermöglicht. Millionen wurden von der Zivilgesellschaft gesammelt, wesentliche Hilfsgüter von der Bundesregierung und den Ländern zur Verfügung gestellt.
Deshalb ist diese Resolution wichtig: Weil wir ein kleines, aber wohlhabendes Land sind und viel für unsere Nachbarn tun können. Wir können ihnen nicht militärisch helfen, aber wir können für einen sicheren Aufenthalt ihrer Familien sorgen, wir können klarstellen, dass wieder zu diplomatischen Lösungen zurückgekehrt werden muss, und Wien als Verhandlungsort anbieten. Wir können klarstellen, dass wir Österreicherinnen und Österreicher und Wienerinnen und Wiener auf Seiten des Völkerrechts, der Menschenrechte und der UNO-Satzung stehen. Wir können klarstellen, dass wir die Anstrengungen der Bundesregierung und der Stadt Wien unterstützen, humanitäre Hilfe und Solidarität für die ukrainische Bevölkerung zu leisten. Und wir können klarstellen, dass unsere Nachbarn immer mit uns rechnen können, wenn es um Hilfe vor Not und Verfolgung geht, so wie wir auch mit ihnen rechnen können, falls es einmal wieder Österreich treffen sollte, und das sollten wir immer mitbedenken. Denn wer die Freiheit für die Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren.
Deshalb unterstützt die Österreichische Volkspartei diese Resolution und alle Bemühungen, den Krieg zu beenden, damit wir in Wien und in Österreich wieder in Freiheit und Sicherheit leben können. - Ein herzliches Dankeschön.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Herr Gemeinderat, darf ich Sie noch bitten zu desinfizieren. Danke vielmals. - Als nächste Rednerin zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Wieninger. Sie sind am Wort.
GRin Mag. Mag. Pia Maria Wieninger (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren via Livestream!
Es herrscht Krieg in Europa, und auch ich bin wie meine VorrednerInnen immer noch schockiert, wenn ich tagtäglich die Medienberichte sehe oder wenn ich die individuellen Geschichten von Menschen, die aus der Ukraine zu uns flüchten, höre, wie sie auch von KollegInnen heute hier schon geschildert wurden. Es ist für mich unbegreiflich, und ich habe es auch bis zum 24. Februar nicht glauben können oder nicht glauben wollen, dass Präsident Putin wirklich die Ukraine angreift. Dass ein paar Autostunden von uns entfernt Panzer rollen und Bomben fallen, dass das in einem Europa im 21. Jahrhundert möglich ist, ist schier unglaublich, und ich kann mich meinen VorrednerInnen nur anschließen, dass dieser Angriffskrieg von Präsident Putin aufs Schärfste zu verurteilen ist und dass wir alles daransetzen müssen, zu einer friedlichen Lösung zu kommen, um diesen Krieg zu beenden.
Wir haben jetzt schon sehr viel gehört, die Debatte ist schon sehr lang, aber weil es mir wichtig ist, möchte ich hier doch noch einmal kurz erwähnen, was es für die Menschen aus der Ukraine bedeutet, die zu uns kommen, und was wir als Stadt auch schon für diese Menschen geleistet haben und auch weiterhin leisten müssen. Denn dieser Krieg ist allem voran eine humanitäre Katastrophe für alle Menschen, deren Familien zerrissen werden, deren Häuser zerbombt werden oder die verletzt oder im schlimmsten Fall sogar getötet werden. Die wirtschaftlichen Auswirkungen kommen auch in anderen Staaten innerhalb, aber auch außerhalb Europas zum Tragen, und auch wir können es ja schon bei uns sehen, dass Energiekosten, Heizkosten, Benzinkosten steigen und in der Folge auch die Preise für andere Güter und für Lebensmittel. Die UN warnen seit Wochen vor Versorgungsproblemen in Ländern wie beispielsweise Ägypten oder dem Jemen, die auf die fehlenden Exporte von Getreide aus der Ukraine, aber auch aus Russland angewiesen sind. Laut UNHCR sind bisher mehr als 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben worden, über 3,7 Millionen Menschen mussten aus dem Land fliehen. Die Zahlen steigen täglich an. Schätzungsweise 13 Millionen Menschen sitzen in den betroffenen Gebieten fest oder sind nicht in der Lage, das Land zu verlassen, weil Straßen oder Brücken zerstört wurden und es auch oft an Informationen mangelt, wo es Sicherheit und Unterkunft gibt.
Was aber heißt das jetzt für uns? - Aus früheren Fluchtbewegungen weiß man, dass vor allem in frühen Phasen von kriegerischen Auseinandersetzungen die Menschen vorerst in angrenzende Staaten beziehungsweise, wenn möglich, auch in andere Landesteile flüchten, weil sie auf baldige Rückkehr in ihre Heimat hoffen.
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